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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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"deutsches Bewußtsein" von bedenklicher Vagheit. Seitdem ist die Einladung
des Kaisers Franz Joseph an unsre Fürsten zu einem Kongreß in Frankfurt
ergangen, und wir werden an der "zeitgemäßen Bundesreform", die dort vor-
genommen werden soll, innewerden, ob der hohe Redner gut unterrichtet war.
Bis dahin wird man wohlthun, es in Betreff des Herrn v. Reuse mit dem
sächsischen Abgeordneten Dr. Heyner zu halten, der, als ihm die Excellenz mit
der ihr eignen von den Landtagen her bekannten Eordialität nach ihrem Vor¬
trag die Hand auf die Schulter legte und sich erkundigte, wie die Rede ge¬
fallen, mit ebenfalls bekannter Biederbheit erwiderte: "Ja, Herr Minister, die
Worte waren recht schön, aber das Volk will Thaten sehen." Und was den
frankfurter Fürstentag angeht, so wird sich ohne Zweifel der Spruch an ihm
erfüllen: Selig sind, die nichts erwarten; denn sie sollen nicht getäuscht
werden.

Zu der Beschreibung des großen Festzugs vom Montag ist nachzutragen,
respective zu berichtigen, daß derselbe nach den Quartierlisten des Wohnungs¬
ausschusses und Mittheilungen über Anmeldungen, welche nach Schluß dieser
Listen eingingen, nahe an zweiundzwanzigtausend Mann stark war. Ferner,
daß die Turner des Auslandes durch vierundvierzig Theilnehmer am Zuge ver¬
treten waren, und daß außer den in unserm ersten Bericht genannten Ländern
auch England, Italien und selbst das ferne Australien einige Repräsentanten
bei der Feier hatten. Sodann bestätigt sich, was wir über die Betheiligung
der einzelnen deutschen Landschaften an dem Feste bemerkten, in allem Wesent¬
lichen. Nur die Zahl der Oestreicher hatten wir etwas zu niedrig, die der
Berliner um etwa ebensoviel zu hoch geschätzt. Die nachstehende Tabelle ent¬
hält das Nähere, Es waren vertreten die Turnkreise:

Sachsen,welchesimJuliv.I,27,917Turner zählte,durch 9,842Mann
Mitrclrhcin.18,895165
Bayern,14.103311
Thüringen,12,9162,324
Norden,11,454387
Niederrhein,10,958127
Oestreich,7,2021.271
Schwaben,6,93663
Schlesien, .6,705775
Nordosten,3,771296
Oberrhein,3,72421
Nieder weher,3,37175
Oberwcser,3.000V194

Pommern hatte 397, Brandenburg und die Provinz Sachsen 3,392 Theilneh¬
mer am Turnzuge gesandt. Berlin allein beinahe so viel als ganz Oestreich.

Nach Ankunft auf dem Festplatz begann sofort das vom Programm an-


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„deutsches Bewußtsein" von bedenklicher Vagheit. Seitdem ist die Einladung
des Kaisers Franz Joseph an unsre Fürsten zu einem Kongreß in Frankfurt
ergangen, und wir werden an der „zeitgemäßen Bundesreform", die dort vor-
genommen werden soll, innewerden, ob der hohe Redner gut unterrichtet war.
Bis dahin wird man wohlthun, es in Betreff des Herrn v. Reuse mit dem
sächsischen Abgeordneten Dr. Heyner zu halten, der, als ihm die Excellenz mit
der ihr eignen von den Landtagen her bekannten Eordialität nach ihrem Vor¬
trag die Hand auf die Schulter legte und sich erkundigte, wie die Rede ge¬
fallen, mit ebenfalls bekannter Biederbheit erwiderte: „Ja, Herr Minister, die
Worte waren recht schön, aber das Volk will Thaten sehen." Und was den
frankfurter Fürstentag angeht, so wird sich ohne Zweifel der Spruch an ihm
erfüllen: Selig sind, die nichts erwarten; denn sie sollen nicht getäuscht
werden.

