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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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nen viele schon eingetroffen sind und, an ihrem Medaillenschmuck kenntlich, zum
Theil auch in Uniform, die Straßen durchwandeln. Ebenso haben sich von den
Vertretern der fcstgebenden Städte -- es sind der letzteren über zweihundert
-- die Mehrzahl bereits eingefunden. und da zu gleicher Zeit die General-
Versammlung des Nationalvereins hier tagt, so hat Leipzig in diesem Augen¬
blick die Ehre, eine beträchtliche Anzahl vielgenannter Namen, darunter ge¬
feierte wie Schulze-Delitzsch und V. Bennigsen, als Gäste in seinen Mauern zu
haben.

Am Nachmittag lebendigstes Gedränge aus den Straßen, wandelnde Grup¬
pen, die in allen deutschen Dialekten plaudern, zahlreiche Veteranen, geführt
von ihren Wirthen, bekränzte Hänser, Transparents für die Illumination und
ein Flaggenschmuck, in dem jetzt auch die schwarzweiße Fahne nicht fehlt, die
den Befreiungskampf bei der poschcruncr Mühle begann, von Blüchers Hand
emporgehoben ihn über den Rhein trug und ihn bei Waterloo beendigte -- die
Fahne Preußens, unter welcher auch der erste der leipziger Siege erfochten
wurde.

Abends geselliges Zusammensein der alten Kriegsgesellen und andrer Ehren¬
gäste mit ihren Herbergsgebern im Schützenhaus, Wiedererkennungsscenen lang
Getrennter, manche heitere, auch manche rührende Geschichte und ein rechtschaff¬
nes Potuliren, worin die alten Knaben nicht die hintersten blieben, wie sich
denn unter ihnen, von denen keiner den Siebzigern fern sein kann, überhaupt
mehr körperliche Rüstigkeit und geistige Frische findet, als man nach dem
Gang menschlicher Dinge annehmen sollte.

Trotz alledem und alledem -- mit diesem Gedanken geht man nach Hause
-- wird unser Fest einen guten Verlauf nehmen, würdig der Erinnerung, der
es gilt, befriedigend für die, welche es anregten, entsprechend den Mühen, welche
für Ausführung der Einzelnheiten erforderlich waren.


3.

- Künftig wird man in Deutschland von Leipzigs Wetter
reden, wie man in England der Königin Wetter preist. Der Tag hob an mit
einem Morgen, wie ihn der deutsche Herbst nicht schöner bieten kann. Die
Wolken, die an den vorhergehenden Tagen gedroht, schienen nunmehr von den
himmlischen Gewalten nur versammelt worden zu sein, um für den glorreichen
Himmel des Siegcsfestes als Folie zu dienen. Die verhüllt gewesene, jetzt als
siegreicher Held am Horizont über die festlich geschmückte Stadt heraufsteigende
Sonne 'strahlte wie ein Symbol der That vor fünfzig Jahren und wie eine
Verheißung künftiger Victorie. Vom Zenith bis zum Horizont ringsum reinste
heiterste Bläue, die graue Stadt mit ihrem farbigen Festschmuck vom wärmsten
Frührothsschimmer Übergossen, die Thurmspitzen vergoldet, die nach Osten ge¬
kehrten Fensterreihen von der Sonne glänzend illuminirt.


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nen viele schon eingetroffen sind und, an ihrem Medaillenschmuck kenntlich, zum
Theil auch in Uniform, die Straßen durchwandeln. Ebenso haben sich von den
Vertretern der fcstgebenden Städte — es sind der letzteren über zweihundert
— die Mehrzahl bereits eingefunden. und da zu gleicher Zeit die General-
Versammlung des Nationalvereins hier tagt, so hat Leipzig in diesem Augen¬
blick die Ehre, eine beträchtliche Anzahl vielgenannter Namen, darunter ge¬
feierte wie Schulze-Delitzsch und V. Bennigsen, als Gäste in seinen Mauern zu
haben.

Am Nachmittag lebendigstes Gedränge aus den Straßen, wandelnde Grup¬
pen, die in allen deutschen Dialekten plaudern, zahlreiche Veteranen, geführt
von ihren Wirthen, bekränzte Hänser, Transparents für die Illumination und
ein Flaggenschmuck, in dem jetzt auch die schwarzweiße Fahne nicht fehlt, die
den Befreiungskampf bei der poschcruncr Mühle begann, von Blüchers Hand
emporgehoben ihn über den Rhein trug und ihn bei Waterloo beendigte — die
Fahne Preußens, unter welcher auch der erste der leipziger Siege erfochten
wurde.

Abends geselliges Zusammensein der alten Kriegsgesellen und andrer Ehren¬
gäste mit ihren Herbergsgebern im Schützenhaus, Wiedererkennungsscenen lang
Getrennter, manche heitere, auch manche rührende Geschichte und ein rechtschaff¬
nes Potuliren, worin die alten Knaben nicht die hintersten blieben, wie sich
denn unter ihnen, von denen keiner den Siebzigern fern sein kann, überhaupt
mehr körperliche Rüstigkeit und geistige Frische findet, als man nach dem
Gang menschlicher Dinge annehmen sollte.

Trotz alledem und alledem — mit diesem Gedanken geht man nach Hause
— wird unser Fest einen guten Verlauf nehmen, würdig der Erinnerung, der
es gilt, befriedigend für die, welche es anregten, entsprechend den Mühen, welche
für Ausführung der Einzelnheiten erforderlich waren.


3.

- Künftig wird man in Deutschland von Leipzigs Wetter
reden, wie man in England der Königin Wetter preist. Der Tag hob an mit
einem Morgen, wie ihn der deutsche Herbst nicht schöner bieten kann. Die
Wolken, die an den vorhergehenden Tagen gedroht, schienen nunmehr von den
himmlischen Gewalten nur versammelt worden zu sein, um für den glorreichen
Himmel des Siegcsfestes als Folie zu dienen. Die verhüllt gewesene, jetzt als
siegreicher Held am Horizont über die festlich geschmückte Stadt heraufsteigende
Sonne 'strahlte wie ein Symbol der That vor fünfzig Jahren und wie eine
Verheißung künftiger Victorie. Vom Zenith bis zum Horizont ringsum reinste
heiterste Bläue, die graue Stadt mit ihrem farbigen Festschmuck vom wärmsten
Frührothsschimmer Übergossen, die Thurmspitzen vergoldet, die nach Osten ge¬
kehrten Fensterreihen von der Sonne glänzend illuminirt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/171>, abgerufen am 15.01.2025.