Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.deutschen Bundes müssen zunächst einzeln wieder frei werden von aller Be¬ Die Kritik der Motive dieser Abstimmung, welche die rostocker Resolution deutschen Bundes müssen zunächst einzeln wieder frei werden von aller Be¬ Die Kritik der Motive dieser Abstimmung, welche die rostocker Resolution <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0346" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116274"/> <p xml:id="ID_1185" prev="#ID_1184"> deutschen Bundes müssen zunächst einzeln wieder frei werden von aller Be¬<lb/> schränkung und Lähmung durch ihre eigenen Volksvertretungen, mehr aber<lb/> noch in ihrer Gesammtheit gesichert werden gegen die Schwächung, die in der<lb/> doppelten Vertretung eines Staatsorganismus durch zwei von einander unab¬<lb/> hängige Organe (Regierung und Stände) unvermeidlich liege. Diese Befreiung<lb/> der Mitglieder des deutschen Bundes und des Bundes selbst von schwächenden<lb/> Einflüssen sei für diejenigen Gebiete, wo auf eine einheitliche und energische<lb/> Action Alles ankomme, zweifellos durch verfassungsmäßige Bundesbeschlüsse<lb/> erreichbar. Das ministerielle Organ, der „norddeutsche Korrespondent", be¬<lb/> gleitet dieses von ihm mitgetheilte Actenstück mit einer Warnung vor einer<lb/> Reform der Bundesverhältnisse im parlamentarischen Sinne und bezeichnet eine<lb/> derartige Reform als ein Preisgeben der bestehenden Ordnung in Deutschland.<lb/> Als nun dennoch in dem östreichischen Entwurf einer Bundesreform-Acte das<lb/> Institut einer Bundesabgeordneten-Versammlung, also die Reform „im parla¬<lb/> mentarischen Sinne", wenn auch in sehr bescheidener Ausstattung, auftrat, ließ<lb/> sich allerdings dieser Vorschlag nicht wohl noch als ein Attentat auf die Ord¬<lb/> nung bezeichnen, und insoweit mußte der Minister seinen bisherigen Stand¬<lb/> punkt aufgeben. Aber die proponirte Nationalrepräsentation sollte nun in ihrer<lb/> Wirksamkeit beschränkt und auf diesem Wege unschädlich gemacht werden, und<lb/> dazu gehörte vor Allem, daß ihr in Bezug auf Matricularumlagen nur eine<lb/> berathende Stimme eingeräumt ward. Dieses war eine der Hauptbedingungen,<lb/> von welcher der Großherzog, o> ne Zweifel dem Rathe seines Ministers folgend<lb/> und jedenfalls im vollen Einverständnis; mit demselben, seine Zustimmung zu<lb/> der Bundesreformacte abhängig machte. Da er mit diesem Aenderungsantrage<lb/> nicht durchdrang, so stimmte er schließlich gegen den ganzen Entwurf.</p><lb/> <p xml:id="ID_1186" next="#ID_1187"> Die Kritik der Motive dieser Abstimmung, welche die rostocker Resolution<lb/> indirect aussprach, indem ihr die Bundesreform-Acte dem Volke nicht zu viel,<lb/> sondern zu wenig Zugeständnisse machte, das Verlangen, welches nach der<lb/> Reichsverfassung vom 28. März 1849 trachtete, während nach Ansicht des Mi¬<lb/> nisters schon die Bundesreform-Acte ein zu großes Maß von Freiheit darbot,<lb/> vielleicht auch die Anmaßung, welche in seinen Augen schon darin liegen mochte,<lb/> daß überhaupt Unterthanen über ein Werk, welches die Fürsten in die Hand<lb/> genommen hatten, sich ein Urtheil erlaubten, scheinen den Minister zur Action<lb/> gegen den Nationalverein bestimmt zu haben. Was die Kundgebung über die<lb/> mecklenburgische Verfassungsfrage, was der gleichzeitige Beschluß in der deut¬<lb/> schen Frage im vorigen Jahre nicht vermocht hatte, das bewirkte jetzt der<lb/> von den mecklenburgischen Mitgliedern des deutschen Nationalvereins be¬<lb/> thätigte Anspruch, neben dem Fürstencvngreß und im Gegensatz zu demselben<lb/> sich an der Lösung der deutschen Frage zu betheiligen. Jetzt wurde das schon<lb/> halb vergessene Publicandum von 1869 hervorgesucht und Verwaltungsbehörden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0346]
