Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.wenig mächtig waren, so daß sie bei aller ihrer persönlichen Tüchtigkeit ihre Endlich ist es unbestreitbar, daß die Mehrzahl der Italiener dem Militär¬ Die Grenadiere bildeten, wie bemerkt, die Elite jedes einzelnen Regiments Natürlich waren auch die Grenadierbataillone nach der Nationalität ihrer wenig mächtig waren, so daß sie bei aller ihrer persönlichen Tüchtigkeit ihre Endlich ist es unbestreitbar, daß die Mehrzahl der Italiener dem Militär¬ Die Grenadiere bildeten, wie bemerkt, die Elite jedes einzelnen Regiments Natürlich waren auch die Grenadierbataillone nach der Nationalität ihrer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0392" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115784"/> <p xml:id="ID_1095" prev="#ID_1094"> wenig mächtig waren, so daß sie bei aller ihrer persönlichen Tüchtigkeit ihre<lb/> Untergebenen nur sehr mangelhaft unterrichten konnten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1096"> Endlich ist es unbestreitbar, daß die Mehrzahl der Italiener dem Militär¬<lb/> dienste, gleichviel ob unter fremder oder einheimischer Negierung, abgeneigt<lb/> ist. Der Italiener wird bei der Vertheidigung einer Barrikade, bei dem An¬<lb/> griff auf eine Batterie es an Tapferkeit vielleicht jedem Anderen gleichthun,<lb/> aber die Strapazen des Krieges und noch mehr die strenge Disciplin werden<lb/> ihm eine unerträgliche Last sein. Darum thaten auch in den letzten Kriegen<lb/> einige östreichisch-italienische Regimenter, welche man von allen revolutionären<lb/> Einwirkungen entfernt zu halten gewußt hatte, hier und da ihre Schuldigkeit<lb/> im vollen Maße, zumal wenn der Anführer es verstand, seine Soldaten im<lb/> rechten Augenblicke zu begeistern. Geschah dieses aber nicht und begannen die<lb/> Mühseligkeiten sich zu vermehren, war vielleicht gar Kälte und Hunger zu er¬<lb/> tragen und mußte der Rückzug angetreten werden, so siel die italienische Truppe<lb/> sicher in der kürzesten Zeit der Verzagtheit, der Dyssenterie und schließlich der<lb/> Desertion und Meuterei anheim, und weder Güte noch Strenge konnten eine<lb/> Aenderung herbeiführen, so daß nur eine vollständige Reorganisation das Uebel<lb/> von der Wurzel aus vertilgen konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1097"> Die Grenadiere bildeten, wie bemerkt, die Elite jedes einzelnen Regiments<lb/> und wurden aus der Mannschaft desselben ergänzt, jedoch in eigene Bataillone<lb/> vereinigt. Sie waren jedoch keine Elitetruppe nach Art der französischen Garden,<lb/> sondern eher den Grenadieren des Königs Friedrich Wilhelm des Ersten zu<lb/> vergleichen. Die Körpergröße war das erste Erforderniß des Grenadiers. Es<lb/> wurde zwar auch eine gute Aufführung verlangt, und der Grenadier, welcher<lb/> sich eines gröberen Vergehens schuldig machte, unordentlich in seinem Anzüge<lb/> oder dem Trunke ergeben war, wurde sogleich zu den Füsilieren zurückversetzt;<lb/> aber da es im Allgemeinen an großen Leuten nicht fehlte, so war es leicht,<lb/> beiden Bedingungen nachzukommen. Der tapferste Soldat war also, wenn er<lb/> nicht die bestimmte Körperlänge hatte, zum Grenadier nicht geeignet. Uebrigens<lb/> drückte man auch gern ein Auge zu. wenn das Betragen eines Mannes tadel¬<lb/> haft, seine Länge jedoch besonders ungewöhnlich war. Man konnte sich doch<lb/> nicht eines so stattlichen Flügelmannes, welcher den Neid eines andern Regi«<lb/> mentschefs erregte, so leichthin berauben!</p><lb/> <p xml:id="ID_1098"> Natürlich waren auch die Grenadierbataillone nach der Nationalität ihrer<lb/> Regimenter sowohl ihrem Aeußern als ihrem innern Werthe nach verschieden.<lb/> Bei den östreichischen, italienischen, sowie den meisten ungarischen und polnischen<lb/> Regimentern bestanden die Grenadiercompagnien durchschnittlich aus nur mit¬<lb/> telgroßen Leuten und fielen darum weniger ins Auge, während das erste Glied<lb/> der Grenadiere mehrer böhmischen, der siebenbürgischen und illyrischen Regi¬<lb/> menter aus wahren Riesen zusammengesetzt war.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0392]
wenig mächtig waren, so daß sie bei aller ihrer persönlichen Tüchtigkeit ihre
Untergebenen nur sehr mangelhaft unterrichten konnten.
