Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.römische Negierung vertrieb die Geisterbanner, wie alle Wahrsager, besonders Außer den Geistern der Verstorbenen gab es aber auch noch so manche römische Negierung vertrieb die Geisterbanner, wie alle Wahrsager, besonders Außer den Geistern der Verstorbenen gab es aber auch noch so manche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0276" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116204"/> <p xml:id="ID_951" prev="#ID_950"> römische Negierung vertrieb die Geisterbanner, wie alle Wahrsager, besonders<lb/> die Astrologen, oft aus der Stadt und schreckte auch durch Deportationen und<lb/> Hinrichtungen von dem Gewerbe ab. Am strengsten war es untersagt, nach<lb/> der Zukunft des Regentenhauses zu forschen, und am härtesten verfuhr hierin<lb/> der Kaiser Konstantins, der auch in seinen Verordnungen speciell der Nekro-<lb/> mantie gedenkt. Ein Gesetz vom Jahre 357 lautet: „Viele, die es gewagt ha¬<lb/> ben, die Elemente in Verwirrung zu bringen und kein Bedenken tragen, das<lb/> Leben Unschuldiger zu erschüttern und durch Citiren der Verstorbenen zu be¬<lb/> unruhigen, so daß jeder seine Feinde durch böse Künste verderben könnte:<lb/> diese, weil sie der Natur zuwider sind, mag das Verderben des Todes treffen."<lb/> Von jener Zeit schreibt auch Ammian: „Wenn jemand gegen das Wechselfieber<lb/> oder eine andere Krankheit ein (sympathetisches) Mittel am Halse trug oder<lb/> durch die Angaben Böswilliger beschuldigt wurde, bei Nacht durch eine Gruft<lb/> geschritten zu sein, so wurde er für einen Giftmischer und für einen Menschen<lb/> erklärt, der die Schrecknisse der Gräber und den leeren Spuk der daselbst herum¬<lb/> irrenden Seelen beobachtet, und kam. zum Tode verurtheilt, um."</p><lb/> <p xml:id="ID_952" next="#ID_953"> Außer den Geistern der Verstorbenen gab es aber auch noch so manche<lb/> andere Gespenster, Kobolde und Poltergeister, vor denen große und kleine Kin¬<lb/> der zitterten. Gewissermaßen schon mit der Muttermilch eingesogen wurde z. B.<lb/> in Griechenland der Glaube an einige Spukgestalten, die Wärterinnen und Mütter<lb/> benutzten, um die Kinder zum Gehorsam zu bringen. Die Namen solcher Po¬<lb/> panze waren Moreno, Akko, Alphito. Plutarch vergleicht bereits diese An¬<lb/> wendung des Gespensterglaubens in der Pädagogik mit dem Abschrecken vom<lb/> Bösen durch Vorhaltung der göttlichen Strafen überhaupt! Eine ähnliche Stelle<lb/> nahmen in Rom die Strigen, Manier und Lamien ein. von denen man zum<lb/> Theil glaubte, daß sie vampyrartig den Kindern das Blut aussaugten, ihnen<lb/> Kopf und Arme abrissen oder sie ganz ausfräßen. Lieblingsgestalten des grie¬<lb/> chischen Aberglaubens waren die in Verbindung mit der Heraklessage auftreten¬<lb/> den Kerkopen: kleine, häßliche Kobolde, welche, an den Kreuzwegen lauernd,<lb/> die Wandrer neckten, überfielen und beraubten. Im attischen Drama spielten<lb/> sie später die begleitenden Harlekine der Helden; serner die Empusen: weib¬<lb/> liche Wesen, die sich durch ihre ungemeine Verwandlungsfcrtigkeit auszeichnen<lb/> sollten. Als Dionysos und sein Sancho Xanthias in der Unterwelt ankommen<lb/> (in den „Fröschen" des Aristophanes), schreckt sie sogleich die Empuse, zuerst<lb/> als großes Thier, dann als Stier, Maulesel, ringendes Weib mit einem eher¬<lb/> nen und einem Eselsfuß, das Antlitz in rothem Feuer strahlend. Die Mutter<lb/> des Redners Aeschines erhielt den Spitznamen Empusa, weil sie der Hexerei<lb/> verdächtig war und des Abends Weiber und Kinder sich vor ihr fürchteten.<lb/> Nach Philostrat entlarvte der berühmte Apollonios von Tyana die Braut eines<lb/> seiner Schüler am Hochzeitstag als Empuse, woraus sie mit dem ganzen Fest-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0276]
