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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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diplomatische Manöver, in denen er den besten Theil seiner Kraft verbrauchte.
Es war ein unglückliches, aber kein müßiges Spiel, was er trieb. Denn es
hatte seine Rechtfertigung in der Nothwendigkeit, den drohenden Kampf mit dem
Papstthum zu umgehen oder auf dem Boden der weltlichen Politik auszufech-
ten. Es gelang nicht. Die Scheu vor seiner großen Macht isolirte ihn in¬
mitten aller derer, die in guten Tagen ihm zur Seite gestanden hatten.
Nichtsdestoweniger fand Rom einen entschlossenen Gegner in ihm. .Zur Tilgung
der Ketzerei in Böhmen, auf deren behaupteter Anerkennung sein Königthum
fußte, schleuderte die Curie den Bann zunächst aus ihn allein. Das Verdict
des charakterlosen Pius war ein kalter Schlag; erst Paul des Zweiten brutaler
Rigorismus zündete, und zwar schlug er in die gefährlichsten Minen ein. Von
dem zu philiströser Engherzigkeit verirrten, aber unbesiegbaren antiböhmischcn
Instinkte der Schlesier, namentlich des mächtigen Breslau untersticht, erhob sich
die infamste Adelsverschwörung zu offener Revolution, als die päpstliche Politik
ihr den Deckmantel des orthodoxen Eifers lieh. König Georg kämpfte im
Einzelnen glücklich; aber im Ganzen ohne Erfolg. Denn mit dem alten Feinde,
der dem Staate als solchem den Vernichtungskampf angekündigt, war kein
Friede möglich und der Sieg ungeheuer erschwert,' seitdem er die Waffen eines
grimmigen äußeren Feindes, des Ungarnkönigs Matias Corvinus in sein Inter¬
esse gezogen. Dadurch und infolge der Neutralität der einen und die Feind¬
seligkeit der anderen deutschen Fürsten wurde Böhmen von neuem isolirt und
lehnte sich naturnothwendig in den großen Zusammenhang der national-sla¬
vischen Interessen zurück. Georg, vom böhmischen nicht blos, sondern auch vom
deutschen Volke, soweit es ihn kannte, verehrt, von deutschen Patrioten, wie
Heimburg, gefeiert und gestützt, ist untergegangen als ein Märtyrer seiner
religiösen Ueberzeugung und seiner politischen Einsicht, als ein Opfer des
Fluches, der seit dem constanzer Concil nachwirkte in dem Verhältnisse zwischen
Böhmen und Deutschland.

Sein Erbe im Reich ist der polnische Jagiellone geworden. Unter ihm
beginnt neben der aufrecht erhaltenen Tote.ranz die Herrschaft des ausartenden
Feudalismus.

Mit der Darstellung von König Georgs Regierung (1471) schließt in dem
zweiten Theile des vierten Bandes Palackys Werk vorläufig ab. Wir wünschen
aufrichtig, daß die Hoffnung sich erfüllen möge, ihn seine große Arbeit noch bis zur
Katastrophe des siebzehnten Jahrhunderts weiterführen zu sehen. Er bat über der
Vollendung der letzten Bände, namentlich bei der Bearbeitung der hussitischen Pe¬
riode, Erfahrungen machen müssen, die an Herbigkeit alle die anderen, welche ihm
seine Thätigkeit vergällt haben, noch übertreffen. Denn er begegnete unter seinen
eigenen Landsleuten unsauberen Geistern > die sich nicht entblödeten, den wun¬
derbarsten Mann> den Böhmen geboren, und die Großthat seiner Geschichte


diplomatische Manöver, in denen er den besten Theil seiner Kraft verbrauchte.
Es war ein unglückliches, aber kein müßiges Spiel, was er trieb. Denn es
hatte seine Rechtfertigung in der Nothwendigkeit, den drohenden Kampf mit dem
Papstthum zu umgehen oder auf dem Boden der weltlichen Politik auszufech-
ten. Es gelang nicht. Die Scheu vor seiner großen Macht isolirte ihn in¬
mitten aller derer, die in guten Tagen ihm zur Seite gestanden hatten.
Nichtsdestoweniger fand Rom einen entschlossenen Gegner in ihm. .Zur Tilgung
der Ketzerei in Böhmen, auf deren behaupteter Anerkennung sein Königthum
fußte, schleuderte die Curie den Bann zunächst aus ihn allein. Das Verdict
des charakterlosen Pius war ein kalter Schlag; erst Paul des Zweiten brutaler
Rigorismus zündete, und zwar schlug er in die gefährlichsten Minen ein. Von
dem zu philiströser Engherzigkeit verirrten, aber unbesiegbaren antiböhmischcn
Instinkte der Schlesier, namentlich des mächtigen Breslau untersticht, erhob sich
die infamste Adelsverschwörung zu offener Revolution, als die päpstliche Politik
ihr den Deckmantel des orthodoxen Eifers lieh. König Georg kämpfte im
Einzelnen glücklich; aber im Ganzen ohne Erfolg. Denn mit dem alten Feinde,
der dem Staate als solchem den Vernichtungskampf angekündigt, war kein
Friede möglich und der Sieg ungeheuer erschwert,' seitdem er die Waffen eines
grimmigen äußeren Feindes, des Ungarnkönigs Matias Corvinus in sein Inter¬
esse gezogen. Dadurch und infolge der Neutralität der einen und die Feind¬
seligkeit der anderen deutschen Fürsten wurde Böhmen von neuem isolirt und
lehnte sich naturnothwendig in den großen Zusammenhang der national-sla¬
vischen Interessen zurück. Georg, vom böhmischen nicht blos, sondern auch vom
deutschen Volke, soweit es ihn kannte, verehrt, von deutschen Patrioten, wie
Heimburg, gefeiert und gestützt, ist untergegangen als ein Märtyrer seiner
religiösen Ueberzeugung und seiner politischen Einsicht, als ein Opfer des
Fluches, der seit dem constanzer Concil nachwirkte in dem Verhältnisse zwischen
Böhmen und Deutschland.

Sein Erbe im Reich ist der polnische Jagiellone geworden. Unter ihm
beginnt neben der aufrecht erhaltenen Tote.ranz die Herrschaft des ausartenden
Feudalismus.

Mit der Darstellung von König Georgs Regierung (1471) schließt in dem
zweiten Theile des vierten Bandes Palackys Werk vorläufig ab. Wir wünschen
aufrichtig, daß die Hoffnung sich erfüllen möge, ihn seine große Arbeit noch bis zur
Katastrophe des siebzehnten Jahrhunderts weiterführen zu sehen. Er bat über der
Vollendung der letzten Bände, namentlich bei der Bearbeitung der hussitischen Pe¬
riode, Erfahrungen machen müssen, die an Herbigkeit alle die anderen, welche ihm
seine Thätigkeit vergällt haben, noch übertreffen. Denn er begegnete unter seinen
eigenen Landsleuten unsauberen Geistern > die sich nicht entblödeten, den wun¬
derbarsten Mann> den Böhmen geboren, und die Großthat seiner Geschichte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/194>, abgerufen am 22.12.2024.