Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.Beachtung der bestehenden Gesetze den Vorbereitungen und Rüstungen für den Freilich nicht sür die Grenzkreise allein, sondern für die ganze Provinz Beachtung der bestehenden Gesetze den Vorbereitungen und Rüstungen für den Freilich nicht sür die Grenzkreise allein, sondern für die ganze Provinz <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0198" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/115588"/> <p xml:id="ID_521" prev="#ID_520"> Beachtung der bestehenden Gesetze den Vorbereitungen und Rüstungen für den<lb/> Aufruhr entgegenzutreten. Wir hören täglich Klagen über Ausschreitungen,<lb/> über Eingriffe des Militärs und der Polizei einerseits, über die Lauheir der<lb/> Gerichte andrerseits; Vieles daran ist übertrieben, fast Alles ungerecht und<lb/> dennoch subjectiv gerechtfertigt. Es liegt eben in den Verhältnissen. Das<lb/> Militär hat seine Garnison aufgegeben, die Compagnie stationirt in einer<lb/> kleinen Provinzialstadt — unter Entbehrungen, die sie gern trägt. Der Haupt¬<lb/> mann ist eifrig im Dienst, Nacht für Nacht ziehen starke Patrouillen, es werden<lb/> Gefangene eingebracht, und ehe noch die Soldaten sich von dem nächtlichen<lb/> Frost erholt haben, sind jene bereits entlassen, schlimmsten Falls mit Zwangs¬<lb/> paß in die Heimath dirigirt. Treffen sie dort nicht ein, so sind bei neuer Er¬<lb/> greifung „drei Tage" gerechtfertigt. Waffenconsiscationen müssen wieder auf¬<lb/> gehoben werden, wenn lange Untersuchungen ergeben, daß sie von auswärts<lb/> bestellt waren und das Grenzzollamt noch nicht erreicht hatten. Findet sich<lb/> eine inländische Person, wie bei der am 25. April in der Gegend von Klecko<lb/> erfolgten Aufhebung eines Waffentransports, compromittirt, so tritt, wie das<lb/> eben erfolgte Erkenntniß lehrt, Strafe von zehn bis fünfzehn Thalern ein.<lb/> So bemächtigt sich allmälig des Militärs und Gensdarmerie die dennoch nicht<lb/> begründete Vorstellung, sie arbeiteten ganz vergeblich, eine Ansicht, der sie bis¬<lb/> weilen in der freimüthigster Weise Ausdruck geben. Uebernehmer sie dasselbe<lb/> Individuum zum dritten Male aus russischen Händen als drüben ergriffen;<lb/> erleben sie es ferner, daß jede unhöfliche Begegnung, die ein gerade des Schrei¬<lb/> bens kundiger Pole von ihnen erfährt, sofort von polnischen und deutschen<lb/> Blättern sogar schön ausstaffirt berichtet wird, so ermüden sie, allmälig. Es<lb/> ist daher durchaus zu billigen, daß in der Behandlung der Zuzügler eine Aen¬<lb/> derung stattfinden und von nun an deren gerichtliche Verfolgung eintreten soll.<lb/> Vielleicht hilft das. Wo nicht, so wird die Behörde zusehen müssen, ob wei¬<lb/> tere Schritte nöthig seien. Die Posener Zeitung empfiehlt in No. 168 ganz<lb/> offen den Belagerungszustand für die Grenzkreise. Ob der Aufsatz inspirirt,<lb/> ob er ein Fühler auf die öffentliche Meinung sei, weiß ich nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_522" next="#ID_523"> Freilich nicht sür die Grenzkreise allein, sondern für die ganze Provinz<lb/> wäre der Ausnahmezustand erforderlich, wenn eine Nachricht aus Ur. 169 der<lb/> Posener Zeitung richtig wäre. Dieselbe lautet wörtlich: „Nawicz, 23. Juli.<lb/> Gestern hat sich hier ein Gerücht verbreitet, dessen Wahrheit ich nicht verbürgen<lb/> kann, das aber allgemein und so bestimmt auftritt, daß an ihm kaum zu zwei¬<lb/> feln ist. Am gestrigen Tage sollten fünf preußische Kürassiere auf ihrem Durch¬<lb/> marsch in Gostyn über Nacht aufgenommen werden. Als das von den dor¬<lb/> tigen polnischen Bewohnern verweigert wurde, traten deutsche und jüdische Bür¬<lb/> ger zusammen, um die Soldaten zu beherbergen. Hierdurch soll es unter<lb/> der gemischten Nationalität zu einem Conflict gekommen sein, wobei ein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0198]
