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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Palast des Fürsten Biscari mit seinen Sammlungen auszeichnet. Sehr statt¬
lich ist der gewaltige Elephantenplatz, so bezeichnet nach dem großen aus einem
Lavablock gehauenen Elephanten, der ihn schmückt.

Auch an interessanten Alterthümern fehlt es der uralten Stadt nicht. Um
die Mitte des achten Jahrhunderts vor Christus von Griechen, die aus Naxos
kamen, gegründet, gehörte Katana, wie die Stadt damals hieß, schon vor der
Zeit der Perserkriege zu den blühendsten Städten Siciliens. Später von dem
ersten Dionys zerstört, erhob sie sich unter der Herrschaft der Römer abermals
zu hohem Wohlstand. Im Mittelalter litt sie sehr durch die Einbrüche erst
der Gothen. dann der Vandalen, zuletzt der Araber und noch mehr durch
die Angriffe, die ihr furchtbarer Nachbar, der Aetna, auf sie machte, und
die sich bis in die neueste Zeit wiederholten. Der früher sehr gute Hafen
Catania's wurde durch Lavaströme verschüttet, der Molo großentheils zerstört,
und so gibt es jetzt hier nur eine offne, von einem kleinen Fort vertheidigte
Rhede. Die Stadt selbst wurde durch den Vulkan nicht weniger als viermal in
einen Trümmerhaufen verwandelt, aber ihre herrliche Lage und ihre überaus frucht¬
bare Umgebung ließen sie stets von Neuem aus den Ruinen wieder erstehen. So
erklärt sich das moderne Aeußere der Stadt, die fast so alt wie Rom ist. Jene Reste
des Alterthums aber, die aus der Römerzeit stammen, bestehen aus den mehr
oder minder gut erhaltenen Ruinen einer Wasserleitung und einer Naumachie,
ferner aus einem Cerestempel, Bädern, einem Odeum und einem Theater, vor
allem aber aus einem der größten Amphitheater, welche vom Alterthum auf
uns gekommen sind. Daß diese antiken Baudenkmale unter den Lavamassen,
die wie ein zackiges Gebirge vom Monte Rosso hinab zwischen Häusern und
Gärten hindurch bis zum Hafen hinüber gehen, wieder sichtbar geworden sind,
verdankt die Stadt" den Bemühungen des Fürsten Biscari, der einen großen
Theil seines beträchtlichen Vermögens zu diesem Zweck verwandte.

Der Menschenschlag in Catania ist schön, und namentlich machen die hoch¬
gewachsenen Frauen der Stadt und ihrer Umgebung in ihrer ernsten schwarzen
Seidentracht einen sehr angenehmen Eindruck. Die Männer unterscheiden
sich durch kräftigen Bau und Adel der Gesichtszüge ebenso wesentlich von den
Bewohnern des Südens und der Mitte Siciliens wie ihr reiches wohlcultivirtes
Land von jenen öden und vernachlässigten Hochebenen und Thälern. Selten
trifft man Bettler, überall mehr oder minder geistige Regsamkeit, allenthalben
erfreut das Volk durch artiges, feines Auftreten, wie man es unter den Halb¬
barbaren der Südküste vergeblich suchen würde.

Wir bemerken noch, daß Catania der Sitz eines Erzbischofs, eines Gro߬
priors des Malteserordens und mehrer Obergerichte ist, und daß sich hier eine
Universität, eine Kunstakademie, eine öffentliche Bibliothek und ein Museum
sowie verschiedene andere der Pflege der Wissenschaft gewidmete Anstalten be-


Palast des Fürsten Biscari mit seinen Sammlungen auszeichnet. Sehr statt¬
lich ist der gewaltige Elephantenplatz, so bezeichnet nach dem großen aus einem
Lavablock gehauenen Elephanten, der ihn schmückt.

Auch an interessanten Alterthümern fehlt es der uralten Stadt nicht. Um
die Mitte des achten Jahrhunderts vor Christus von Griechen, die aus Naxos
kamen, gegründet, gehörte Katana, wie die Stadt damals hieß, schon vor der
Zeit der Perserkriege zu den blühendsten Städten Siciliens. Später von dem
ersten Dionys zerstört, erhob sie sich unter der Herrschaft der Römer abermals
zu hohem Wohlstand. Im Mittelalter litt sie sehr durch die Einbrüche erst
der Gothen. dann der Vandalen, zuletzt der Araber und noch mehr durch
die Angriffe, die ihr furchtbarer Nachbar, der Aetna, auf sie machte, und
die sich bis in die neueste Zeit wiederholten. Der früher sehr gute Hafen
Catania's wurde durch Lavaströme verschüttet, der Molo großentheils zerstört,
und so gibt es jetzt hier nur eine offne, von einem kleinen Fort vertheidigte
Rhede. Die Stadt selbst wurde durch den Vulkan nicht weniger als viermal in
einen Trümmerhaufen verwandelt, aber ihre herrliche Lage und ihre überaus frucht¬
bare Umgebung ließen sie stets von Neuem aus den Ruinen wieder erstehen. So
erklärt sich das moderne Aeußere der Stadt, die fast so alt wie Rom ist. Jene Reste
des Alterthums aber, die aus der Römerzeit stammen, bestehen aus den mehr
oder minder gut erhaltenen Ruinen einer Wasserleitung und einer Naumachie,
ferner aus einem Cerestempel, Bädern, einem Odeum und einem Theater, vor
allem aber aus einem der größten Amphitheater, welche vom Alterthum auf
uns gekommen sind. Daß diese antiken Baudenkmale unter den Lavamassen,
die wie ein zackiges Gebirge vom Monte Rosso hinab zwischen Häusern und
Gärten hindurch bis zum Hafen hinüber gehen, wieder sichtbar geworden sind,
verdankt die Stadt» den Bemühungen des Fürsten Biscari, der einen großen
Theil seines beträchtlichen Vermögens zu diesem Zweck verwandte.