Endlich ist es unbestreitbar, daß die Mehrzahl der Italiener dem Militär¬
dienste, gleichviel ob unter fremder oder einheimischer Negierung, abgeneigt
ist. Der Italiener wird bei der Vertheidigung einer Barrikade, bei dem An¬
griff auf eine Batterie es an Tapferkeit vielleicht jedem Anderen gleichthun,
aber die Strapazen des Krieges und noch mehr die strenge Disciplin werden
ihm eine unerträgliche Last sein. Darum thaten auch in den letzten Kriegen
einige östreichisch-italienische Regimenter, welche man von allen revolutionären
Einwirkungen entfernt zu halten gewußt hatte, hier und da ihre Schuldigkeit
im vollen Maße, zumal wenn der Anführer es verstand, seine Soldaten im
rechten Augenblicke zu begeistern. Geschah dieses aber nicht und begannen die
Mühseligkeiten sich zu vermehren, war vielleicht gar Kälte und Hunger zu er¬
tragen und mußte der Rückzug angetreten werden, so siel die italienische Truppe
sicher in der kürzesten Zeit der Verzagtheit, der Dyssenterie und schließlich der
Desertion und Meuterei anheim, und weder Güte noch Strenge konnten eine
Aenderung herbeiführen, so daß nur eine vollständige Reorganisation das Uebel
von der Wurzel aus vertilgen konnte.
Die Grenadiere bildeten, wie bemerkt, die Elite jedes einzelnen Regiments
und wurden aus der Mannschaft desselben ergänzt, jedoch in eigene Bataillone
vereinigt. Sie waren jedoch keine Elitetruppe nach Art der französischen Garden,
sondern eher den Grenadieren des Königs Friedrich Wilhelm des Ersten zu
vergleichen. Die Körpergröße war das erste Erforderniß des Grenadiers. Es
wurde zwar auch eine gute Aufführung verlangt, und der Grenadier, welcher
sich eines gröberen Vergehens schuldig machte, unordentlich in seinem Anzüge
oder dem Trunke ergeben war, wurde sogleich zu den Füsilieren zurückversetzt;
aber da es im Allgemeinen an großen Leuten nicht fehlte, so war es leicht,
beiden Bedingungen nachzukommen. Der tapferste Soldat war also, wenn er
nicht die bestimmte Körperlänge hatte, zum Grenadier nicht geeignet. Uebrigens
drückte man auch gern ein Auge zu. wenn das Betragen eines Mannes tadel¬
haft, seine Länge jedoch besonders ungewöhnlich war. Man konnte sich doch
nicht eines so stattlichen Flügelmannes, welcher den Neid eines andern Regi«
mentschefs erregte, so leichthin berauben!
Natürlich waren auch die Grenadierbataillone nach der Nationalität ihrer
Regimenter sowohl ihrem Aeußern als ihrem innern Werthe nach verschieden.
Bei den östreichischen, italienischen, sowie den meisten ungarischen und polnischen
Regimentern bestanden die Grenadiercompagnien durchschnittlich aus nur mit¬
telgroßen Leuten und fielen darum weniger ins Auge, während das erste Glied
der Grenadiere mehrer böhmischen, der siebenbürgischen und illyrischen Regi¬
menter aus wahren Riesen zusammengesetzt war.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |