Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. IV. Band.nischen Gebiete bis zur Weichsel anzuweisen und auf diese Weise Sachsen zu Man forderte nun Preußen auf, die Vorschläge vereint mit Oestreich an Da der französische Diplomat an die Verträge erinnerte, nach denen das nischen Gebiete bis zur Weichsel anzuweisen und auf diese Weise Sachsen zu Man forderte nun Preußen auf, die Vorschläge vereint mit Oestreich an Da der französische Diplomat an die Verträge erinnerte, nach denen das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0102" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/116030"/> <p xml:id="ID_366" prev="#ID_365"> nischen Gebiete bis zur Weichsel anzuweisen und auf diese Weise Sachsen zu<lb/> „retten". So. weit waren diese Vorschläge besser darauf berechnet, zu Oest¬<lb/> reichs Doppclziel zu führen, als das erste unsichere Tasten Metternichs; wie<lb/> man aber über die Besorgnisse hinwegkam, die eine polnische Verfassung von<lb/> 1791 vor Allem östreichischen Politikern erwecken mühte, und wie man glauben<lb/> konnte, Alexander werde vor Freude über den polnischen Reichstag, den man<lb/> ihm gönnen wollte, auf den Besitz von Großpolen verzichten, bleibt unbe¬<lb/> greiflich.</p><lb/> <p xml:id="ID_367"> Man forderte nun Preußen auf, die Vorschläge vereint mit Oestreich an<lb/> Kaiser Alexander zu richten. Aber ehe es noch dazu kam, hatten sich die Um¬<lb/> stände völlig geändert. Alexander, durch den Ton der beiden Schreiben Cast-<lb/> lereaghs schwer verletzt, gab jeden Gedanken an eine Verständigung mit Eng¬<lb/> land auf und ließ Talleyrand zu sich bescheiden. In dem Gespräch, welches<lb/> sie miteinander hatten, wurden Sachsen und Polen schon ausdrücklich genannt.<lb/> Der Kaiser erinnerte daran, daß Talleyrand sich in Paris mit seinen Plänen<lb/> hinsichtlich der Wiederherstellung Polens einverstanden erklärt habe. Talleyrand<lb/> entgegnete, er habe damals geglaubt, es sei von der Errichtung eines wirklich<lb/> unabhängigen Polen die Rede gewesen; ein solches würde Frankreich stets<lb/> willkommen heißen. Da es sich jetzt aber um ganz andere Dinge handle,<lb/> komme es vor Allem aus eine Grenze in Polen an, durch die Oestreich und<lb/> Preußen nicht bedroht würden. Als der Kaiser von der Dankbarkeit sprach,<lb/> die der König von Frankreich ihm schulde, ging Talleyrand nicht darauf ein,<lb/> und als jener bemerkte, er habe Sachsen der Krone Preußen gegeben, und<lb/> Oestreich habe zugestimmt, fragte Talleyrand mit der Miene des Gerechten, wie<lb/> denn die Einwilligung Oestreichs etwas zu Preußens Eigenthum machen könne,<lb/> was dem König von Sachsen gehöre. Alexander erklärte, wenn der König von<lb/> Sachsen nicht abbaute, so werde er nach Rußland wandern müssen, und rief,<lb/> als Talleyrand nicht glauben wollte, daß der Kaiser ein solches „Attentat" be¬<lb/> absichtigen könne: „Was Attentat! — Ist Stanislaus (Poniatowski) nicht in<lb/> Rußland gestorben. Warum sollte der König von Sachsen nicht denselben<lb/> Weg gehen?" — „Ich hatte Mühe, meine Entrüstung zu beherrschen." schrieb<lb/> der kluge Talleyrand (wir vermuthen lächelnd) darüber an seinen König.</p><lb/> <p xml:id="ID_368" next="#ID_369"> Da der französische Diplomat an die Verträge erinnerte, nach denen das<lb/> Herzogthum Warschau unter die drei Nachbarmächte getheilt werde» sollte, gab<lb/> Alexander statt der sehr nahe liegenden Antwort, daß Frankreich diese Verträge<lb/> nichts angingen, die weniger glückliche, daß er auf dieselben wenig Gewicht<lb/> lege und daß ihm sein Wort, dem König von Preußen zu Sachsen zu ver¬<lb/> helfen, höher stehe. Talleyrand wendete ein, die dem König von Preußen ganz im<lb/> Allgemeinen versprochenen neun bis zehn Millionen Unterthanen ließen sich auch<lb/> ohne Vernichtung Sachsens beschaffen, und zog sogar einen Plan, wo besagte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0102]
nischen Gebiete bis zur Weichsel anzuweisen und auf diese Weise Sachsen zu
„retten". So. weit waren diese Vorschläge besser darauf berechnet, zu Oest¬
reichs Doppclziel zu führen, als das erste unsichere Tasten Metternichs; wie
man aber über die Besorgnisse hinwegkam, die eine polnische Verfassung von
1791 vor Allem östreichischen Politikern erwecken mühte, und wie man glauben
konnte, Alexander werde vor Freude über den polnischen Reichstag, den man
ihm gönnen wollte, auf den Besitz von Großpolen verzichten, bleibt unbe¬
greiflich.
