Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.irre machen. Das von ihr verfaßte Ladschreiben entschuldigte sich im Eingang Kaum war dieses Ladschreiben veröffentlicht, als die "Tiroler Stimmen" irre machen. Das von ihr verfaßte Ladschreiben entschuldigte sich im Eingang Kaum war dieses Ladschreiben veröffentlicht, als die „Tiroler Stimmen" <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0184" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116112"/> <p xml:id="ID_690" prev="#ID_689"> irre machen. Das von ihr verfaßte Ladschreiben entschuldigte sich im Eingang<lb/> ganz bescheiden, daß sie aller Bemühungen ohngeachtet dem Feste nicht jene<lb/> Gestaltung geben könne, die seiner hohen Bedeutung würdig sei „der bedeu¬<lb/> tungsvolle Anlaß, der Patriotismus des Landes, die Sympathie auswärtiger<lb/> Freunde geben dem Feste eine noch täglich wachsende Ausdehnung, für welche der<lb/> Landcshauptschießstand bei aller Opferwilligkeit unmöglich mehr die entsprechende<lb/> Einrahmung finden kann." In der Hoffnung, daß dem Feste der Geist,<lb/> der es beherrschen solle, der Geist der Ehre und Treue, Sinn und Weihe<lb/> geben werde, da die Tiroler dessen „geborene Träger" seien, fuhr sie also<lb/> fort: „Euch. Ihr Schützen der östreichischen Bruderländer, mit denen Tirol<lb/> von jeher Glück und Leid getheilt, und mit denen es jetzt der Gemeinsamkeit<lb/> verfassungsmäßigen Lebens genießt! Euch. Ihr Schützen des bundgenössischen<lb/> Deutschlands, dessen Grenzenhüter wir auch in Zukunft sein wollen, Euch<lb/> werden wir als unsere natürlichen Ehrengäste mit brüderlicher Herzlichkeit<lb/> willkommen heißen! Ihr wißt und fühlt es ja, daß unser tirolisches Haus¬<lb/> fest auch eine östreichische, eine deutsche Bedeutung habe." Schließlich wandte<lb/> sich die Vorstchung an das kaiserliche Heer, namentlich das 'tirolische Jäger¬<lb/> regiment, entbot ihnen Namens der „tirolischen Waffenbrüder" Einladung und<lb/> Festgruß, und endete mit einem Hoch auf den Kaiser, Tirol, Oestreich und<lb/> Deutschland. Mit diesem Ausruf war auch die Ankündigung verbunden, daß<lb/> Se. Majestät der Kaiser eine Festgabe von 1000 Stück Münzdukaten,<lb/> der Erzherzog Karl Ludwig vier silberne Pokale und die k. k. Armee einen<lb/> Ehrenschild im Werthe von 4000 si. gespendet, der Werth sämmtlicher Preise<lb/> aber jedenfalls die Summe von 1S.000 si. übersteigen' werde. Vier Haupt¬<lb/> scheiben waren in Aussicht gestellt: Oestreich, Tirol, Rudolph und Margarethe<lb/> und vor den Schützenregeln stand die Bestimmung, daß „auf die ausgesetzten<lb/> Preise alle eingeladenen Schützen Anspruch haben und eine Ausnahme hiervon<lb/> nur bei der Scheibe „Tirol" besteht, deren Festpreise lediglich von Tirolern<lb/> gewonnen werden können."</p><lb/> <p xml:id="ID_691" next="#ID_692"> Kaum war dieses Ladschreiben veröffentlicht, als die „Tiroler Stimmen"<lb/> für ihren souverainen Unwillen über den ihrem specifischen Tirolerthum zuge¬<lb/> fügten Unglimpf kaum genug Worte der Entrüstung fanden. Die „zufällige<lb/> Vereinigung Tirols mit anderen Ländern" linde, erklärten sie, für sie nicht die<lb/> geringste Bedeutung, sie „blickten nach Wien nur dann, wenn dort der Kaiser<lb/> thront." Das Fest sei für sie „ein rein persönliches, ein Haus- und Familien¬<lb/> fest", nichts könne sie daher mehr verletzen, als daß „Einheimische und Fremde<lb/> einander gleichgestellt, daß sich das Vorrecht der Tiroler nur auf „Ausnahmen"<lb/> beschränke." Daß Fremde bei einem großen Kaiser- und Tirolerschießen gleiche<lb/> Ansprüche auf Beste und Gewinnsie hätten, galt ihnen für eine Auflehnung<lb/> gegen den kaiserlichen Willen, als ein Bruch der alten Schießstandsordnung,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0184]
