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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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vermehren wolle, oder heute festsetzen zu wollen, was nach mehren Jahren
geschehen solle.

Diejenigen, welche im vorigen Jahre für die Verstärkung der preußischen
und deutschen Flotte Beiträge zeichneten, sind nicht so ängstlich, wie die preu¬
ßische Maiinecommission gewesen. Dieselben haben nicht erst gefragt, wie
man das Geld nach vielen Jahren verwenden wolle, sondern nur, ob jetzt
eine preußische Flotte nothwendig sei und ob die Regierung eine solche grün¬
den wolle.

Ein andrer Grund lautet: "Die in Aussicht gestellten Summen könne Preu¬
ßen allein nicht aufbringen/'

Es handelt sich um etwa fünf Millionen jährlich, welche während sieben
Jahren berstellig zu machen sein werden. Wenn freilich Preußen zu arm wäre,
um für seine Nativnalvertheidigung allein zu sorgen, wenn es in jetziger Zeit
Handel und Sckifffahrt, aber keine Kriegsflotte haben wollte, dann würde es
nicht nur der Stellung einer Großmacht, sondern schließlich der eines unabhän¬
gigen Staates entsagen müssen und würde besser thun, seine Küsten unter frem¬
den Schutz zu stellen. Wir glauben indeß nicht, daß das Ehrgefühl des preu¬
ßischen Volks sich mit jener, den Feinden Preußens ohne Zweifel sehr erfreulichen
Ohnmachtserklärung in Einklang finden wird, und glauben, daß Preußen,
welches halb so groß und verhältnißmäßig ebenso reich als Frankreich, ohne
Beschwerde für seine Marine ein Fünftel Desjenigen verwenden könne, was
Frankreich dafür ausgibt.

"Die Regierung," heißt es weiter, "verweise zur Deckung der künftigen
Marinebedürfnifse auf einzubringende Steuervorlagen, nicht aber auf eine
Anleihe."

Die Negierung hat für das erste Jahr zur Deckung die Mittel des Staats¬
schatzes angegeben, ist also für die Frage, die jetzt vorliegt, in dieser Hinsicht
mit der Commission im Einklang. Wenn die Regierung aber in Zukunft es
zu vermeiden wünscht, die Staatsschuld ohne dringende Noth zu vermehren,
so werden sich wenige Kenner des Finanzwesens in Europa finden, welche diese
Rückkehr zu der in der Manteuffelschen Periode leider aufgegebenen altpreußi¬
schen Finanzpolitik nicht billigen werden. Schulden zu machen ist freilich po¬
pulärer als Steuern zu bewilligen, indeß besser ist es nicht. Sollte der
Finanzzustand des Landes in den künftigen Jcchren nicht gestatten, Steuern für
alle Marinebedürfnisse zu bewilligen, so hat das preußische Abgeordnetenhaus
es noch immer in seiner Macht, Steuervorlagen abzulehnen und die Regierung
dadurch zu nöthigen, durch eine Anleihe wenigstens einen Theil der Bedürnisse
zu decken und die Last über mehre Jahre zu vertheilen.

Das^ sind indeß überhaupt Fragen der Zukunft.

Für die erste Rate sind die Deckungsmittel im Staatsschatze bereit, das


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vermehren wolle, oder heute festsetzen zu wollen, was nach mehren Jahren
geschehen solle.

Diejenigen, welche im vorigen Jahre für die Verstärkung der preußischen
und deutschen Flotte Beiträge zeichneten, sind nicht so ängstlich, wie die preu¬
ßische Maiinecommission gewesen. Dieselben haben nicht erst gefragt, wie
man das Geld nach vielen Jahren verwenden wolle, sondern nur, ob jetzt
eine preußische Flotte nothwendig sei und ob die Regierung eine solche grün¬
den wolle.

Ein andrer Grund lautet: „Die in Aussicht gestellten Summen könne Preu¬
ßen allein nicht aufbringen/'

Es handelt sich um etwa fünf Millionen jährlich, welche während sieben
Jahren berstellig zu machen sein werden. Wenn freilich Preußen zu arm wäre,
um für seine Nativnalvertheidigung allein zu sorgen, wenn es in jetziger Zeit
Handel und Sckifffahrt, aber keine Kriegsflotte haben wollte, dann würde es
nicht nur der Stellung einer Großmacht, sondern schließlich der eines unabhän¬
gigen Staates entsagen müssen und würde besser thun, seine Küsten unter frem¬
den Schutz zu stellen. Wir glauben indeß nicht, daß das Ehrgefühl des preu¬
ßischen Volks sich mit jener, den Feinden Preußens ohne Zweifel sehr erfreulichen
Ohnmachtserklärung in Einklang finden wird, und glauben, daß Preußen,
welches halb so groß und verhältnißmäßig ebenso reich als Frankreich, ohne
Beschwerde für seine Marine ein Fünftel Desjenigen verwenden könne, was
Frankreich dafür ausgibt.

„Die Regierung," heißt es weiter, „verweise zur Deckung der künftigen
Marinebedürfnifse auf einzubringende Steuervorlagen, nicht aber auf eine
Anleihe."

Die Negierung hat für das erste Jahr zur Deckung die Mittel des Staats¬
schatzes angegeben, ist also für die Frage, die jetzt vorliegt, in dieser Hinsicht
mit der Commission im Einklang. Wenn die Regierung aber in Zukunft es
zu vermeiden wünscht, die Staatsschuld ohne dringende Noth zu vermehren,
so werden sich wenige Kenner des Finanzwesens in Europa finden, welche diese
Rückkehr zu der in der Manteuffelschen Periode leider aufgegebenen altpreußi¬
schen Finanzpolitik nicht billigen werden. Schulden zu machen ist freilich po¬
pulärer als Steuern zu bewilligen, indeß besser ist es nicht. Sollte der
Finanzzustand des Landes in den künftigen Jcchren nicht gestatten, Steuern für
alle Marinebedürfnisse zu bewilligen, so hat das preußische Abgeordnetenhaus
es noch immer in seiner Macht, Steuervorlagen abzulehnen und die Regierung
dadurch zu nöthigen, durch eine Anleihe wenigstens einen Theil der Bedürnisse
zu decken und die Last über mehre Jahre zu vertheilen.

Das^ sind indeß überhaupt Fragen der Zukunft.

Für die erste Rate sind die Deckungsmittel im Staatsschatze bereit, das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/419>, abgerufen am 01.07.2024.