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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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von Sussex, den Dichter Martin Farquhar Tupper, den bekannten Quäker
Samuel Gurney und Lord Bexley nennen. Von allen diesen und namentlich
von Gurney ist ungemein viel, vorzüglich für die Förderung geistigen Lebens
in Liberia geschehen. Man sandte Bücher, ließ auf seine Kosten junge Libe¬
rianer in England und Schottland zu Aerzten, Ingenieuren oder Geistlichen
bilden und stiftete Preise und Medaillen, um die Jugend der Republik zum
Wetteifer in den Wissenschaften anzuspornen. Sehr viel Gutes ist dadurch zu
Stande gebracht worden, und mehr noch steht zu erwarten.

Der Bericht, aus dem wir schöpfen, schließt mit folgenden Worten:
"Viele sagen, daß Liberia eine Fehlgeburt sei, daß es nicht so gewachsen
sei, wie es gesollt, und daß die Resultate viel geringer seien, als erwartet
worden. Aber wenn wir die geringfügigen Summen bedenken, die für Liberia
verwendet worden sind (für Sierra Leona hat man Millionen von Pfund Ster¬
ling, für Liberia nur Tausende von Dollars ausgegeben) und wenn wir fer¬
ner erwägen, daß bis jetzt nur 16,000 amerikanische Neger hier eingewandert
sind, daß diese in den vierzig Jahren seit ihrer Ankunft in diesem wilden Lande
bei weitem mehr Fortschritte gemacht haben, als einst die englischen Ansiedler in
Virginien sechzig Jahre nach Gründung ihrer Colonie, und daß letztere jetzt
eine Nation von 32 Millionen Seelen bilden -- was könnten wir nicht von
Liberia erwarten, wenn die fünfthalb Millionen Neger, die jetzt in Amerika
so unglücklich leben, in den nächsten dreißig Jahren nach dem "Lande der
Freien" an der Westküste Afrika's auswanderten! Es kann kein Zweifel
darüber obwalten, daß Liberia für die amerikanischen Neger weit geeigneter
als Hapel ist. welches eine andere Religion, die katholische, und andere Sitte
und Sprache hat, während die Liberianer Protestanten sind, englisch sprechen
und Gewohnheiten, die man in Amerika hat, mit sich in die neue Heimath
herübergenommen haben." Die freien Neger der Vereinigten Staaten sollten be¬
greifen, daß die Gründung eines blühenden Negerreiches mit englischer Sprache
und Sitte und freien Institutionen an der Küste ihres alten Stammlandes
nicht unmöglich, sondern bereits begonnen ist und nur ihrer Theilnahme harrt,
die. da eine behagliche Existenz durch die ^Vorarbeiten der ersten Pioniers
gesichert ist, keinen Heroismus mehr erfordert.




Ctttmnll.

Die Nachricht, daß Garibaldi in Catania eingerückt ist, wurde mit Recht
als die wichtigste angesehen, welche der Telegraph in der letzten Woche aus
Italien brachte. Mag es Ungeschick oder Abgeneigtheit der Truppen, gegen
den Volkshelden zu kämpfen, mag es trotz allem Schein des Gegentheils Con-
nivenz der italienischen Regierung selbst sein, was diesen Erfolg ermöglichte,


von Sussex, den Dichter Martin Farquhar Tupper, den bekannten Quäker
Samuel Gurney und Lord Bexley nennen. Von allen diesen und namentlich
von Gurney ist ungemein viel, vorzüglich für die Förderung geistigen Lebens
in Liberia geschehen. Man sandte Bücher, ließ auf seine Kosten junge Libe¬
rianer in England und Schottland zu Aerzten, Ingenieuren oder Geistlichen
bilden und stiftete Preise und Medaillen, um die Jugend der Republik zum
Wetteifer in den Wissenschaften anzuspornen. Sehr viel Gutes ist dadurch zu
Stande gebracht worden, und mehr noch steht zu erwarten.

