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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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Man ging aber auch bei der Auswahl der Jägerrekruten in jeder Hinsicht
höchst sorgfältig zu Werke. Man achtete nicht nur darauf, daß der Mann die
nöthige Gelenkigkeit und einen gesunden, zur Ertragung aller Strapazen geeig-
neten Körper, sowie ein gutes Auge besaß, sondern wählte auch die intelligen¬
teren Leute aus, sowie diejenigen, deren bisherige Beschäftigung ihnen eine
größere Eignung für den Dienst bei einer leichten-Truppe verleihen konnte.
Gelernte Jäger, Büchsenmacher, geübte Kletterer und -- Wilddiebe wurden
mit Vorliebe angenommen. Mancher der Letzteren entging der seiner harren¬
den Strafe, indem der bei der Rekrutirungscommission befindliche Jägeroffizier
ihn auf seine eigene Verantwortung anwarb und somit unter seinen Schutz stellte.

Es war ein frischer, vorwärtsstrebender Corpsgeist in dieser Truppe, und
man muß zugeben, daß man sich wenigstens hier nach Kräften bemühte,
denselben zu erhalten und zu vermehren. Fast unausgesetzt wurden Exercir-
und Schießübungen abgehalten, und wenn auch die Bewaffnung mit zwei ver¬
schiedenen Gewehrgattungen ein großer Uebelstand war, so wußte man selbst
hieraus einen Vortheil zu ziehen, indem man die Bewaffnung mit dem Stutzen
als einen besondern Vorzug, ja fast als eine Beförderung betrachtete, welche
dem Manne erst dann zukommen sollte, wenn er sich als vorzüglicher Schütze
bewährt hatte. Auch wirkte es belebend, daß die Jägerbataillone weniger sta¬
bil als die übrigen Truppen waren, und daß zu allen auch im Frieden vor¬
kommenden kleineren und größeren Expeditionen, z. B. bei Streifungen ge¬
gen Räuber und bei Grenzbeobachtungen fast ausschließlich Jäger verwendet
wurden. Auch wurden alle in späterer Zeit eingeführten Verbesserungen der
Bewaffnung und Bekleidung der Truppen, wie die Percussionsschlösser und spä¬
ter die Koinmerbüchsen, zuerst bei den Jägern in Anwendung gebracht.

Erst nach dem Regierungsantritt des Kaisers Ferdinand konnten einige
der seit langer Zeit ersehnten und selbst von den refvrmfeindlichsten Militärs
aller Grade als dringend nothwendig erkannten Verbesserungen ins Leben ge¬
rufen werden.

Zwar wurde dadurch direct weniger die kriegerische Brauchbarkeit erhöht,
als die materielle Lage verbessert, indessen kann man immerhin annehmen, daß
besser besoldete Offiziere mehr als schlecht besoldete leisten werden, und daß eine
besser gekleidete und verpflegte Truppe sich ebenfalls besser als eine schlecht und
unzweckmäßig bekleidete und verpflegte schlagen werde.

Wenn auch der Frack noch immer seine Herrschaft behauptete, so geschah
doch durch die Einführung der Pantalons und einer erleichterten Kopfbedeckung
(bei den Füsilieren und Grenadieren) ein wesentlicher Fortschritt. Die Charge
der bettelhaft gering besoldeten Fähnriche wurde aufgehoben, und es wurden
auch die Gagen der übrigen Osfiziersgrade erhöht. Bald darauf erfolgte die
Einführung der Percussionsschlösser.


Man ging aber auch bei der Auswahl der Jägerrekruten in jeder Hinsicht
höchst sorgfältig zu Werke. Man achtete nicht nur darauf, daß der Mann die
nöthige Gelenkigkeit und einen gesunden, zur Ertragung aller Strapazen geeig-
neten Körper, sowie ein gutes Auge besaß, sondern wählte auch die intelligen¬
teren Leute aus, sowie diejenigen, deren bisherige Beschäftigung ihnen eine
größere Eignung für den Dienst bei einer leichten-Truppe verleihen konnte.
Gelernte Jäger, Büchsenmacher, geübte Kletterer und — Wilddiebe wurden
mit Vorliebe angenommen. Mancher der Letzteren entging der seiner harren¬
den Strafe, indem der bei der Rekrutirungscommission befindliche Jägeroffizier
ihn auf seine eigene Verantwortung anwarb und somit unter seinen Schutz stellte.

Es war ein frischer, vorwärtsstrebender Corpsgeist in dieser Truppe, und
man muß zugeben, daß man sich wenigstens hier nach Kräften bemühte,
denselben zu erhalten und zu vermehren. Fast unausgesetzt wurden Exercir-
und Schießübungen abgehalten, und wenn auch die Bewaffnung mit zwei ver¬
schiedenen Gewehrgattungen ein großer Uebelstand war, so wußte man selbst
hieraus einen Vortheil zu ziehen, indem man die Bewaffnung mit dem Stutzen
als einen besondern Vorzug, ja fast als eine Beförderung betrachtete, welche
dem Manne erst dann zukommen sollte, wenn er sich als vorzüglicher Schütze
bewährt hatte. Auch wirkte es belebend, daß die Jägerbataillone weniger sta¬
bil als die übrigen Truppen waren, und daß zu allen auch im Frieden vor¬
kommenden kleineren und größeren Expeditionen, z. B. bei Streifungen ge¬
gen Räuber und bei Grenzbeobachtungen fast ausschließlich Jäger verwendet
wurden. Auch wurden alle in späterer Zeit eingeführten Verbesserungen der
Bewaffnung und Bekleidung der Truppen, wie die Percussionsschlösser und spä¬
ter die Koinmerbüchsen, zuerst bei den Jägern in Anwendung gebracht.

