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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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Die Aufführung der Grenadiere war im Allgemeinen lobenswert!) und im
Felde kam der Fall, daß sie ihre Pflicht nicht erfüllten, gewiß nur selten.vor;
dagegen war eine besondere Auszeichnung -- wie selbe bei einer wahrhaften
Elitetruppe Regel sein sollte -- verhältnißmäßig nicht öfter als bei den übrigen
Truppen zu finden. Ja man bemerkte sogar, daß die meisten Erkrankungen
im Felde gerade bei den.Grenadieren vorkamen und daß sie weit früher er¬
matteten, als andere Soldaten, woran freilich die übermäßig schwere Kopf¬
bedeckung und die für so große Männer ungenügende Nahrung Schuld trugen.

Die Garnisonbataillone bestanden aus Leuten, welche Physisch oder mo¬
ralisch nicht mehr zum Felddienst geeignet waren. Die Infanterie hätte hier
also einen guten Ableitungskanal für ihre untauglichen Subjecte gehabt; allein
da bei diesen Bataillonen nur selten eine Stelle leer wurde, weil die bei den¬
selben eingetheilten Deserteure und Nekrutirungsflüchtlinge zur Strafe eine um
die Hälfte oder das Doppelte verlängerte Capitulation abzudienen hatten und
man vor Allem die Gebrechlichen aus der Linie zu entfernen suchte, so waren
diese fünf Bataillone außer Stande, auch nur den zehnten Theil derjenigen
aufzunehmen, deren Entfernung aus dem Liniendienste wünschenswerth ge¬
wesen wäre.

Unter allen östreichischen Fußtruppen nahmen die Jäger den ersten Platz
ein. Mit richtiger Erkenntniß hatte man dieselben nur aus jenen Nationali¬
täten ausgewählt, welche sich am meisten hierfür eigneten.

Da die Tiroler nur das einzige Jägerregiment stellten, so konnte bei dem¬
selben auf die geeignete Körpergröße und möglichste Gewandtheit keine Rück¬
sicht genommen werden, und es stachen die klafterlangen Gestalten, die man hier
fand, und manche höchst unbehilfliche Bursche ziemlich auffallend gegen die
windschnellen Knirpse der übrigen Jäger ab. Aber die angeborne Vorliebe der
Tiroler für den Jägerdienst und die von Jugend an eingeübte und zur höchsten
Vollendung gebrachte Fertigkeit im Schießen glich diese Uebelstände mehr als
hinreichend aus, und die tiroler Jäger standen gewiß zu jeder Zeit der besten
leichten Fußtruppe der Welt ebenbürtig zur Seite. In den Kämpfen der Jahre
1848 und 1849 erhielten nicht weniger als fünf Offiziere dieses Regiments den
Theresienorden. während die der Mannschaft ertheilten goldenen und silbernen
Medaillen fast nicht zu zählen waren. Und im Jahre 1869 wurde die einzige
feindliche Kanone, welche den Oestreichern in die Hände fiel, von tiroler Jägern
erobert.

Doch waren auch die andern Jäger den vorzüglichsten Truppen beizurech¬
nen, besonders zeichneten sich die böhmischen, steirischen und östreichischen Jäger
(das berühmte zehnte Bataillon) zu allen Zeiten durch ihre Gewandtheit, ihre
Treffgeübtheit und ihre Tapferkeit aus; die mindest guten Bataillone waren
auch hier die italienischen.


Die Aufführung der Grenadiere war im Allgemeinen lobenswert!) und im
Felde kam der Fall, daß sie ihre Pflicht nicht erfüllten, gewiß nur selten.vor;
dagegen war eine besondere Auszeichnung — wie selbe bei einer wahrhaften
Elitetruppe Regel sein sollte — verhältnißmäßig nicht öfter als bei den übrigen
Truppen zu finden. Ja man bemerkte sogar, daß die meisten Erkrankungen
im Felde gerade bei den.Grenadieren vorkamen und daß sie weit früher er¬
matteten, als andere Soldaten, woran freilich die übermäßig schwere Kopf¬
bedeckung und die für so große Männer ungenügende Nahrung Schuld trugen.

Die Garnisonbataillone bestanden aus Leuten, welche Physisch oder mo¬
ralisch nicht mehr zum Felddienst geeignet waren. Die Infanterie hätte hier
also einen guten Ableitungskanal für ihre untauglichen Subjecte gehabt; allein
da bei diesen Bataillonen nur selten eine Stelle leer wurde, weil die bei den¬
selben eingetheilten Deserteure und Nekrutirungsflüchtlinge zur Strafe eine um
die Hälfte oder das Doppelte verlängerte Capitulation abzudienen hatten und
man vor Allem die Gebrechlichen aus der Linie zu entfernen suchte, so waren
diese fünf Bataillone außer Stande, auch nur den zehnten Theil derjenigen
aufzunehmen, deren Entfernung aus dem Liniendienste wünschenswerth ge¬
wesen wäre.

