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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.

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Vertreter der Bourbonen, der Legitimität und des göttlichen Rechts -- "einen
Handel" vor. "Leoutss, Küsoirs uir ing.roK6!" -- "Seien Sie liebens¬
würdig gegen mich in Bezug auf Sachsen, ich werde es gegen Sie sein in
Betreff Neapels. Ich habe keine Verpflichtungen nach dieser Seite." Talley¬
rand wendete nicht, wie man von so vornehmer Tugend erwarten sollte, die
Unmöglichkeit ein, Grundsätze zu verkaufen. Er berief sich nur auf das Princip
der Legitimität und erwiderte, was der Kaiser biete, könne nicht als Aequivalent,
als Zahlung oder Tauschobject angenommen werden, da es sich von selbst ver¬
stehe. Und jetzt verrieth der Kaiser, daß es ihm nicht unwillkommen wäre,
wenn seine Verpflichtungen gegen Preußen hinsichtlich Sachsens sich auflösen
oder einschränken ließen. "Nun gut." sagteer, "so bewegen Sie Preußen,
mir mein Wort zurückzugeben." Talleyrand entgegnete, er verkehre sehr wenig
mit den Preußen; der Kaiser selbst aber könne sehr leicht das Gewünschte be¬
wirken und sie zufriedenstellen, indem er ihnen in Polen etwas mehr einräume.
"Ein seltsamer Ausweg, den Sie mir vorschlagen!" bemerkte Alexander. "Sie
wollen, ich soll mich selbst berauben, um jenen zu geben."

Zum Schluß erklärte der französische Diplomat, daß er aus Erhaltung des
Königreichs Sachsen mit einem Gebiet von einer Million sechsmalhundert--
tausend Einwohnern bestehen müsse, worauf Alexander zwar andeutete, daß er
damit einer bereits entschiedenen Sache widerspreche, aber das Wort "ent¬
schieden" nicht im Tone eines unwiderruflichen Beschlusses aussprach. So
hatte es denn Talleyrand dahin gebracht, daß ^ der Wunsch nach einer Annä¬
herung zwischen Rußland und Frankreich zuerst von Seiten jener Macht aus¬
gesprochen wurde, und daß man ihm von daher Anerbietungen machte, die er
als selbstverständlich und ohne daß ein Gegendienst verlangt werden dürfe, in
Anspruch nehmen konnte. Und zwar hatte er dabei nur mit einem Protest,
nicht, wie man bisher annahm, mit Krieg gedroht, was Frankreich in seiner
damaligen Lage durchaus noch nicht wagen konnte.

Während Alexander in solcher Weise errathen ließ, daß hinsichtlich Sach¬
sens mit ihm zu handeln sein würde, hatten auch die Versuche Steins, Harden-
vergs und Pozzo ti Borges, ihn in der polnischen Frage nachgiebiger zu
stimmen, einigen Erfolg, indem er zwar in Sachen der parlamentarischen Ver¬
fassung für Polen schedlich, aber in Bezug aus die Grenzen des neuen Reichs
jetzt wenigstens nicht jede Erörterung als unstatthaft zurück wies.

Der Kaiser hatte inzwischen empfunden, ^daß persönlich diplomatischen Schrift¬
wechsel zu führen ihn persönlichen Verletzungen aussetze, und als die Antwort
auf Castlereaghs letzte Note zu ertheilen war, verwies er in derselben den
britischen Minister für die Zukunft auf die gewöhnlichen diplomatischen Wege.
Zur Sache erwähnte die russische Denkschrift zuvörderst nur früher Gesagtes.
^ hieß, der Gewinn, der jedem der verbündeten Staaten infolge des gemein-


Vertreter der Bourbonen, der Legitimität und des göttlichen Rechts — „einen
Handel" vor. „Leoutss, Küsoirs uir ing.roK6!" — „Seien Sie liebens¬
würdig gegen mich in Bezug auf Sachsen, ich werde es gegen Sie sein in
Betreff Neapels. Ich habe keine Verpflichtungen nach dieser Seite." Talley¬
rand wendete nicht, wie man von so vornehmer Tugend erwarten sollte, die
Unmöglichkeit ein, Grundsätze zu verkaufen. Er berief sich nur auf das Princip
der Legitimität und erwiderte, was der Kaiser biete, könne nicht als Aequivalent,
als Zahlung oder Tauschobject angenommen werden, da es sich von selbst ver¬
stehe. Und jetzt verrieth der Kaiser, daß es ihm nicht unwillkommen wäre,
wenn seine Verpflichtungen gegen Preußen hinsichtlich Sachsens sich auflösen
oder einschränken ließen. „Nun gut." sagteer, „so bewegen Sie Preußen,
mir mein Wort zurückzugeben." Talleyrand entgegnete, er verkehre sehr wenig
mit den Preußen; der Kaiser selbst aber könne sehr leicht das Gewünschte be¬
wirken und sie zufriedenstellen, indem er ihnen in Polen etwas mehr einräume.
„Ein seltsamer Ausweg, den Sie mir vorschlagen!" bemerkte Alexander. „Sie
wollen, ich soll mich selbst berauben, um jenen zu geben."

Zum Schluß erklärte der französische Diplomat, daß er aus Erhaltung des
Königreichs Sachsen mit einem Gebiet von einer Million sechsmalhundert--
tausend Einwohnern bestehen müsse, worauf Alexander zwar andeutete, daß er
damit einer bereits entschiedenen Sache widerspreche, aber das Wort „ent¬
schieden" nicht im Tone eines unwiderruflichen Beschlusses aussprach. So
hatte es denn Talleyrand dahin gebracht, daß ^ der Wunsch nach einer Annä¬
herung zwischen Rußland und Frankreich zuerst von Seiten jener Macht aus¬
gesprochen wurde, und daß man ihm von daher Anerbietungen machte, die er
als selbstverständlich und ohne daß ein Gegendienst verlangt werden dürfe, in
Anspruch nehmen konnte. Und zwar hatte er dabei nur mit einem Protest,
nicht, wie man bisher annahm, mit Krieg gedroht, was Frankreich in seiner
damaligen Lage durchaus noch nicht wagen konnte.

Während Alexander in solcher Weise errathen ließ, daß hinsichtlich Sach¬
sens mit ihm zu handeln sein würde, hatten auch die Versuche Steins, Harden-
vergs und Pozzo ti Borges, ihn in der polnischen Frage nachgiebiger zu
stimmen, einigen Erfolg, indem er zwar in Sachen der parlamentarischen Ver¬
fassung für Polen schedlich, aber in Bezug aus die Grenzen des neuen Reichs
jetzt wenigstens nicht jede Erörterung als unstatthaft zurück wies.

Der Kaiser hatte inzwischen empfunden, ^daß persönlich diplomatischen Schrift¬
wechsel zu führen ihn persönlichen Verletzungen aussetze, und als die Antwort
auf Castlereaghs letzte Note zu ertheilen war, verwies er in derselben den
britischen Minister für die Zukunft auf die gewöhnlichen diplomatischen Wege.
Zur Sache erwähnte die russische Denkschrift zuvörderst nur früher Gesagtes.
^ hieß, der Gewinn, der jedem der verbündeten Staaten infolge des gemein-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115927/135>, abgerufen am 15.01.2025.