deutschen Bundes müssen zunächst einzeln wieder frei werden von aller Be¬
schränkung und Lähmung durch ihre eigenen Volksvertretungen, mehr aber
noch in ihrer Gesammtheit gesichert werden gegen die Schwächung, die in der
doppelten Vertretung eines Staatsorganismus durch zwei von einander unab¬
hängige Organe (Regierung und Stände) unvermeidlich liege. Diese Befreiung
der Mitglieder des deutschen Bundes und des Bundes selbst von schwächenden
Einflüssen sei für diejenigen Gebiete, wo auf eine einheitliche und energische
Action Alles ankomme, zweifellos durch verfassungsmäßige Bundesbeschlüsse
erreichbar. Das ministerielle Organ, der „norddeutsche Korrespondent", be¬
gleitet dieses von ihm mitgetheilte Actenstück mit einer Warnung vor einer
Reform der Bundesverhältnisse im parlamentarischen Sinne und bezeichnet eine
derartige Reform als ein Preisgeben der bestehenden Ordnung in Deutschland.
Als nun dennoch in dem östreichischen Entwurf einer Bundesreform-Acte das
Institut einer Bundesabgeordneten-Versammlung, also die Reform „im parla¬
mentarischen Sinne", wenn auch in sehr bescheidener Ausstattung, auftrat, ließ
sich allerdings dieser Vorschlag nicht wohl noch als ein Attentat auf die Ord¬
nung bezeichnen, und insoweit mußte der Minister seinen bisherigen Stand¬
punkt aufgeben. Aber die proponirte Nationalrepräsentation sollte nun in ihrer
Wirksamkeit beschränkt und auf diesem Wege unschädlich gemacht werden, und
dazu gehörte vor Allem, daß ihr in Bezug auf Matricularumlagen nur eine
berathende Stimme eingeräumt ward. Dieses war eine der Hauptbedingungen,
von welcher der Großherzog, o> ne Zweifel dem Rathe seines Ministers folgend
und jedenfalls im vollen Einverständnis; mit demselben, seine Zustimmung zu
der Bundesreformacte abhängig machte. Da er mit diesem Aenderungsantrage
nicht durchdrang, so stimmte er schließlich gegen den ganzen Entwurf.
Die Kritik der Motive dieser Abstimmung, welche die rostocker Resolution
indirect aussprach, indem ihr die Bundesreform-Acte dem Volke nicht zu viel,
sondern zu wenig Zugeständnisse machte, das Verlangen, welches nach der
Reichsverfassung vom 28. März 1849 trachtete, während nach Ansicht des Mi¬
nisters schon die Bundesreform-Acte ein zu großes Maß von Freiheit darbot,
vielleicht auch die Anmaßung, welche in seinen Augen schon darin liegen mochte,
daß überhaupt Unterthanen über ein Werk, welches die Fürsten in die Hand
genommen hatten, sich ein Urtheil erlaubten, scheinen den Minister zur Action
gegen den Nationalverein bestimmt zu haben. Was die Kundgebung über die
mecklenburgische Verfassungsfrage, was der gleichzeitige Beschluß in der deut¬
schen Frage im vorigen Jahre nicht vermocht hatte, das bewirkte jetzt der
von den mecklenburgischen Mitgliedern des deutschen Nationalvereins be¬
thätigte Anspruch, neben dem Fürstencvngreß und im Gegensatz zu demselben
sich an der Lösung der deutschen Frage zu betheiligen. Jetzt wurde das schon
halb vergessene Publicandum von 1869 hervorgesucht und Verwaltungsbehörden
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