Unter allen östreichischen Fußtruppen nahmen die Jäger den ersten Platz
ein. Mit richtiger Erkenntniß hatte man dieselben nur aus jenen Nationali¬
täten ausgewählt, welche sich am meisten hierfür eigneten.

Da die Tiroler nur das einzige Jägerregiment stellten, so konnte bei dem¬
selben auf die geeignete Körpergröße und möglichste Gewandtheit keine Rück¬
sicht genommen werden, und es stachen die klafterlangen Gestalten, die man hier
fand, und manche höchst unbehilfliche Bursche ziemlich auffallend gegen die
windschnellen Knirpse der übrigen Jäger ab. Aber die angeborne Vorliebe der
Tiroler für den Jägerdienst und die von Jugend an eingeübte und zur höchsten
Vollendung gebrachte Fertigkeit im Schießen glich diese Uebelstände mehr als
hinreichend aus, und die tiroler Jäger standen gewiß zu jeder Zeit der besten
leichten Fußtruppe der Welt ebenbürtig zur Seite. In den Kämpfen der Jahre
1848 und 1849 erhielten nicht weniger als fünf Offiziere dieses Regiments den
Theresienorden. während die der Mannschaft ertheilten goldenen und silbernen
Medaillen fast nicht zu zählen waren. Und im Jahre 1869 wurde die einzige
feindliche Kanone, welche den Oestreichern in die Hände fiel, von tiroler Jägern
erobert.

Doch waren auch die andern Jäger den vorzüglichsten Truppen beizurech¬
nen, besonders zeichneten sich die böhmischen, steirischen und östreichischen Jäger
(das berühmte zehnte Bataillon) zu allen Zeiten durch ihre Gewandtheit, ihre
Treffgeübtheit und ihre Tapferkeit aus; die mindest guten Bataillone waren
auch hier die italienischen.


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[0393] Die Aufführung der Grenadiere war im Allgemeinen lobenswert!) und im Felde kam der Fall, daß sie ihre Pflicht nicht erfüllten, gewiß nur selten.vor; dagegen war eine besondere Auszeichnung — wie selbe bei einer wahrhaften Elitetruppe Regel sein sollte — verhältnißmäßig nicht öfter als bei den übrigen Truppen zu finden. Ja man bemerkte sogar, daß die meisten Erkrankungen im Felde gerade bei den.Grenadieren vorkamen und daß sie weit früher er¬ matteten, als andere Soldaten, woran freilich die übermäßig schwere Kopf¬ bedeckung und die für so große Männer ungenügende Nahrung Schuld trugen. Die Garnisonbataillone bestanden aus Leuten, welche Physisch oder mo¬ ralisch nicht mehr zum Felddienst geeignet waren. Die Infanterie hätte hier also einen guten Ableitungskanal für ihre untauglichen Subjecte gehabt; allein da bei diesen Bataillonen nur selten eine Stelle leer wurde, weil die bei den¬ selben eingetheilten Deserteure und Nekrutirungsflüchtlinge zur Strafe eine um die Hälfte oder das Doppelte verlängerte Capitulation abzudienen hatten und man vor Allem die Gebrechlichen aus der Linie zu entfernen suchte, so waren diese fünf Bataillone außer Stande, auch nur den zehnten Theil derjenigen aufzunehmen, deren Entfernung aus dem Liniendienste wünschenswerth ge¬ wesen wäre. Unter allen östreichischen Fußtruppen nahmen die Jäger den ersten Platz ein. Mit richtiger Erkenntniß hatte man dieselben nur aus jenen Nationali¬ täten ausgewählt, welche sich am meisten hierfür eigneten. Da die Tiroler nur das einzige Jägerregiment stellten, so konnte bei dem¬ selben auf die geeignete Körpergröße und möglichste Gewandtheit keine Rück¬ sicht genommen werden, und es stachen die klafterlangen Gestalten, die man hier fand, und manche höchst unbehilfliche Bursche ziemlich auffallend gegen die windschnellen Knirpse der übrigen Jäger ab. Aber die angeborne Vorliebe der Tiroler für den Jägerdienst und die von Jugend an eingeübte und zur höchsten Vollendung gebrachte Fertigkeit im Schießen glich diese Uebelstände mehr als hinreichend aus, und die tiroler Jäger standen gewiß zu jeder Zeit der besten leichten Fußtruppe der Welt ebenbürtig zur Seite. In den Kämpfen der Jahre 1848 und 1849 erhielten nicht weniger als fünf Offiziere dieses Regiments den Theresienorden. während die der Mannschaft ertheilten goldenen und silbernen Medaillen fast nicht zu zählen waren. Und im Jahre 1869 wurde die einzige feindliche Kanone, welche den Oestreichern in die Hände fiel, von tiroler Jägern erobert. Doch waren auch die andern Jäger den vorzüglichsten Truppen beizurech¬ nen, besonders zeichneten sich die böhmischen, steirischen und östreichischen Jäger (das berühmte zehnte Bataillon) zu allen Zeiten durch ihre Gewandtheit, ihre Treffgeübtheit und ihre Tapferkeit aus; die mindest guten Bataillone waren auch hier die italienischen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/393>, abgerufen am 28.07.2024.