Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.ein gegen Preußen feindlicher Geist, der dieses Reich Friedrichs des Großen England war fortan in Gesinnung, Sympathien und allgemeiner Richtung Sehr eigenthümlich ist schließlich auch, wie die Polen dazu gekommen sind, sich ein gegen Preußen feindlicher Geist, der dieses Reich Friedrichs des Großen England war fortan in Gesinnung, Sympathien und allgemeiner Richtung Sehr eigenthümlich ist schließlich auch, wie die Polen dazu gekommen sind, sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0146" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116074"/> <p xml:id="ID_514" prev="#ID_513"> ein gegen Preußen feindlicher Geist, der dieses Reich Friedrichs des Großen<lb/> im Westen wie im Osten zum Grenzwächter Deutschlands machte und seine<lb/> Geschicke unauflösbar mit denen aller übrigen deutschen Länder verflocht. Aber<lb/> dieser Geist hat, wie wir hoffen dürfen, damals Preußen wie der gesammten<lb/> deutschen Nation zum Heil gearbeitet.</p><lb/> <p xml:id="ID_515"> England war fortan in Gesinnung, Sympathien und allgemeiner Richtung<lb/> seiner Bestrebungen weniger der Verbündete Rußlands, Preußens und selbst<lb/> Oestreichs als vielmehr Frankreichs oder richtiger der Bourbonen. Diese Dy¬<lb/> nastie zu Pflegen und zu stützen war von jetzt an der eigentliche Zweck der bri¬<lb/> tischen Festlandspolitik, so daß darüber jede andere Rücksicht in den Hinter¬<lb/> grund trat.</p><lb/> <p xml:id="ID_516"> Sehr eigenthümlich ist schließlich auch, wie die Polen dazu gekommen sind, sich<lb/> für ihre Zwecke aus die Beschlüsse des wiener Kongresses zu berufen. Der Kaiser<lb/> Alexander hatte, indem er einzelne polnische Gebietstheile aufgab, die Hoffnung<lb/> ausgesprochen, daß auch Oestreich und Preußen ihren polnischen Provinzen stän¬<lb/> dische Institutionen verleihen und die Nationalität der Polen berücksichtigen<lb/> würden. Darauf hatte dann auch Lord Castlereagh, der die gänzliche Theilung<lb/> Polens verlangte und parlamentarische Einrichtungen dort nicht dulden wollte,<lb/> für angemessen erachtet, Erklärungen der drei Mächte, Rußlands, Preußens und<lb/> Oestreichs, hervorzurufen, in denen sie die Absicht aussprachen, ihre polnischen<lb/> Unterthanen mit Schonung ihrer Nationalität als Polen zu behandeln. Andrer¬<lb/> seits hatte sich der Fürst Metternich bemüht, den Beschluß herbeizuführen, daß<lb/> man sich über die den Polen zu gebende Verfassung gemeinschaftlich verstän¬<lb/> digen wolle. Die Absicht war, die gefürchteten parlamentarischen Institutionen<lb/> in dem Herzogthum Warschau auf das Maß eines harmlosen Landtagswesens<lb/> nach östreichischen Zuschnitt zurückzuführen. Jene Erklärungen, diese Versuche,<lb/> die nicht entfernt zu Gunsten der Polen unternommen wurden und überdies<lb/> ohne irgendwelchen Erfolg blieben, sind es, worauf die polnischen Politiker sich<lb/> später berufen haben, um darzuthun, daß man ihnen in Wien versprochen habe,<lb/> sie sollten sich, obgleich unter drei verschiedene Staaten vertheilt, eines politisch<lb/> einheitlichen Nationaldaseins erfreuen. In welcher Weise etwas Derartiges ein¬<lb/> zurichten sein möchte, haben sie freilich niemals vernehmen lassen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0146]
ein gegen Preußen feindlicher Geist, der dieses Reich Friedrichs des Großen
im Westen wie im Osten zum Grenzwächter Deutschlands machte und seine
Geschicke unauflösbar mit denen aller übrigen deutschen Länder verflocht. Aber
dieser Geist hat, wie wir hoffen dürfen, damals Preußen wie der gesammten
deutschen Nation zum Heil gearbeitet.
England war fortan in Gesinnung, Sympathien und allgemeiner Richtung
seiner Bestrebungen weniger der Verbündete Rußlands, Preußens und selbst
Oestreichs als vielmehr Frankreichs oder richtiger der Bourbonen. Diese Dy¬
nastie zu Pflegen und zu stützen war von jetzt an der eigentliche Zweck der bri¬
tischen Festlandspolitik, so daß darüber jede andere Rücksicht in den Hinter¬
grund trat.
Sehr eigenthümlich ist schließlich auch, wie die Polen dazu gekommen sind, sich
für ihre Zwecke aus die Beschlüsse des wiener Kongresses zu berufen. Der Kaiser
Alexander hatte, indem er einzelne polnische Gebietstheile aufgab, die Hoffnung
ausgesprochen, daß auch Oestreich und Preußen ihren polnischen Provinzen stän¬
dische Institutionen verleihen und die Nationalität der Polen berücksichtigen
würden. Darauf hatte dann auch Lord Castlereagh, der die gänzliche Theilung
Polens verlangte und parlamentarische Einrichtungen dort nicht dulden wollte,
für angemessen erachtet, Erklärungen der drei Mächte, Rußlands, Preußens und
Oestreichs, hervorzurufen, in denen sie die Absicht aussprachen, ihre polnischen
Unterthanen mit Schonung ihrer Nationalität als Polen zu behandeln. Andrer¬
seits hatte sich der Fürst Metternich bemüht, den Beschluß herbeizuführen, daß
man sich über die den Polen zu gebende Verfassung gemeinschaftlich verstän¬
digen wolle. Die Absicht war, die gefürchteten parlamentarischen Institutionen
in dem Herzogthum Warschau auf das Maß eines harmlosen Landtagswesens
nach östreichischen Zuschnitt zurückzuführen. Jene Erklärungen, diese Versuche,
die nicht entfernt zu Gunsten der Polen unternommen wurden und überdies
ohne irgendwelchen Erfolg blieben, sind es, worauf die polnischen Politiker sich
später berufen haben, um darzuthun, daß man ihnen in Wien versprochen habe,
sie sollten sich, obgleich unter drei verschiedene Staaten vertheilt, eines politisch
einheitlichen Nationaldaseins erfreuen. In welcher Weise etwas Derartiges ein¬
zurichten sein möchte, haben sie freilich niemals vernehmen lassen.
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