Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.Ganzen. Das Einzelne ist gut. selbst die Landschaft bis in die Blätter und Bei der Darstellung der Thierwelt in ihrer selbständigen Erscheinung gehen Bekanntlich ist in unserm Jahrhundert kein Zweig der Malerei so viel¬ Ganzen. Das Einzelne ist gut. selbst die Landschaft bis in die Blätter und Bei der Darstellung der Thierwelt in ihrer selbständigen Erscheinung gehen Bekanntlich ist in unserm Jahrhundert kein Zweig der Malerei so viel¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0318" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116246"/> <p xml:id="ID_1081" prev="#ID_1080"> Ganzen. Das Einzelne ist gut. selbst die Landschaft bis in die Blätter und<lb/> Gräser mit lebendigem Naturgefühl ausgebildet: aber das Detail ordnet sich<lb/> nickt unter. Landschaft und Figuren treten nicht in ein lebendiges Verhältniß,<lb/> die verschiedenen Gruppen führen nicht zu einander über, es mangelt die Ab-<lb/> rundung und die Licht- und Lufthülle, welche die Stimmung des Vorgangs<lb/> in der malerischen Erscheinung versinnlichte. Gelingt es. Koller, zum Gefühl<lb/> für das Ganze und zu einer solchen malerischen Anschauung durchzudringen,<lb/> so wird er zu den Besten seines Fachs zählen. — Die Heimkehr einer Heerde<lb/> am Herbstabende von Friedrich Voltz ist in der tüchtigen Art des Meisters.<lb/> Einfach in der Auffassung, schön angeordnet, sicher in der Behandlung und in<lb/> einem warmen Ton gehalten, der die friedliche Abendstimmung wohl wieder¬<lb/> gibt, läßt es das Bild auch an der Gesammtwirkung nicht fehlen; doch<lb/> mangelt hier umgekehrt hier und da die Durchbildung des Details.</p><lb/> <p xml:id="ID_1082"> Bei der Darstellung der Thierwelt in ihrer selbständigen Erscheinung gehen<lb/> die jüngeren Talente von einer Realistischen Auffassung aus, welche das Thier<lb/> in seiner individuellen Bestimmtheit nimmt, meist auch wie es zugerichtet ist<lb/> durch die Noth des Zufalls und den Dienst, zu welchem es dem Menschen<lb/> unterworfen ist; es ist dabei namentlich, im Ausdruck wie im Colorit, auf<lb/> schlagende Naturwahrheit abgesehen. In dieser Gattung, die durch C. Steffeck<lb/> (Berlin), Benno und Emil Adam (München) vertreten war, haben die<lb/> Deutschen die Franzosen, welche durch die malerische Behandlung, den all¬<lb/> gemeinen durchgehenden Ton und die umgebende Landschaft einen vollen gan¬<lb/> zen Natureindruck zu geben wissen, nicht erreicht. Ein Thierstück im vollen<lb/> Sonnenlichte von Hofner. einem Schüler Pilotys, ist in den Thieren frisch<lb/> und lebendig, hat aber das Grelle und Scharfe der nur ihre Oberfläche heraus¬<lb/> kehrenden Erscheinung, die dieser Schule eigenthümlich ist. Dagegen zeigt ein<lb/> anspruchsloses Bildchen von Karl Jutz, Federvieh, bei sorgfältiger Durch¬<lb/> führung das Täppische und Unbeholfene der Entenjungen, die noch um die<lb/> Mutter geschaart gleichsam den ersten Versuch machen, in die Welt einzutreten,<lb/> mit lebendiger und humoristischer Charakteristik.</p><lb/> <p xml:id="ID_1083" next="#ID_1084"> Bekanntlich ist in unserm Jahrhundert kein Zweig der Malerei so viel¬<lb/> fach bearbeitet worden, als die Landschaft, und unstreitig hat es gerade aus<lb/> diesem Felde die moderne Kunst zu einer selbständigen Anschauung und Ent¬<lb/> wickelung wie zu einer gewissen Vollendung gebracht. Durch alle Läufe und<lb/> Phasen, welche die Malerei seit sechzig Jahren durchgemacht hat, ist die Land¬<lb/> schaft ebenfalls gegangen, die nun fast ebensoviele Arten zählt, als es ver¬<lb/> schiedene Kunstrichtungen gibt. Auch mit dem neuesten Fortgange der Malerei<lb/> hat sie eher an Boden gewonnen als verloren. Daher treffen wir die Gegen¬<lb/> sätze, die wir in der gegenwärtigen Kunst überhaupt gefunden haben, entschieden<lb/> und vollständig ausgeprägt in der Landschaft wieder, und es begreift sich leicht,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0318]