römische Negierung vertrieb die Geisterbanner, wie alle Wahrsager, besonders
die Astrologen, oft aus der Stadt und schreckte auch durch Deportationen und
Hinrichtungen von dem Gewerbe ab. Am strengsten war es untersagt, nach
der Zukunft des Regentenhauses zu forschen, und am härtesten verfuhr hierin
der Kaiser Konstantins, der auch in seinen Verordnungen speciell der Nekro-
mantie gedenkt. Ein Gesetz vom Jahre 357 lautet: „Viele, die es gewagt ha¬
ben, die Elemente in Verwirrung zu bringen und kein Bedenken tragen, das
Leben Unschuldiger zu erschüttern und durch Citiren der Verstorbenen zu be¬
unruhigen, so daß jeder seine Feinde durch böse Künste verderben könnte:
diese, weil sie der Natur zuwider sind, mag das Verderben des Todes treffen."
Von jener Zeit schreibt auch Ammian: „Wenn jemand gegen das Wechselfieber
oder eine andere Krankheit ein (sympathetisches) Mittel am Halse trug oder
durch die Angaben Böswilliger beschuldigt wurde, bei Nacht durch eine Gruft
geschritten zu sein, so wurde er für einen Giftmischer und für einen Menschen
erklärt, der die Schrecknisse der Gräber und den leeren Spuk der daselbst herum¬
irrenden Seelen beobachtet, und kam. zum Tode verurtheilt, um."
Außer den Geistern der Verstorbenen gab es aber auch noch so manche
andere Gespenster, Kobolde und Poltergeister, vor denen große und kleine Kin¬
der zitterten. Gewissermaßen schon mit der Muttermilch eingesogen wurde z. B.
in Griechenland der Glaube an einige Spukgestalten, die Wärterinnen und Mütter
benutzten, um die Kinder zum Gehorsam zu bringen. Die Namen solcher Po¬
panze waren Moreno, Akko, Alphito. Plutarch vergleicht bereits diese An¬
wendung des Gespensterglaubens in der Pädagogik mit dem Abschrecken vom
Bösen durch Vorhaltung der göttlichen Strafen überhaupt! Eine ähnliche Stelle
nahmen in Rom die Strigen, Manier und Lamien ein. von denen man zum
Theil glaubte, daß sie vampyrartig den Kindern das Blut aussaugten, ihnen
Kopf und Arme abrissen oder sie ganz ausfräßen. Lieblingsgestalten des grie¬
chischen Aberglaubens waren die in Verbindung mit der Heraklessage auftreten¬
den Kerkopen: kleine, häßliche Kobolde, welche, an den Kreuzwegen lauernd,
die Wandrer neckten, überfielen und beraubten. Im attischen Drama spielten
sie später die begleitenden Harlekine der Helden; serner die Empusen: weib¬
liche Wesen, die sich durch ihre ungemeine Verwandlungsfcrtigkeit auszeichnen
sollten. Als Dionysos und sein Sancho Xanthias in der Unterwelt ankommen
(in den „Fröschen" des Aristophanes), schreckt sie sogleich die Empuse, zuerst
als großes Thier, dann als Stier, Maulesel, ringendes Weib mit einem eher¬
nen und einem Eselsfuß, das Antlitz in rothem Feuer strahlend. Die Mutter
des Redners Aeschines erhielt den Spitznamen Empusa, weil sie der Hexerei
verdächtig war und des Abends Weiber und Kinder sich vor ihr fürchteten.
Nach Philostrat entlarvte der berühmte Apollonios von Tyana die Braut eines
seiner Schüler am Hochzeitstag als Empuse, woraus sie mit dem ganzen Fest-
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