Wozu ein Plus von Nahrung bauen, wenn es nicht verlangt wird? Das Ge¬ treide mußte auf schlechten Wegen bis zwanzig Meilen weit gefahren werden, um Käufer zu finden; fünfzig Meilen Transport aber verteuerten den Scheffel um zwei oder drei Thaler.
In den Jahren 1660--1680 war in Jena der Durchschnittspreis für Korn ein halber Thaler; darunter der höchste 1663: 1'/" Thaler; der niedrigste 1668: V" Thaler. Schwankungen um das Doppelte erlitten die Preise oft. 1692 War er Thaler; 1693: 1^ Thaler; 1694: V-Thaler; 1760: Thaler ; 1761: 2"/" Thaler; 1762: 4 V, Thaler; 1763: 1 Thaler; 1770: 1^ Thaler; 1771: 3^/2 Thaler. Am 21. Mai 1763 kostete der Scheffel 5 Thaler; am 28. Mai 2 Thaler, er war also in dem kurzen Zeitraume von acht Tagen von 100 auf 40 gefallen. (Schulze, Nationalökonomie 1839.)
Das waren Preisschwankungen, wie sie heute selbst im Inneren Rußlands nicht mehr vorkommen können. Dazu kam, daß man noch nicht gelernt hatte, (wie heut in Rußland) Spiritus im Großen zu fabriciren. man machte dünnen Branntwein, der keinen Transport vertrug. Die Fleischpreise waren niedrig, nur in den Städten wurde Markt gehalten. Nach würtembergischen General- rescript vom' 13. Juli 1540 betrug der Preis für Rindfleisch "das beßt um sechs Heller das Pfund; zwei Pfund um neun Kreuzer fünf Heller. Item das ander zwei Pfund um neun Helle";" -- für Kalbfleisch "das beßt um sechs Heller, nachdem es guts oder nicht guts ist, nach gestalt der Sach" u. s. w. (Annal. d. Landw. 1863. 28.)
Erst allmälig trat das Bedürfniß nach Wolle auf, denn die Tuchweberei lag in Deutschland darnieder; aus den Niederlanden kamen die feineren Tücher. Flachs war fast die einzige Handelspflanze, aber nicht überall konnte sie ange¬ baut werden. -- 1660--1699 war der Preis für den Scheffel Roggen Vs Thaler gewesen; er hob sich 1700--1749 aus ^ Thaler und 1750--1799 auf 1 Thaler. 1800--1849 war'er 1-/, Thaler. (Schulze.) Gemäß diesem Mehrerlös aus Korn ist auch die Landwirthschafr vorwärts gekommen, und da zweifelsohne der Preis in den Jahren 1850--1899 höher als 2V-Thaler sein wird, so ist, zumal die Preise für Mehproducte noch rascher und höher gestiegen sind, für immer intensiverer Ackerbau nicht nur Grund, sondern auch Antrieb da.
"Die Volkswirthschaft im Ganzen wird zu den intensiverer Ackerbau- systemeu, die so viel höhere Productionskosten verursachen, erst dann übergehn, wenn sie muß. d. h. wenn sich die Bedürfnisse einer dicht gedrängten, durch Bildung und Reichthum luxuriös gewordenen Bevölkerung nicht mehr anders befriedigen lassen. (Röscher a. a. O. 85.)
Hätte man wenigstens das unglückliche Mercantilsystem nicht bis zur Spitze getrieben! Hätte man den Produkten des Ackerbaus, die am ersten einen wei¬ teren Transport vertragen und Intelligenz und Capital bezahlen, ungehemmten
Wozu ein Plus von Nahrung bauen, wenn es nicht verlangt wird? Das Ge¬ treide mußte auf schlechten Wegen bis zwanzig Meilen weit gefahren werden, um Käufer zu finden; fünfzig Meilen Transport aber verteuerten den Scheffel um zwei oder drei Thaler.
In den Jahren 1660—1680 war in Jena der Durchschnittspreis für Korn ein halber Thaler; darunter der höchste 1663: 1'/» Thaler; der niedrigste 1668: V« Thaler. Schwankungen um das Doppelte erlitten die Preise oft. 1692 War er Thaler; 1693: 1^ Thaler; 1694: V-Thaler; 1760: Thaler ; 1761: 2»/« Thaler; 1762: 4 V, Thaler; 1763: 1 Thaler; 1770: 1^ Thaler; 1771: 3^/2 Thaler. Am 21. Mai 1763 kostete der Scheffel 5 Thaler; am 28. Mai 2 Thaler, er war also in dem kurzen Zeitraume von acht Tagen von 100 auf 40 gefallen. (Schulze, Nationalökonomie 1839.)
Das waren Preisschwankungen, wie sie heute selbst im Inneren Rußlands nicht mehr vorkommen können. Dazu kam, daß man noch nicht gelernt hatte, (wie heut in Rußland) Spiritus im Großen zu fabriciren. man machte dünnen Branntwein, der keinen Transport vertrug. Die Fleischpreise waren niedrig, nur in den Städten wurde Markt gehalten. Nach würtembergischen General- rescript vom' 13. Juli 1540 betrug der Preis für Rindfleisch „das beßt um sechs Heller das Pfund; zwei Pfund um neun Kreuzer fünf Heller. Item das ander zwei Pfund um neun Helle»;" — für Kalbfleisch „das beßt um sechs Heller, nachdem es guts oder nicht guts ist, nach gestalt der Sach" u. s. w. (Annal. d. Landw. 1863. 28.)