irre machen. Das von ihr verfaßte Ladschreiben entschuldigte sich im Eingang
ganz bescheiden, daß sie aller Bemühungen ohngeachtet dem Feste nicht jene
Gestaltung geben könne, die seiner hohen Bedeutung würdig sei „der bedeu¬
tungsvolle Anlaß, der Patriotismus des Landes, die Sympathie auswärtiger
Freunde geben dem Feste eine noch täglich wachsende Ausdehnung, für welche der
Landcshauptschießstand bei aller Opferwilligkeit unmöglich mehr die entsprechende
Einrahmung finden kann." In der Hoffnung, daß dem Feste der Geist,
der es beherrschen solle, der Geist der Ehre und Treue, Sinn und Weihe
geben werde, da die Tiroler dessen „geborene Träger" seien, fuhr sie also
fort: „Euch. Ihr Schützen der östreichischen Bruderländer, mit denen Tirol
von jeher Glück und Leid getheilt, und mit denen es jetzt der Gemeinsamkeit
verfassungsmäßigen Lebens genießt! Euch. Ihr Schützen des bundgenössischen
Deutschlands, dessen Grenzenhüter wir auch in Zukunft sein wollen, Euch
werden wir als unsere natürlichen Ehrengäste mit brüderlicher Herzlichkeit
willkommen heißen! Ihr wißt und fühlt es ja, daß unser tirolisches Haus¬
fest auch eine östreichische, eine deutsche Bedeutung habe." Schließlich wandte
sich die Vorstchung an das kaiserliche Heer, namentlich das 'tirolische Jäger¬
regiment, entbot ihnen Namens der „tirolischen Waffenbrüder" Einladung und
Festgruß, und endete mit einem Hoch auf den Kaiser, Tirol, Oestreich und
Deutschland. Mit diesem Ausruf war auch die Ankündigung verbunden, daß
Se. Majestät der Kaiser eine Festgabe von 1000 Stück Münzdukaten,
der Erzherzog Karl Ludwig vier silberne Pokale und die k. k. Armee einen
Ehrenschild im Werthe von 4000 si. gespendet, der Werth sämmtlicher Preise
aber jedenfalls die Summe von 1S.000 si. übersteigen' werde. Vier Haupt¬
scheiben waren in Aussicht gestellt: Oestreich, Tirol, Rudolph und Margarethe
und vor den Schützenregeln stand die Bestimmung, daß „auf die ausgesetzten
Preise alle eingeladenen Schützen Anspruch haben und eine Ausnahme hiervon
nur bei der Scheibe „Tirol" besteht, deren Festpreise lediglich von Tirolern
gewonnen werden können."
Kaum war dieses Ladschreiben veröffentlicht, als die „Tiroler Stimmen"
für ihren souverainen Unwillen über den ihrem specifischen Tirolerthum zuge¬
fügten Unglimpf kaum genug Worte der Entrüstung fanden. Die „zufällige
Vereinigung Tirols mit anderen Ländern" linde, erklärten sie, für sie nicht die
geringste Bedeutung, sie „blickten nach Wien nur dann, wenn dort der Kaiser
thront." Das Fest sei für sie „ein rein persönliches, ein Haus- und Familien¬
fest", nichts könne sie daher mehr verletzen, als daß „Einheimische und Fremde
einander gleichgestellt, daß sich das Vorrecht der Tiroler nur auf „Ausnahmen"
beschränke." Daß Fremde bei einem großen Kaiser- und Tirolerschießen gleiche
Ansprüche auf Beste und Gewinnsie hätten, galt ihnen für eine Auflehnung
gegen den kaiserlichen Willen, als ein Bruch der alten Schießstandsordnung,
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