Zu der Beschreibung des großen Festzugs vom Montag ist nachzutragen,
respective zu berichtigen, daß derselbe nach den Quartierlisten des Wohnungs¬
ausschusses und Mittheilungen über Anmeldungen, welche nach Schluß dieser
Listen eingingen, nahe an zweiundzwanzigtausend Mann stark war. Ferner,
daß die Turner des Auslandes durch vierundvierzig Theilnehmer am Zuge ver¬
treten waren, und daß außer den in unserm ersten Bericht genannten Ländern
auch England, Italien und selbst das ferne Australien einige Repräsentanten
bei der Feier hatten. Sodann bestätigt sich, was wir über die Betheiligung
der einzelnen deutschen Landschaften an dem Feste bemerkten, in allem Wesent¬
lichen. Nur die Zahl der Oestreicher hatten wir etwas zu niedrig, die der
Berliner um etwa ebensoviel zu hoch geschätzt. Die nachstehende Tabelle ent¬
hält das Nähere, Es waren vertreten die Turnkreise:

Sachsen,welchesimJuliv.I,27,917Turner zählte,durch 9,842Mann
Mitrclrhcin.18,895165
Bayern,14.103311
Thüringen,12,9162,324
Norden,11,454387
Niederrhein,10,958127
Oestreich,7,2021.271
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Nordosten,3,771296
Oberrhein,3,72421
Nieder weher,3,37175
Oberwcser,3.000V194

Pommern hatte 397, Brandenburg und die Provinz Sachsen 3,392 Theilneh¬
mer am Turnzuge gesandt. Berlin allein beinahe so viel als ganz Oestreich.

Nach Ankunft auf dem Festplatz begann sofort das vom Programm an-


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[0275] „deutsches Bewußtsein" von bedenklicher Vagheit. Seitdem ist die Einladung des Kaisers Franz Joseph an unsre Fürsten zu einem Kongreß in Frankfurt ergangen, und wir werden an der „zeitgemäßen Bundesreform", die dort vor- genommen werden soll, innewerden, ob der hohe Redner gut unterrichtet war. Bis dahin wird man wohlthun, es in Betreff des Herrn v. Reuse mit dem sächsischen Abgeordneten Dr. Heyner zu halten, der, als ihm die Excellenz mit der ihr eignen von den Landtagen her bekannten Eordialität nach ihrem Vor¬ trag die Hand auf die Schulter legte und sich erkundigte, wie die Rede ge¬ fallen, mit ebenfalls bekannter Biederbheit erwiderte: „Ja, Herr Minister, die Worte waren recht schön, aber das Volk will Thaten sehen." Und was den frankfurter Fürstentag angeht, so wird sich ohne Zweifel der Spruch an ihm erfüllen: Selig sind, die nichts erwarten; denn sie sollen nicht getäuscht werden. Zu der Beschreibung des großen Festzugs vom Montag ist nachzutragen, respective zu berichtigen, daß derselbe nach den Quartierlisten des Wohnungs¬ ausschusses und Mittheilungen über Anmeldungen, welche nach Schluß dieser Listen eingingen, nahe an zweiundzwanzigtausend Mann stark war. Ferner, daß die Turner des Auslandes durch vierundvierzig Theilnehmer am Zuge ver¬ treten waren, und daß außer den in unserm ersten Bericht genannten Ländern auch England, Italien und selbst das ferne Australien einige Repräsentanten bei der Feier hatten. Sodann bestätigt sich, was wir über die Betheiligung der einzelnen deutschen Landschaften an dem Feste bemerkten, in allem Wesent¬ lichen. Nur die Zahl der Oestreicher hatten wir etwas zu niedrig, die der Berliner um etwa ebensoviel zu hoch geschätzt. Die nachstehende Tabelle ent¬ hält das Nähere, Es waren vertreten die Turnkreise: Sachsen,welchesimJuliv.I,27,917Turner zählte,durch 9,842Mann Mitrclrhcin.18,895165 Bayern,14.103311 Thüringen,12,9162,324 Norden,11,454387 Niederrhein,10,958127 Oestreich,7,2021.271 Schwaben,6,93663 Schlesien, .6,705775 Nordosten,3,771296 Oberrhein,3,72421 Nieder weher,3,37175 Oberwcser,3.000V194 Pommern hatte 397, Brandenburg und die Provinz Sachsen 3,392 Theilneh¬ mer am Turnzuge gesandt. Berlin allein beinahe so viel als ganz Oestreich. Nach Ankunft auf dem Festplatz begann sofort das vom Programm an- 34"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/275>, abgerufen am 28.07.2024.