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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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zu rechnen sind. Solche Verzeichnisse erschienen zuerst in Flandern, Frankreich,
Spanien; zuletzt sorgten auch die Päpste für deren Abfassung, und Paul der
Vierte wird als der erste srmrmus censor librorum orbis torra-rum gepriesen.
1649 erschien in Rom die erste Ausgabe, sodann 1587, vermehrt 1559, und
Pius der Fünfte überwies die ganze Angelegenheit an das Concil von
Trient.

Unter den Vätern des Concils gaben sich hierüber verschiedene Stimmen
kund; so meinte Bartholomäus de Martyribus, Erzbischof von Brakara, das
sei ein Geschäft für die wissenschaftlichen Akademien in den christlichen Ländern,
aber nicht für eine Kirchenversammlung. Daniel Barbarus, Coadjutor des Pa¬
triarchen von Aquileja, erinnerte daran, daß der Index Paul des Vierten sorg¬
fältigster Ausbesserung bedürfe, da er auf dieselbe Weise das Werk jugendlicher
Freiheit wie ketzerischer Bosheit verwerfe. -- Schließlich wurde ein Ausschuß von
achtzehn Mitgliedern erwählt, dessen Thätigkeit sich aber auf den Entwurf der be¬
kannten zehn tridentinischen Regeln beschränkte, von denen die ersten neun auf das
Verfahren gegen schon gedruckte Bücher Bezug haben, während die zehnte Ver¬
ordnungen über den Druck der Bücher, über die Buchdrucker, Verleger, Manu-
scripte :c. gibt. Im Uebrigen empfahl die Commission die Annahme des-
römischen Index, und da das Concil wegen Zeitmangels deren Arbeiten nicht
weiter mehr prüfen konnte, so wurde der Beschluß gefaßt, dem römischen Stuhl
das Weitere zu überlassen.

Paul der Fünfte nun substituirte der Concilcommission im I. 1566 die
s. consröMtio inclieis librorum xrolribitorum. Sixtus der Fünfte, der die
mit der Kirchenregierung betrauten Kongregationen definitiv ordnete, gab ihr
1587 folgenden Wirkungskreis: Die bisher erschienenen Indices zu prüfen,
und die daraufstehenden Bücher nach Befund der Prüfung auch wieder zu
erlauben; die seit dem trienter Concil gegen die katholische Glaubens- und
Sittenlehre erschienenen Bücher zu verurtheilen kraft päpstlicher Auctorität;
endlich die minder irrigen Bücher zu verbessern und zu dieser Verbesserung
und Reinigung sich mit den Hochschulen der verschiedenen Länder in Verbin¬
dung zu setzen. Damals, scheint es, war man also noch nicht der An¬
sicht, man bedürfe bei diesem Geschäfte weiter nichts als blos römischer
Weisheit, um sogleich im Namen "der Kirche" zu entscheiden und zu ver¬
werfen.

Clemens der Dreizehnte erweiterte die tridentinischen Regeln durch erläu¬
ternde Zusätze. Die letzte bedeutende Modification aber erfuhr unser Institut
vom Papst Benedict dem Vierzehnten. Vor Allem ist hier seine sehr milde
Bulle LoUieitÄ so xroviäg, vom I. 1753 in Betracht zu ziehen. Nur einsich¬
tige Gelehrte sollen in der Jndexcongregation beigezogen werden zur Prüfung
der Bücher; sie sollen es nicht als ihre Aufgabe ansehen, um jeden Preis auf


zu rechnen sind. Solche Verzeichnisse erschienen zuerst in Flandern, Frankreich,
Spanien; zuletzt sorgten auch die Päpste für deren Abfassung, und Paul der
Vierte wird als der erste srmrmus censor librorum orbis torra-rum gepriesen.
1649 erschien in Rom die erste Ausgabe, sodann 1587, vermehrt 1559, und
Pius der Fünfte überwies die ganze Angelegenheit an das Concil von
Trient.

Unter den Vätern des Concils gaben sich hierüber verschiedene Stimmen
kund; so meinte Bartholomäus de Martyribus, Erzbischof von Brakara, das
sei ein Geschäft für die wissenschaftlichen Akademien in den christlichen Ländern,
aber nicht für eine Kirchenversammlung. Daniel Barbarus, Coadjutor des Pa¬
triarchen von Aquileja, erinnerte daran, daß der Index Paul des Vierten sorg¬
fältigster Ausbesserung bedürfe, da er auf dieselbe Weise das Werk jugendlicher
Freiheit wie ketzerischer Bosheit verwerfe. — Schließlich wurde ein Ausschuß von
achtzehn Mitgliedern erwählt, dessen Thätigkeit sich aber auf den Entwurf der be¬
kannten zehn tridentinischen Regeln beschränkte, von denen die ersten neun auf das
Verfahren gegen schon gedruckte Bücher Bezug haben, während die zehnte Ver¬
ordnungen über den Druck der Bücher, über die Buchdrucker, Verleger, Manu-
scripte :c. gibt. Im Uebrigen empfahl die Commission die Annahme des-
römischen Index, und da das Concil wegen Zeitmangels deren Arbeiten nicht
weiter mehr prüfen konnte, so wurde der Beschluß gefaßt, dem römischen Stuhl
das Weitere zu überlassen.

Paul der Fünfte nun substituirte der Concilcommission im I. 1566 die
s. consröMtio inclieis librorum xrolribitorum. Sixtus der Fünfte, der die
mit der Kirchenregierung betrauten Kongregationen definitiv ordnete, gab ihr
1587 folgenden Wirkungskreis: Die bisher erschienenen Indices zu prüfen,
und die daraufstehenden Bücher nach Befund der Prüfung auch wieder zu
erlauben; die seit dem trienter Concil gegen die katholische Glaubens- und
Sittenlehre erschienenen Bücher zu verurtheilen kraft päpstlicher Auctorität;
endlich die minder irrigen Bücher zu verbessern und zu dieser Verbesserung
und Reinigung sich mit den Hochschulen der verschiedenen Länder in Verbin¬
dung zu setzen. Damals, scheint es, war man also noch nicht der An¬
sicht, man bedürfe bei diesem Geschäfte weiter nichts als blos römischer
Weisheit, um sogleich im Namen „der Kirche" zu entscheiden und zu ver¬
werfen.

Clemens der Dreizehnte erweiterte die tridentinischen Regeln durch erläu¬
ternde Zusätze. Die letzte bedeutende Modification aber erfuhr unser Institut
vom Papst Benedict dem Vierzehnten. Vor Allem ist hier seine sehr milde
Bulle LoUieitÄ so xroviäg, vom I. 1753 in Betracht zu ziehen. Nur einsich¬
tige Gelehrte sollen in der Jndexcongregation beigezogen werden zur Prüfung
der Bücher; sie sollen es nicht als ihre Aufgabe ansehen, um jeden Preis auf


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/148>, abgerufen am 15.01.2025.