Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.Grundgedanken dahin bezeichnet, daß es ihm nur um die Mittel zu thun sei, Und doch ist es wieder eben diese Zwiespältigkeit seines Wesens, die ihn zu 41*
Grundgedanken dahin bezeichnet, daß es ihm nur um die Mittel zu thun sei, Und doch ist es wieder eben diese Zwiespältigkeit seines Wesens, die ihn zu 41*
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Grundgedanken dahin bezeichnet, daß es ihm nur um die Mittel zu thun sei,
die Nation zu erziehen, bis sie mit gleichen Rechten den übrigen Nationen an
die Seite trete, damit dann der Morgen anbrechen könne, der den freien unge¬
hemmten Verkehr aller Völker eröffne, Irren wir nicht, so witterten die heu¬
tigen Schutzzöllner, daß sie nichts Ungeschickteres thun könnten, als sich auf
ihren einstigen Vorkämpfer zu berufen. Für jedes Wort, das sie zu ihren
Zwecken aus ihrem Evangelium entlehnten, würden sie mit einem analogen von
derselben Autorität geschlagen. Es lag überhaupt etwas Zwiespältiges schon
in seinem ganzen Wesen, in seiner Persönlichkeit, und die Summe seines Lebens
zu ziehen ist selbst heute, nachdem siebzehn Jahre über seinem Grabe hingegan¬
gen sind, keine so einsacke Sache. Eine Reihe von Widersprüchen fand- sich
in ihm zusammen, die nicht zu harmonischer Ausgleichung zu gelangen ver¬
mochten, Widersprüche, welche von seiner ursprünglichen, Anlage, die mit dem
schroffen eigensinnigen Reichsstädter zugleich den selbstverläugnendcn patriotischen
Idealisten, einen weiten staatsmännischen Blick mit einseitigem Sichfestbohren
ins Einzelne verband, sich unschwer verfolgen lassen bis in die letzten Prin¬
cipien seiner Wirksamkeit; Widersprüche, die vielleicht mehr als der angebliche
Nichterfolg seiner Bestrebungen — denn im Ganzen kann von diesem doch
nicht die Rede sein — an der Zertrümmerung dieser riesigen Lebenskraft gear¬
beitet haben.
Und doch ist es wieder eben diese Zwiespältigkeit seines Wesens, die ihn zu
dem gemacht hat, was er mit Fug genannt werden darf, zu einem Reformator des
wirthschaftlichen Lebens unserer Nation. Allzueifrige Freunde haben ihn seiner¬
seits mir Luther verglichen. Wir nehmen den Vergleich, da er einmal gemacht
ist, auf; denn er enthält einen ganz richtigen Gesichtspunkt für Friedrich Lifts
Beurtheilung. Wie die historische Bedeutung des Mönchs aus Eisleben Nie¬
mand in seiner dogmatischen Polemik finden wird, und das großartige Denk¬
mal zu Worms nicht um deswillen ihm errichtet werden soll, weil er der
Urheber dieses oder jenes Glaubenssatzes war, so liegt auch die Bedeutung
unsers wirthschaftlichen Reformators nicht in seinen dogmatischen Verdiensten
um die Wissenschaft, nicht in den Theorien, in deren Kreis er sich schließlich
selber festbannte. Luthers Dogmen haben für uns nur noch historische Be¬
deutung, sie sind längst überholt durch neue Entwicklungen des Geistes, die
sich nicht darum kümmern, ob ein verknöcherter Buchstabendienst sie anerkennt
oder nicht. Aber eben diese neuen Entwicklungen zu begreifen als hervor¬
gegangen aus der großen Lebensthat des Reformators, die trotz den Schranken,
die sie augenblicklich sich selbst gesetzt, unendlich ist in der Reihe der Wirkungen,
die von ihr ausgehen, und einen Wendepunkt zweier Weltalter bezeichnet —
dies heißt dem Werke Luthers in seiner historischen Größe gerecht werden. Und
so sind denn Lifts nationalökonomische Theorien längst durch die Wissenschaft
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