Man forderte nun Preußen auf, die Vorschläge vereint mit Oestreich an
Kaiser Alexander zu richten. Aber ehe es noch dazu kam, hatten sich die Um¬
stände völlig geändert. Alexander, durch den Ton der beiden Schreiben Cast-
lereaghs schwer verletzt, gab jeden Gedanken an eine Verständigung mit Eng¬
land auf und ließ Talleyrand zu sich bescheiden. In dem Gespräch, welches
sie miteinander hatten, wurden Sachsen und Polen schon ausdrücklich genannt.
Der Kaiser erinnerte daran, daß Talleyrand sich in Paris mit seinen Plänen
hinsichtlich der Wiederherstellung Polens einverstanden erklärt habe. Talleyrand
entgegnete, er habe damals geglaubt, es sei von der Errichtung eines wirklich
unabhängigen Polen die Rede gewesen; ein solches würde Frankreich stets
willkommen heißen. Da es sich jetzt aber um ganz andere Dinge handle,
komme es vor Allem aus eine Grenze in Polen an, durch die Oestreich und
Preußen nicht bedroht würden. Als der Kaiser von der Dankbarkeit sprach,
die der König von Frankreich ihm schulde, ging Talleyrand nicht darauf ein,
und als jener bemerkte, er habe Sachsen der Krone Preußen gegeben, und
Oestreich habe zugestimmt, fragte Talleyrand mit der Miene des Gerechten, wie
denn die Einwilligung Oestreichs etwas zu Preußens Eigenthum machen könne,
was dem König von Sachsen gehöre. Alexander erklärte, wenn der König von
Sachsen nicht abbaute, so werde er nach Rußland wandern müssen, und rief,
als Talleyrand nicht glauben wollte, daß der Kaiser ein solches „Attentat" be¬
absichtigen könne: „Was Attentat! — Ist Stanislaus (Poniatowski) nicht in
Rußland gestorben. Warum sollte der König von Sachsen nicht denselben
Weg gehen?" — „Ich hatte Mühe, meine Entrüstung zu beherrschen." schrieb
der kluge Talleyrand (wir vermuthen lächelnd) darüber an seinen König.
Da der französische Diplomat an die Verträge erinnerte, nach denen das
Herzogthum Warschau unter die drei Nachbarmächte getheilt werde» sollte, gab
Alexander statt der sehr nahe liegenden Antwort, daß Frankreich diese Verträge
nichts angingen, die weniger glückliche, daß er auf dieselben wenig Gewicht
lege und daß ihm sein Wort, dem König von Preußen zu Sachsen zu ver¬
helfen, höher stehe. Talleyrand wendete ein, die dem König von Preußen ganz im
Allgemeinen versprochenen neun bis zehn Millionen Unterthanen ließen sich auch
ohne Vernichtung Sachsens beschaffen, und zog sogar einen Plan, wo besagte
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