Ganzen. Das Einzelne ist gut. selbst die Landschaft bis in die Blätter und
Gräser mit lebendigem Naturgefühl ausgebildet: aber das Detail ordnet sich
nickt unter. Landschaft und Figuren treten nicht in ein lebendiges Verhältniß,
die verschiedenen Gruppen führen nicht zu einander über, es mangelt die Ab-
rundung und die Licht- und Lufthülle, welche die Stimmung des Vorgangs
in der malerischen Erscheinung versinnlichte. Gelingt es. Koller, zum Gefühl
für das Ganze und zu einer solchen malerischen Anschauung durchzudringen,
so wird er zu den Besten seines Fachs zählen. — Die Heimkehr einer Heerde
am Herbstabende von Friedrich Voltz ist in der tüchtigen Art des Meisters.
Einfach in der Auffassung, schön angeordnet, sicher in der Behandlung und in
einem warmen Ton gehalten, der die friedliche Abendstimmung wohl wieder¬
gibt, läßt es das Bild auch an der Gesammtwirkung nicht fehlen; doch
mangelt hier umgekehrt hier und da die Durchbildung des Details.
Bei der Darstellung der Thierwelt in ihrer selbständigen Erscheinung gehen
die jüngeren Talente von einer Realistischen Auffassung aus, welche das Thier
in seiner individuellen Bestimmtheit nimmt, meist auch wie es zugerichtet ist
durch die Noth des Zufalls und den Dienst, zu welchem es dem Menschen
unterworfen ist; es ist dabei namentlich, im Ausdruck wie im Colorit, auf
schlagende Naturwahrheit abgesehen. In dieser Gattung, die durch C. Steffeck
(Berlin), Benno und Emil Adam (München) vertreten war, haben die
Deutschen die Franzosen, welche durch die malerische Behandlung, den all¬
gemeinen durchgehenden Ton und die umgebende Landschaft einen vollen gan¬
zen Natureindruck zu geben wissen, nicht erreicht. Ein Thierstück im vollen
Sonnenlichte von Hofner. einem Schüler Pilotys, ist in den Thieren frisch
und lebendig, hat aber das Grelle und Scharfe der nur ihre Oberfläche heraus¬
kehrenden Erscheinung, die dieser Schule eigenthümlich ist. Dagegen zeigt ein
anspruchsloses Bildchen von Karl Jutz, Federvieh, bei sorgfältiger Durch¬
führung das Täppische und Unbeholfene der Entenjungen, die noch um die
Mutter geschaart gleichsam den ersten Versuch machen, in die Welt einzutreten,
mit lebendiger und humoristischer Charakteristik.
Bekanntlich ist in unserm Jahrhundert kein Zweig der Malerei so viel¬
fach bearbeitet worden, als die Landschaft, und unstreitig hat es gerade aus
diesem Felde die moderne Kunst zu einer selbständigen Anschauung und Ent¬
wickelung wie zu einer gewissen Vollendung gebracht. Durch alle Läufe und
Phasen, welche die Malerei seit sechzig Jahren durchgemacht hat, ist die Land¬
schaft ebenfalls gegangen, die nun fast ebensoviele Arten zählt, als es ver¬
schiedene Kunstrichtungen gibt. Auch mit dem neuesten Fortgange der Malerei
hat sie eher an Boden gewonnen als verloren. Daher treffen wir die Gegen¬
sätze, die wir in der gegenwärtigen Kunst überhaupt gefunden haben, entschieden
und vollständig ausgeprägt in der Landschaft wieder, und es begreift sich leicht,
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