Erst allmälig trat das Bedürfniß nach Wolle auf, denn die Tuchweberei lag in Deutschland darnieder; aus den Niederlanden kamen die feineren Tücher. Flachs war fast die einzige Handelspflanze, aber nicht überall konnte sie ange¬ baut werden. — 1660—1699 war der Preis für den Scheffel Roggen Vs Thaler gewesen; er hob sich 1700—1749 aus ^ Thaler und 1750—1799 auf 1 Thaler. 1800—1849 war'er 1-/, Thaler. (Schulze.) Gemäß diesem Mehrerlös aus Korn ist auch die Landwirthschafr vorwärts gekommen, und da zweifelsohne der Preis in den Jahren 1850—1899 höher als 2V-Thaler sein wird, so ist, zumal die Preise für Mehproducte noch rascher und höher gestiegen sind, für immer intensiverer Ackerbau nicht nur Grund, sondern auch Antrieb da.
„Die Volkswirthschaft im Ganzen wird zu den intensiverer Ackerbau- systemeu, die so viel höhere Productionskosten verursachen, erst dann übergehn, wenn sie muß. d. h. wenn sich die Bedürfnisse einer dicht gedrängten, durch Bildung und Reichthum luxuriös gewordenen Bevölkerung nicht mehr anders befriedigen lassen. (Röscher a. a. O. 85.)
Hätte man wenigstens das unglückliche Mercantilsystem nicht bis zur Spitze getrieben! Hätte man den Produkten des Ackerbaus, die am ersten einen wei¬ teren Transport vertragen und Intelligenz und Capital bezahlen, ungehemmten
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Wozu ein Plus von Nahrung bauen, wenn es nicht verlangt wird? Das Ge¬
treide mußte auf schlechten Wegen bis zwanzig Meilen weit gefahren werden,
um Käufer zu finden; fünfzig Meilen Transport aber verteuerten den Scheffel
um zwei oder drei Thaler.
In den Jahren 1660—1680 war in Jena der Durchschnittspreis für Korn
ein halber Thaler; darunter der höchste 1663: 1'/» Thaler; der niedrigste 1668:
V« Thaler. Schwankungen um das Doppelte erlitten die Preise oft. 1692
War er Thaler; 1693: 1^ Thaler; 1694: V-Thaler; 1760: Thaler ; 1761:
2»/« Thaler; 1762: 4 V, Thaler; 1763: 1 Thaler; 1770: 1^ Thaler; 1771:
3^/2 Thaler. Am 21. Mai 1763 kostete der Scheffel 5 Thaler; am 28. Mai
2 Thaler, er war also in dem kurzen Zeitraume von acht Tagen von 100 auf
40 gefallen. (Schulze, Nationalökonomie 1839.)
Das waren Preisschwankungen, wie sie heute selbst im Inneren Rußlands
nicht mehr vorkommen können. Dazu kam, daß man noch nicht gelernt hatte,
(wie heut in Rußland) Spiritus im Großen zu fabriciren. man machte dünnen
Branntwein, der keinen Transport vertrug. Die Fleischpreise waren niedrig,
nur in den Städten wurde Markt gehalten. Nach würtembergischen General-
rescript vom' 13. Juli 1540 betrug der Preis für Rindfleisch „das beßt um
sechs Heller das Pfund; zwei Pfund um neun Kreuzer fünf Heller. Item das
ander zwei Pfund um neun Helle»;" — für Kalbfleisch „das beßt um sechs
Heller, nachdem es guts oder nicht guts ist, nach gestalt der Sach" u. s. w.
(Annal. d. Landw. 1863. 28.)
Erst allmälig trat das Bedürfniß nach Wolle auf, denn die Tuchweberei
lag in Deutschland darnieder; aus den Niederlanden kamen die feineren Tücher.
Flachs war fast die einzige Handelspflanze, aber nicht überall konnte sie ange¬
baut werden. — 1660—1699 war der Preis für den Scheffel Roggen Vs Thaler
gewesen; er hob sich 1700—1749 aus ^ Thaler und 1750—1799 auf 1 Thaler.
1800—1849 war'er 1-/, Thaler. (Schulze.) Gemäß diesem Mehrerlös aus
Korn ist auch die Landwirthschafr vorwärts gekommen, und da zweifelsohne der
Preis in den Jahren 1850—1899 höher als 2V-Thaler sein wird, so ist, zumal
die Preise für Mehproducte noch rascher und höher gestiegen sind, für immer
intensiverer Ackerbau nicht nur Grund, sondern auch Antrieb da.
„Die Volkswirthschaft im Ganzen wird zu den intensiverer Ackerbau-
systemeu, die so viel höhere Productionskosten verursachen, erst dann übergehn,
wenn sie muß. d. h. wenn sich die Bedürfnisse einer dicht gedrängten, durch
Bildung und Reichthum luxuriös gewordenen Bevölkerung nicht mehr anders
befriedigen lassen. (Röscher a. a. O. 85.)
Hätte man wenigstens das unglückliche Mercantilsystem nicht bis zur Spitze
getrieben! Hätte man den Produkten des Ackerbaus, die am ersten einen wei¬
teren Transport vertragen und Intelligenz und Capital bezahlen, ungehemmten
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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/333>, abgerufen am 25.01.2025.
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