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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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zu machen. Dieselbe ist durch die Borlage von "leitenden Grundsätzen für die
Entwicklung der Kriegsmarine" motivirt, welche zeigen, in welcher Weise die
Regierung innerhalb sieben Jahren die Flotte und die Hasen aus einen Stand
zu bringen denkt, der Preußen im Kampfe mit kleineren Seemächten, nament¬
lich aber mit Dänemark das Uebergewicht sichern würde.

In Betreff der Deckungsmittel ist für die erste Rate auf den Staatsschatz
verwiesen.

Wenn man den Zeitungsberichten über die Cvmmissionssitzungcn Glauben
schenken darf, so stellt man jener Forderung im Wesentlichen Gründe entgegen,
welche kaum ernsthaft gemeint sein werden. Wir wollen heute wenigstens
einige dieser Gründe erwähnen.

Leitende Grundsätze, sagt man, nach denen das Ministerium künstig die
Marine entwickeln wolle, genügten nicht, sondern ein Gründungsplan müsse
vorliegen, und dieser müsse dann bindend festgestellt werden.

Schwerlich ist es den Herren ganz klar, daß die bindende Feststellung
des Gründungsplans einer Marine ein vollkommnes Ding der Unmöglichkeit,
und auch noch in keinem europäischen Lande versucht ist. Die Fortschritte der
Marinetechnik kehren sich sehr wenig an die Lucubrationen der Bureaukratie,
und die parlamentarische Versammlung sollte am wenigsten von der Fixirung
bureaukratischcr Phantasien die Vertheidigungsmittel des Landes abhängig ma¬
chen. Jeder Gründungsplan ist heute eine solche Phantasie. Man sehe auf
England, wo man weder die neue Schraubenflvtte auf Grund einer bureau¬
kratischen Vorlage gegründet bat, noch jetzt die Panzerschiffflotte auf solcher Ba¬
sis gründet. Man sehe auf Dänemark, wo man in diesem Jahre dem Marine¬
ministerium außerordentliche Mittel für Panzerschiffe zur Verfügung stellte,
obwohl dasselbe sich positiv weigerte, irgend eine Verpflichtung für das einzu¬
schlagende System zu übernehmen. Wo man im letzten Jahrzehnt Gründungs¬
pläne ausstellte, z. B. 1857 in Frankreich, sind dieselben längst in den Papier¬
korb gewandert.

Die Hauptsache ist, daß Preußen u ut Deutsch l a n d schleunigsteine
Flotte und zwar jetzt eine Flotte von Panzerschiffen erhalten. Wie
dieselben gebaut werden, ist Sache der Executive, wie viele Schiffe nach zehn Jah¬
ren vorhanden sein sollen, hängt nicht von dem Urtheil der Gegenwart ab, sondern
von den Bedürfnissen, wie sie sich in der Zukunft darstellen werden. In diesem
Sinne ist man bisher in England und überall Verfahren, wo die Gründung einer
neuen Marine mit Ernst betrieben worden ist, und nach dem heutigen Stande
der Technik läßt sich nicht anders verfahren. Selbst im englischen Parlamente,
welches frühere Marineminister, Mitglieder der Admiralität und Seeoffiziere,
d. h. Autoritäten im Seewesen, enthält, hat man stets alle Versuche zurück- -
gewiesen, die Regierung in der Art und Weise zu binden, wie sie die Flotte


zu machen. Dieselbe ist durch die Borlage von „leitenden Grundsätzen für die
Entwicklung der Kriegsmarine" motivirt, welche zeigen, in welcher Weise die
Regierung innerhalb sieben Jahren die Flotte und die Hasen aus einen Stand
zu bringen denkt, der Preußen im Kampfe mit kleineren Seemächten, nament¬
lich aber mit Dänemark das Uebergewicht sichern würde.

In Betreff der Deckungsmittel ist für die erste Rate auf den Staatsschatz
verwiesen.

Wenn man den Zeitungsberichten über die Cvmmissionssitzungcn Glauben
schenken darf, so stellt man jener Forderung im Wesentlichen Gründe entgegen,
welche kaum ernsthaft gemeint sein werden. Wir wollen heute wenigstens
einige dieser Gründe erwähnen.

Leitende Grundsätze, sagt man, nach denen das Ministerium künstig die
Marine entwickeln wolle, genügten nicht, sondern ein Gründungsplan müsse
vorliegen, und dieser müsse dann bindend festgestellt werden.

Schwerlich ist es den Herren ganz klar, daß die bindende Feststellung
des Gründungsplans einer Marine ein vollkommnes Ding der Unmöglichkeit,
und auch noch in keinem europäischen Lande versucht ist. Die Fortschritte der
Marinetechnik kehren sich sehr wenig an die Lucubrationen der Bureaukratie,
und die parlamentarische Versammlung sollte am wenigsten von der Fixirung
bureaukratischcr Phantasien die Vertheidigungsmittel des Landes abhängig ma¬
chen. Jeder Gründungsplan ist heute eine solche Phantasie. Man sehe auf
England, wo man weder die neue Schraubenflvtte auf Grund einer bureau¬
kratischen Vorlage gegründet bat, noch jetzt die Panzerschiffflotte auf solcher Ba¬
sis gründet. Man sehe auf Dänemark, wo man in diesem Jahre dem Marine¬
ministerium außerordentliche Mittel für Panzerschiffe zur Verfügung stellte,
obwohl dasselbe sich positiv weigerte, irgend eine Verpflichtung für das einzu¬
schlagende System zu übernehmen. Wo man im letzten Jahrzehnt Gründungs¬
pläne ausstellte, z. B. 1857 in Frankreich, sind dieselben längst in den Papier¬
korb gewandert.

Die Hauptsache ist, daß Preußen u ut Deutsch l a n d schleunigsteine
Flotte und zwar jetzt eine Flotte von Panzerschiffen erhalten. Wie
dieselben gebaut werden, ist Sache der Executive, wie viele Schiffe nach zehn Jah¬
ren vorhanden sein sollen, hängt nicht von dem Urtheil der Gegenwart ab, sondern
von den Bedürfnissen, wie sie sich in der Zukunft darstellen werden. In diesem
Sinne ist man bisher in England und überall Verfahren, wo die Gründung einer
neuen Marine mit Ernst betrieben worden ist, und nach dem heutigen Stande
der Technik läßt sich nicht anders verfahren. Selbst im englischen Parlamente,
welches frühere Marineminister, Mitglieder der Admiralität und Seeoffiziere,
d. h. Autoritäten im Seewesen, enthält, hat man stets alle Versuche zurück- -
gewiesen, die Regierung in der Art und Weise zu binden, wie sie die Flotte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/418>, abgerufen am 29.06.2024.