Beachtung der bestehenden Gesetze den Vorbereitungen und Rüstungen für den
Aufruhr entgegenzutreten. Wir hören täglich Klagen über Ausschreitungen,
über Eingriffe des Militärs und der Polizei einerseits, über die Lauheir der
Gerichte andrerseits; Vieles daran ist übertrieben, fast Alles ungerecht und
dennoch subjectiv gerechtfertigt. Es liegt eben in den Verhältnissen. Das
Militär hat seine Garnison aufgegeben, die Compagnie stationirt in einer
kleinen Provinzialstadt — unter Entbehrungen, die sie gern trägt. Der Haupt¬
mann ist eifrig im Dienst, Nacht für Nacht ziehen starke Patrouillen, es werden
Gefangene eingebracht, und ehe noch die Soldaten sich von dem nächtlichen
Frost erholt haben, sind jene bereits entlassen, schlimmsten Falls mit Zwangs¬
paß in die Heimath dirigirt. Treffen sie dort nicht ein, so sind bei neuer Er¬
greifung „drei Tage" gerechtfertigt. Waffenconsiscationen müssen wieder auf¬
gehoben werden, wenn lange Untersuchungen ergeben, daß sie von auswärts
bestellt waren und das Grenzzollamt noch nicht erreicht hatten. Findet sich
eine inländische Person, wie bei der am 25. April in der Gegend von Klecko
erfolgten Aufhebung eines Waffentransports, compromittirt, so tritt, wie das
eben erfolgte Erkenntniß lehrt, Strafe von zehn bis fünfzehn Thalern ein.
So bemächtigt sich allmälig des Militärs und Gensdarmerie die dennoch nicht
begründete Vorstellung, sie arbeiteten ganz vergeblich, eine Ansicht, der sie bis¬
weilen in der freimüthigster Weise Ausdruck geben. Uebernehmer sie dasselbe
Individuum zum dritten Male aus russischen Händen als drüben ergriffen;
erleben sie es ferner, daß jede unhöfliche Begegnung, die ein gerade des Schrei¬
bens kundiger Pole von ihnen erfährt, sofort von polnischen und deutschen
Blättern sogar schön ausstaffirt berichtet wird, so ermüden sie, allmälig. Es
ist daher durchaus zu billigen, daß in der Behandlung der Zuzügler eine Aen¬
derung stattfinden und von nun an deren gerichtliche Verfolgung eintreten soll.
Vielleicht hilft das. Wo nicht, so wird die Behörde zusehen müssen, ob wei¬
tere Schritte nöthig seien. Die Posener Zeitung empfiehlt in No. 168 ganz
offen den Belagerungszustand für die Grenzkreise. Ob der Aufsatz inspirirt,
ob er ein Fühler auf die öffentliche Meinung sei, weiß ich nicht.
Freilich nicht sür die Grenzkreise allein, sondern für die ganze Provinz
wäre der Ausnahmezustand erforderlich, wenn eine Nachricht aus Ur. 169 der
Posener Zeitung richtig wäre. Dieselbe lautet wörtlich: „Nawicz, 23. Juli.
Gestern hat sich hier ein Gerücht verbreitet, dessen Wahrheit ich nicht verbürgen
kann, das aber allgemein und so bestimmt auftritt, daß an ihm kaum zu zwei¬
feln ist. Am gestrigen Tage sollten fünf preußische Kürassiere auf ihrem Durch¬
marsch in Gostyn über Nacht aufgenommen werden. Als das von den dor¬
tigen polnischen Bewohnern verweigert wurde, traten deutsche und jüdische Bür¬
ger zusammen, um die Soldaten zu beherbergen. Hierdurch soll es unter
der gemischten Nationalität zu einem Conflict gekommen sein, wobei ein
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |