Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.ferner Siegs zu Theil werde, müsse den Opfern entsprechen, die er gebracht Mit überlegener Feinheit wurde abgewiesen, was Castlereagh über die Der wichtigste Satz der Note Alexanders aber war der in der Einleitung, Der preußische Staatskanzler begann in dieser Beziehung mit einer Unter- ferner Siegs zu Theil werde, müsse den Opfern entsprechen, die er gebracht Mit überlegener Feinheit wurde abgewiesen, was Castlereagh über die Der wichtigste Satz der Note Alexanders aber war der in der Einleitung, Der preußische Staatskanzler begann in dieser Beziehung mit einer Unter- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0136" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116064"/> <p xml:id="ID_480" prev="#ID_479"> ferner Siegs zu Theil werde, müsse den Opfern entsprechen, die er gebracht<lb/> habe. Dann wurde auf die Anstrengungen hingewiesen, die Rußland gemacht,<lb/> und versichert, daß der Kaiser seit dem Uebergang über die Oder nicht mehr<lb/> für sich selbst, sondern für die Interessen seiner Alliirten gekämpft habe. Hieran<lb/> schloß sich der Satz, daß keiner der Verbündeten anstehen würde, dem russischen<lb/> Reich das Herzogthum Warschau zuzugestehen, wenn sich Europa noch in einem<lb/> Zustande befände, wie der napoleonische gewesen, und um diesen Preis befreit<lb/> werden könnte. Uebrigens werde die Vereinigung des ungetheilten Herzog-<lb/> thums mit Rußland im Vergleich mit den gerechten Ansprüchen dieses Staates<lb/> und mit den Vergrößerungen, die Oestreich, Preußen und vor Allem England<lb/> erfahren sollten, kaum genügen. Selbst im allgemeinen Interesse Europas<lb/> schien dann aber auch die Herstellung Polens unter russischem Schutz nach dieser<lb/> Darstellung geboten; denn es wurde angedeutet', daß man die Einwohner des<lb/> Herzogthums Warschau nicht der Verzweiflung überlassen und damit der Ver¬<lb/> führung aussetzen dürfe, wenn die Ruhe des Nordens gesichert sein solle.</p><lb/> <p xml:id="ID_481"> Mit überlegener Feinheit wurde abgewiesen, was Castlereagh über die<lb/> Wiederherstellung eines wirklich unabhängigen Polen vorgebracht. Wenn alle<lb/> Staaten, sagte die Denkschrift, ihre Eroberungen ausgeben wollten, so würde<lb/> der Kaiser Alexander kein Opfer scheuen, um desgleichen zu thun. England<lb/> würde dann der ^Unabhängigkeit der Nationen sehr große Opfer zu bringen<lb/> haben. Die andern Staaten schienen indeß dazu nicht aufgelegt, und auch<lb/> England werde dazu wohl keine Neigung empfinden. Das Gerathenste sei da¬<lb/> her, im Interesse der Völker nur das erreichbare Gute zu erstreben.</p><lb/> <p xml:id="ID_482"> Der wichtigste Satz der Note Alexanders aber war der in der Einleitung,<lb/> wo es hieß: Obgleich es Beispiele gebe, daß ein Staat bei veränderten Um¬<lb/> ständen Verträge auch einseitig für nicht mehr verbindlich erklärt habe, wie<lb/> namentlich Großbritannien den Frieden von Amiens, so bleibe doch Nußland<lb/> den getroffenen Vereinbarungen treu, indem es eine freie Berathung eröffne<lb/> über die Erwerbungen, die es mit Recht zu beanspruchen glaube. Damit nahm<lb/> die Politik Rußlands eine neue Wendung. Die Verträge von Kalisch und<lb/> Reichenbach sammt den aus ihnen hervorgehenden Ansprüchen Preußens und<lb/> Oestreichs sollten nun nicht mehr als durch den unerwarteten Erfolg der<lb/> russischen Waffen beseitigt. Alexanders Forderungen in Betreff Polens nicht<lb/> mehr als unbedingte, sondern als Gegenstand von Unterhandlungen angesehen<lb/> werden. Nur die Vermittelung Englands lehnte der Kaiser auch jetzt noch ab.