Der Menschenschlag in Catania ist schön, und namentlich machen die hoch¬
gewachsenen Frauen der Stadt und ihrer Umgebung in ihrer ernsten schwarzen
Seidentracht einen sehr angenehmen Eindruck. Die Männer unterscheiden
sich durch kräftigen Bau und Adel der Gesichtszüge ebenso wesentlich von den
Bewohnern des Südens und der Mitte Siciliens wie ihr reiches wohlcultivirtes
Land von jenen öden und vernachlässigten Hochebenen und Thälern. Selten
trifft man Bettler, überall mehr oder minder geistige Regsamkeit, allenthalben
erfreut das Volk durch artiges, feines Auftreten, wie man es unter den Halb¬
barbaren der Südküste vergeblich suchen würde.

Wir bemerken noch, daß Catania der Sitz eines Erzbischofs, eines Gro߬
priors des Malteserordens und mehrer Obergerichte ist, und daß sich hier eine
Universität, eine Kunstakademie, eine öffentliche Bibliothek und ein Museum
sowie verschiedene andere der Pflege der Wissenschaft gewidmete Anstalten be-


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[0407] Palast des Fürsten Biscari mit seinen Sammlungen auszeichnet. Sehr statt¬ lich ist der gewaltige Elephantenplatz, so bezeichnet nach dem großen aus einem Lavablock gehauenen Elephanten, der ihn schmückt. Auch an interessanten Alterthümern fehlt es der uralten Stadt nicht. Um die Mitte des achten Jahrhunderts vor Christus von Griechen, die aus Naxos kamen, gegründet, gehörte Katana, wie die Stadt damals hieß, schon vor der Zeit der Perserkriege zu den blühendsten Städten Siciliens. Später von dem ersten Dionys zerstört, erhob sie sich unter der Herrschaft der Römer abermals zu hohem Wohlstand. Im Mittelalter litt sie sehr durch die Einbrüche erst der Gothen. dann der Vandalen, zuletzt der Araber und noch mehr durch die Angriffe, die ihr furchtbarer Nachbar, der Aetna, auf sie machte, und die sich bis in die neueste Zeit wiederholten. Der früher sehr gute Hafen Catania's wurde durch Lavaströme verschüttet, der Molo großentheils zerstört, und so gibt es jetzt hier nur eine offne, von einem kleinen Fort vertheidigte Rhede. Die Stadt selbst wurde durch den Vulkan nicht weniger als viermal in einen Trümmerhaufen verwandelt, aber ihre herrliche Lage und ihre überaus frucht¬ bare Umgebung ließen sie stets von Neuem aus den Ruinen wieder erstehen. So erklärt sich das moderne Aeußere der Stadt, die fast so alt wie Rom ist. Jene Reste des Alterthums aber, die aus der Römerzeit stammen, bestehen aus den mehr oder minder gut erhaltenen Ruinen einer Wasserleitung und einer Naumachie, ferner aus einem Cerestempel, Bädern, einem Odeum und einem Theater, vor allem aber aus einem der größten Amphitheater, welche vom Alterthum auf uns gekommen sind. Daß diese antiken Baudenkmale unter den Lavamassen, die wie ein zackiges Gebirge vom Monte Rosso hinab zwischen Häusern und Gärten hindurch bis zum Hafen hinüber gehen, wieder sichtbar geworden sind, verdankt die Stadt» den Bemühungen des Fürsten Biscari, der einen großen Theil seines beträchtlichen Vermögens zu diesem Zweck verwandte. Der Menschenschlag in Catania ist schön, und namentlich machen die hoch¬ gewachsenen Frauen der Stadt und ihrer Umgebung in ihrer ernsten schwarzen Seidentracht einen sehr angenehmen Eindruck. Die Männer unterscheiden sich durch kräftigen Bau und Adel der Gesichtszüge ebenso wesentlich von den Bewohnern des Südens und der Mitte Siciliens wie ihr reiches wohlcultivirtes Land von jenen öden und vernachlässigten Hochebenen und Thälern. Selten trifft man Bettler, überall mehr oder minder geistige Regsamkeit, allenthalben erfreut das Volk durch artiges, feines Auftreten, wie man es unter den Halb¬ barbaren der Südküste vergeblich suchen würde. Wir bemerken noch, daß Catania der Sitz eines Erzbischofs, eines Gro߬ priors des Malteserordens und mehrer Obergerichte ist, und daß sich hier eine Universität, eine Kunstakademie, eine öffentliche Bibliothek und ein Museum sowie verschiedene andere der Pflege der Wissenschaft gewidmete Anstalten be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/407>, abgerufen am 22.07.2024.