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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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der jeden Soldaten durchdrungen muß, an -- sind schon aus Ehrgeiz muthiger
und unerschrockener, als die Söhne der arbeitenden Classen. Wer von diesen
jungen Soldaten nicht binnen Kurzem Rottenführer und Aspirant werden kann,
der bringt es sicherlich im bürgerlichen Leben, im Staatsdienst, nie zu etwas
Tüchtigen und Brauchbaren. Selbst wenn dereinst Dorf- und Stadtschulen das
sind, was sie sein konnten, und sollten, wie in der Schweiz die Vorschule der
Wehrpflichtigen, in der Turnen, Exerciren, Evoliren, die Kenntniß der Signale
und der Mehrzahl der Commando's, geübt und gelehrt wird / so wird der
Unterschied der Stände an Bildung und Befähigung dennoch nicht gänzlich
verschwinden.

Die Söhne der arbeitenden Classen brauchen im Regimente nicht für ihren
Lebensunterhalt zu arbeiten, werden besser gekleidet und ernährt als zu Hause,
und erwerben sich namentlich nicht nur in den Handwerkercompagnien, in den
Pionier-, Sappeur- und Pontonnierabtheilungen, sondern auch in der Artillerie
und Reiterei, selbst in der Infanterie. Kenntnisse und Erfahrungen, die ihnen
in der Folge von Nutzen sind. In welche der verschiedenen Waffengattungen
sie auch eintreten, sie gewöhnen sich an Reinlichkeit, Ordnung. Gehorsam, wer¬
den durch den Umgang mit gebildeten jungen Männern selbst gebildeter, ihr
Selbstgefühl wird gehoben, keineswegs unterdrückt, und nach vollendeter Dienst¬
zeit treten sie kräftiger und befähigter zurück zu ihrem früheren Erwerbe. Mithin
ist es keine Ungerechtigkeit, wenn von ihnen eine längere Dienstzeit gefordert
wird, als von den oben genannten jungen Männern.

Den hier ausgesprochenen Grundsätzen gemäß wäre die gesammte zwanzig¬
jährige Mannschaft in drei Classen einzutheilen. Jeder junge Mann hat
bei der Session anzugeben, welcher dieser Classen er beigezählt zu werden
wünscht. Unter den zur dritten Classe sich Meldenden haben alle diejenigen,
die Anspruch darauf machen, dereinst in den Staats- oder Gemeindedienst
zu treten, sich anzumelden^, um, ohne zu loofen, in die Listen eingetragen zu
werden.

Erste Classe. Sie enthält diejenigen jungen Männer, die, freiwillig Dienst
nehmen, ohne Sold und Equipirung dienen und nur bei Concentrationen und
größeren Uebungen der Regimenter außerhalb der Garnison, Lebensmittel und
Rationen fassen. Sie wählen die Waffe und das Regiment, in die sie
eintreten wollen. Der freiwillige Reiter stellt und unterhält das eigene Pferd,
da" vom Regiment als dicnsttüchtig angenommen sein muß. Dienstzeit: ein
Jahr, die Schulzeit nicht einbegriffen. In der Landwehr zwei Jahre, wenn
thunlich als Aspirant der Unteroffizier- oder Offizierclassen, je nach Fähigkeit
und Tüchtigkeit.

Zweite Classe. Die Freiwilligen haben sich in der Reiterei und der In¬
fanterie selbst zu equipiren, erhalten Sold, Portionen und Rationen, können


der jeden Soldaten durchdrungen muß, an — sind schon aus Ehrgeiz muthiger
und unerschrockener, als die Söhne der arbeitenden Classen. Wer von diesen
jungen Soldaten nicht binnen Kurzem Rottenführer und Aspirant werden kann,
der bringt es sicherlich im bürgerlichen Leben, im Staatsdienst, nie zu etwas
Tüchtigen und Brauchbaren. Selbst wenn dereinst Dorf- und Stadtschulen das
sind, was sie sein konnten, und sollten, wie in der Schweiz die Vorschule der
Wehrpflichtigen, in der Turnen, Exerciren, Evoliren, die Kenntniß der Signale
und der Mehrzahl der Commando's, geübt und gelehrt wird / so wird der
Unterschied der Stände an Bildung und Befähigung dennoch nicht gänzlich
verschwinden.

Die Söhne der arbeitenden Classen brauchen im Regimente nicht für ihren
Lebensunterhalt zu arbeiten, werden besser gekleidet und ernährt als zu Hause,
und erwerben sich namentlich nicht nur in den Handwerkercompagnien, in den
Pionier-, Sappeur- und Pontonnierabtheilungen, sondern auch in der Artillerie
und Reiterei, selbst in der Infanterie. Kenntnisse und Erfahrungen, die ihnen
in der Folge von Nutzen sind. In welche der verschiedenen Waffengattungen
sie auch eintreten, sie gewöhnen sich an Reinlichkeit, Ordnung. Gehorsam, wer¬
den durch den Umgang mit gebildeten jungen Männern selbst gebildeter, ihr
Selbstgefühl wird gehoben, keineswegs unterdrückt, und nach vollendeter Dienst¬
zeit treten sie kräftiger und befähigter zurück zu ihrem früheren Erwerbe. Mithin
ist es keine Ungerechtigkeit, wenn von ihnen eine längere Dienstzeit gefordert
wird, als von den oben genannten jungen Männern.

Den hier ausgesprochenen Grundsätzen gemäß wäre die gesammte zwanzig¬
jährige Mannschaft in drei Classen einzutheilen. Jeder junge Mann hat
bei der Session anzugeben, welcher dieser Classen er beigezählt zu werden
wünscht. Unter den zur dritten Classe sich Meldenden haben alle diejenigen,
die Anspruch darauf machen, dereinst in den Staats- oder Gemeindedienst
zu treten, sich anzumelden^, um, ohne zu loofen, in die Listen eingetragen zu
werden.

Erste Classe. Sie enthält diejenigen jungen Männer, die, freiwillig Dienst
nehmen, ohne Sold und Equipirung dienen und nur bei Concentrationen und
größeren Uebungen der Regimenter außerhalb der Garnison, Lebensmittel und
Rationen fassen. Sie wählen die Waffe und das Regiment, in die sie
eintreten wollen. Der freiwillige Reiter stellt und unterhält das eigene Pferd,
da« vom Regiment als dicnsttüchtig angenommen sein muß. Dienstzeit: ein
Jahr, die Schulzeit nicht einbegriffen. In der Landwehr zwei Jahre, wenn
thunlich als Aspirant der Unteroffizier- oder Offizierclassen, je nach Fähigkeit
und Tüchtigkeit.

Zweite Classe. Die Freiwilligen haben sich in der Reiterei und der In¬
fanterie selbst zu equipiren, erhalten Sold, Portionen und Rationen, können


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/461>, abgerufen am 28.08.2024.