<lb/> indem er bemerkte, die Dazwischenkunft eines Vermittlers sei wünschenswerth,<lb/> wo sie die Geister zu nähern diene; wo dies aber nicht der Fall sei, überlasse<lb/> man die Parteien besser sich selbst. Dagegen konnte Hardenberg sein undank¬<lb/> bares Mittlergeschäft jetzt mit etwas mehr Aussicht auf Erfolg betreiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_483" next="#ID_484"> Der preußische Staatskanzler begann in dieser Beziehung mit einer Unter-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0136]
ferner Siegs zu Theil werde, müsse den Opfern entsprechen, die er gebracht
habe. Dann wurde auf die Anstrengungen hingewiesen, die Rußland gemacht,
und versichert, daß der Kaiser seit dem Uebergang über die Oder nicht mehr
für sich selbst, sondern für die Interessen seiner Alliirten gekämpft habe. Hieran
schloß sich der Satz, daß keiner der Verbündeten anstehen würde, dem russischen
Reich das Herzogthum Warschau zuzugestehen, wenn sich Europa noch in einem
Zustande befände, wie der napoleonische gewesen, und um diesen Preis befreit
werden könnte. Uebrigens werde die Vereinigung des ungetheilten Herzog-
thums mit Rußland im Vergleich mit den gerechten Ansprüchen dieses Staates
und mit den Vergrößerungen, die Oestreich, Preußen und vor Allem England
erfahren sollten, kaum genügen. Selbst im allgemeinen Interesse Europas
schien dann aber auch die Herstellung Polens unter russischem Schutz nach dieser
Darstellung geboten; denn es wurde angedeutet', daß man die Einwohner des
Herzogthums Warschau nicht der Verzweiflung überlassen und damit der Ver¬
führung aussetzen dürfe, wenn die Ruhe des Nordens gesichert sein solle.
Mit überlegener Feinheit wurde abgewiesen, was Castlereagh über die
Wiederherstellung eines wirklich unabhängigen Polen vorgebracht. Wenn alle
Staaten, sagte die Denkschrift, ihre Eroberungen ausgeben wollten, so würde
der Kaiser Alexander kein Opfer scheuen, um desgleichen zu thun. England
würde dann der ^Unabhängigkeit der Nationen sehr große Opfer zu bringen
haben. Die andern Staaten schienen indeß dazu nicht aufgelegt, und auch
England werde dazu wohl keine Neigung empfinden. Das Gerathenste sei da¬
her, im Interesse der Völker nur das erreichbare Gute zu erstreben.
Der wichtigste Satz der Note Alexanders aber war der in der Einleitung,
wo es hieß: Obgleich es Beispiele gebe, daß ein Staat bei veränderten Um¬
ständen Verträge auch einseitig für nicht mehr verbindlich erklärt habe, wie
namentlich Großbritannien den Frieden von Amiens, so bleibe doch Nußland
den getroffenen Vereinbarungen treu, indem es eine freie Berathung eröffne
über die Erwerbungen, die es mit Recht zu beanspruchen glaube. Damit nahm
die Politik Rußlands eine neue Wendung. Die Verträge von Kalisch und
Reichenbach sammt den aus ihnen hervorgehenden Ansprüchen Preußens und
Oestreichs sollten nun nicht mehr als durch den unerwarteten Erfolg der
russischen Waffen beseitigt. Alexanders Forderungen in Betreff Polens nicht
mehr als unbedingte, sondern als Gegenstand von Unterhandlungen angesehen
werden. Nur die Vermittelung Englands lehnte der Kaiser auch jetzt noch ab.
indem er bemerkte, die Dazwischenkunft eines Vermittlers sei wünschenswerth,
wo sie die Geister zu nähern diene; wo dies aber nicht der Fall sei, überlasse
man die Parteien besser sich selbst. Dagegen konnte Hardenberg sein undank¬
bares Mittlergeschäft jetzt mit etwas mehr Aussicht auf Erfolg betreiben.
Der preußische Staatskanzler begann in dieser Beziehung mit einer Unter-
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