Erst nach dem Regierungsantritt des Kaisers Ferdinand konnten einige
der seit langer Zeit ersehnten und selbst von den refvrmfeindlichsten Militärs
aller Grade als dringend nothwendig erkannten Verbesserungen ins Leben ge¬
rufen werden.

Zwar wurde dadurch direct weniger die kriegerische Brauchbarkeit erhöht,
als die materielle Lage verbessert, indessen kann man immerhin annehmen, daß
besser besoldete Offiziere mehr als schlecht besoldete leisten werden, und daß eine
besser gekleidete und verpflegte Truppe sich ebenfalls besser als eine schlecht und
unzweckmäßig bekleidete und verpflegte schlagen werde.

Wenn auch der Frack noch immer seine Herrschaft behauptete, so geschah
doch durch die Einführung der Pantalons und einer erleichterten Kopfbedeckung
(bei den Füsilieren und Grenadieren) ein wesentlicher Fortschritt. Die Charge
der bettelhaft gering besoldeten Fähnriche wurde aufgehoben, und es wurden
auch die Gagen der übrigen Osfiziersgrade erhöht. Bald darauf erfolgte die
Einführung der Percussionsschlösser.


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[0394] Man ging aber auch bei der Auswahl der Jägerrekruten in jeder Hinsicht höchst sorgfältig zu Werke. Man achtete nicht nur darauf, daß der Mann die nöthige Gelenkigkeit und einen gesunden, zur Ertragung aller Strapazen geeig- neten Körper, sowie ein gutes Auge besaß, sondern wählte auch die intelligen¬ teren Leute aus, sowie diejenigen, deren bisherige Beschäftigung ihnen eine größere Eignung für den Dienst bei einer leichten-Truppe verleihen konnte. Gelernte Jäger, Büchsenmacher, geübte Kletterer und — Wilddiebe wurden mit Vorliebe angenommen. Mancher der Letzteren entging der seiner harren¬ den Strafe, indem der bei der Rekrutirungscommission befindliche Jägeroffizier ihn auf seine eigene Verantwortung anwarb und somit unter seinen Schutz stellte. Es war ein frischer, vorwärtsstrebender Corpsgeist in dieser Truppe, und man muß zugeben, daß man sich wenigstens hier nach Kräften bemühte, denselben zu erhalten und zu vermehren. Fast unausgesetzt wurden Exercir- und Schießübungen abgehalten, und wenn auch die Bewaffnung mit zwei ver¬ schiedenen Gewehrgattungen ein großer Uebelstand war, so wußte man selbst hieraus einen Vortheil zu ziehen, indem man die Bewaffnung mit dem Stutzen als einen besondern Vorzug, ja fast als eine Beförderung betrachtete, welche dem Manne erst dann zukommen sollte, wenn er sich als vorzüglicher Schütze bewährt hatte. Auch wirkte es belebend, daß die Jägerbataillone weniger sta¬ bil als die übrigen Truppen waren, und daß zu allen auch im Frieden vor¬ kommenden kleineren und größeren Expeditionen, z. B. bei Streifungen ge¬ gen Räuber und bei Grenzbeobachtungen fast ausschließlich Jäger verwendet wurden. Auch wurden alle in späterer Zeit eingeführten Verbesserungen der Bewaffnung und Bekleidung der Truppen, wie die Percussionsschlösser und spä¬ ter die Koinmerbüchsen, zuerst bei den Jägern in Anwendung gebracht. Erst nach dem Regierungsantritt des Kaisers Ferdinand konnten einige der seit langer Zeit ersehnten und selbst von den refvrmfeindlichsten Militärs aller Grade als dringend nothwendig erkannten Verbesserungen ins Leben ge¬ rufen werden. Zwar wurde dadurch direct weniger die kriegerische Brauchbarkeit erhöht, als die materielle Lage verbessert, indessen kann man immerhin annehmen, daß besser besoldete Offiziere mehr als schlecht besoldete leisten werden, und daß eine besser gekleidete und verpflegte Truppe sich ebenfalls besser als eine schlecht und unzweckmäßig bekleidete und verpflegte schlagen werde. Wenn auch der Frack noch immer seine Herrschaft behauptete, so geschah doch durch die Einführung der Pantalons und einer erleichterten Kopfbedeckung (bei den Füsilieren und Grenadieren) ein wesentlicher Fortschritt. Die Charge der bettelhaft gering besoldeten Fähnriche wurde aufgehoben, und es wurden auch die Gagen der übrigen Osfiziersgrade erhöht. Bald darauf erfolgte die Einführung der Percussionsschlösser.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/394>, abgerufen am 28.07.2024.