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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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genug, daß es ein fast ebenso großer Erfolg ist, wie einst die glückliche Lan¬
dung des kühnen Mannes und seiner tausend Rothhemden in Marsala.

Freuen wir uns dessen, und hoffen wir, daß wieder das Ende den Anfang
kröne. Die Schwierigkeiten, die zwischen Catania und Rom liegen, scheinen aller¬
dings unübersteiglich groß, aber lassen wir das Weissagen. Garibaldi hat in den
letzten Jahren manche nicht sehr verständige Rede gehalten und mehr als ein un¬
geschicktes Manifest erlassen. Als Soldat aber hat er bis jetzt noch nie etwas Un¬
verständiges und Ungeschicktes gethan. Er und sein Stern haben schon einmal
Unmögliches möglich und damit sehr kluge Propheten zu schänden gemacht.
Sehen wir setzt nur, welcher Art der Ort ist, wo der Führer der neuen ita-
lienischen Revolution sich gegenwärtig befindet.

Catania ist mit seiner Bevölkerung von nahezu siebzigtausend Seelen
nach Größe und Einwohnerzahl die dritte Stadt Siciliens. Etwa in der
Mitte der östlichen Küstenlinie 'der Insel am Ausfluß der Giaretta in das jo-
nische Meer und etwa vier Tagemarsche von Messina gelegen, ist es das Cen¬
trum des besten Theiles von Sicilien. Die Umgegend, sehr fruchtbar und
fleißig angebaut, heißt die Kornkammer des Landes, die Stadt wegen der
Herrlichkeit ihrer Lage am südöstlichen Fuß des zehntausend Fuß hohen Aetna
und der Pracht ihrer öffentlichen Gebäude "die schöne". Wiederholt auf das
furchtbarste von den Ausbrüchen des Aetna heimgesucht, durch Lavaströme,
Aschenregen und Erdbeben zerstört, wurde sie von der Energie und dem Ge¬
schmack ihrer Bevölkerung stets freundlicher und regelmäßiger wieder aufgebaut.
Breite lustige Straßen, darunter die schnurgerade Strada Etnea, in welche
überall der rauchende Aschenkegel des Vulkans hereinblickt, wechseln mit großen
freien Plätzen, in deren Mitte mannigfach gestaltete Brunnen und grüne
Oasen, den Londoner Squares ähnlich, erscheinen, aus welchen die Blüthen¬
pracht des Südens leuchtet, und deren aromatische Düfte die ganze Stadt
durchströmen. Allenthalben trifft man buntverzierte Paläste und Kirchen, die
zum Theil von ihren Kellergewölben an bis zur Bekrönung des flachen Daches
die Spuren zweier Jahrtausende in griechischen, römischen, mittelalterlichen und
modernen Elementen zeigen. Außerordentlich lebendig und farbenreich ist das
Treiben am Hafenquai, unter dessen Bäumen in der Dämmerstunde des
Sommerabends der Jmprovisator einen dichten Kreis horchenden Volkes um
sich sammelt. In fürstlicher'Pracht glänzt uns von seiner Höhe das große
Benedictinerkloster San Nicolo entgegen, dessen breite weiße Marmortreppe in
ganz Europa kaum ihres Gleichen findet, und aus dessen Kirche uns die Töne
einer der vortrefflichsten Orgeln zum Besuch des mit werthvollen Gemälden ge¬
schmückten Innern einladen. Nicht viel weniger fesseln den Blick die blendend¬
weiße Domkirche, das Rathhaus -- kalg^o als coinrme, insgemein aber it
Sermto genannt -- und mehre Häuser hoher Adeliger, unter denen sich der


genug, daß es ein fast ebenso großer Erfolg ist, wie einst die glückliche Lan¬
dung des kühnen Mannes und seiner tausend Rothhemden in Marsala.

Freuen wir uns dessen, und hoffen wir, daß wieder das Ende den Anfang
kröne. Die Schwierigkeiten, die zwischen Catania und Rom liegen, scheinen aller¬
dings unübersteiglich groß, aber lassen wir das Weissagen. Garibaldi hat in den
letzten Jahren manche nicht sehr verständige Rede gehalten und mehr als ein un¬
geschicktes Manifest erlassen. Als Soldat aber hat er bis jetzt noch nie etwas Un¬
verständiges und Ungeschicktes gethan. Er und sein Stern haben schon einmal
Unmögliches möglich und damit sehr kluge Propheten zu schänden gemacht.
Sehen wir setzt nur, welcher Art der Ort ist, wo der Führer der neuen ita-
lienischen Revolution sich gegenwärtig befindet.

Catania ist mit seiner Bevölkerung von nahezu siebzigtausend Seelen
nach Größe und Einwohnerzahl die dritte Stadt Siciliens. Etwa in der
Mitte der östlichen Küstenlinie 'der Insel am Ausfluß der Giaretta in das jo-
nische Meer und etwa vier Tagemarsche von Messina gelegen, ist es das Cen¬
trum des besten Theiles von Sicilien. Die Umgegend, sehr fruchtbar und
fleißig angebaut, heißt die Kornkammer des Landes, die Stadt wegen der
Herrlichkeit ihrer Lage am südöstlichen Fuß des zehntausend Fuß hohen Aetna
und der Pracht ihrer öffentlichen Gebäude „die schöne". Wiederholt auf das
furchtbarste von den Ausbrüchen des Aetna heimgesucht, durch Lavaströme,
Aschenregen und Erdbeben zerstört, wurde sie von der Energie und dem Ge¬
schmack ihrer Bevölkerung stets freundlicher und regelmäßiger wieder aufgebaut.
Breite lustige Straßen, darunter die schnurgerade Strada Etnea, in welche
überall der rauchende Aschenkegel des Vulkans hereinblickt, wechseln mit großen
freien Plätzen, in deren Mitte mannigfach gestaltete Brunnen und grüne
Oasen, den Londoner Squares ähnlich, erscheinen, aus welchen die Blüthen¬
pracht des Südens leuchtet, und deren aromatische Düfte die ganze Stadt
durchströmen. Allenthalben trifft man buntverzierte Paläste und Kirchen, die
zum Theil von ihren Kellergewölben an bis zur Bekrönung des flachen Daches
die Spuren zweier Jahrtausende in griechischen, römischen, mittelalterlichen und
modernen Elementen zeigen. Außerordentlich lebendig und farbenreich ist das
Treiben am Hafenquai, unter dessen Bäumen in der Dämmerstunde des
Sommerabends der Jmprovisator einen dichten Kreis horchenden Volkes um
sich sammelt. In fürstlicher'Pracht glänzt uns von seiner Höhe das große
Benedictinerkloster San Nicolo entgegen, dessen breite weiße Marmortreppe in
ganz Europa kaum ihres Gleichen findet, und aus dessen Kirche uns die Töne
einer der vortrefflichsten Orgeln zum Besuch des mit werthvollen Gemälden ge¬
schmückten Innern einladen. Nicht viel weniger fesseln den Blick die blendend¬
weiße Domkirche, das Rathhaus — kalg^o als coinrme, insgemein aber it
Sermto genannt — und mehre Häuser hoher Adeliger, unter denen sich der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/406>, abgerufen am 22.07.2024.