Der Bericht, aus dem wir schöpfen, schließt mit folgenden Worten:
„Viele sagen, daß Liberia eine Fehlgeburt sei, daß es nicht so gewachsen
sei, wie es gesollt, und daß die Resultate viel geringer seien, als erwartet
worden. Aber wenn wir die geringfügigen Summen bedenken, die für Liberia
verwendet worden sind (für Sierra Leona hat man Millionen von Pfund Ster¬
ling, für Liberia nur Tausende von Dollars ausgegeben) und wenn wir fer¬
ner erwägen, daß bis jetzt nur 16,000 amerikanische Neger hier eingewandert
sind, daß diese in den vierzig Jahren seit ihrer Ankunft in diesem wilden Lande
bei weitem mehr Fortschritte gemacht haben, als einst die englischen Ansiedler in
Virginien sechzig Jahre nach Gründung ihrer Colonie, und daß letztere jetzt
eine Nation von 32 Millionen Seelen bilden — was könnten wir nicht von
Liberia erwarten, wenn die fünfthalb Millionen Neger, die jetzt in Amerika
so unglücklich leben, in den nächsten dreißig Jahren nach dem „Lande der
Freien" an der Westküste Afrika's auswanderten! Es kann kein Zweifel
darüber obwalten, daß Liberia für die amerikanischen Neger weit geeigneter
als Hapel ist. welches eine andere Religion, die katholische, und andere Sitte
und Sprache hat, während die Liberianer Protestanten sind, englisch sprechen
und Gewohnheiten, die man in Amerika hat, mit sich in die neue Heimath
herübergenommen haben." Die freien Neger der Vereinigten Staaten sollten be¬
greifen, daß die Gründung eines blühenden Negerreiches mit englischer Sprache
und Sitte und freien Institutionen an der Küste ihres alten Stammlandes
nicht unmöglich, sondern bereits begonnen ist und nur ihrer Theilnahme harrt,
die. da eine behagliche Existenz durch die ^Vorarbeiten der ersten Pioniers
gesichert ist, keinen Heroismus mehr erfordert.




Ctttmnll.

Die Nachricht, daß Garibaldi in Catania eingerückt ist, wurde mit Recht
als die wichtigste angesehen, welche der Telegraph in der letzten Woche aus
Italien brachte. Mag es Ungeschick oder Abgeneigtheit der Truppen, gegen
den Volkshelden zu kämpfen, mag es trotz allem Schein des Gegentheils Con-
nivenz der italienischen Regierung selbst sein, was diesen Erfolg ermöglichte,


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[0405] von Sussex, den Dichter Martin Farquhar Tupper, den bekannten Quäker Samuel Gurney und Lord Bexley nennen. Von allen diesen und namentlich von Gurney ist ungemein viel, vorzüglich für die Förderung geistigen Lebens in Liberia geschehen. Man sandte Bücher, ließ auf seine Kosten junge Libe¬ rianer in England und Schottland zu Aerzten, Ingenieuren oder Geistlichen bilden und stiftete Preise und Medaillen, um die Jugend der Republik zum Wetteifer in den Wissenschaften anzuspornen. Sehr viel Gutes ist dadurch zu Stande gebracht worden, und mehr noch steht zu erwarten. Der Bericht, aus dem wir schöpfen, schließt mit folgenden Worten: „Viele sagen, daß Liberia eine Fehlgeburt sei, daß es nicht so gewachsen sei, wie es gesollt, und daß die Resultate viel geringer seien, als erwartet worden. Aber wenn wir die geringfügigen Summen bedenken, die für Liberia verwendet worden sind (für Sierra Leona hat man Millionen von Pfund Ster¬ ling, für Liberia nur Tausende von Dollars ausgegeben) und wenn wir fer¬ ner erwägen, daß bis jetzt nur 16,000 amerikanische Neger hier eingewandert sind, daß diese in den vierzig Jahren seit ihrer Ankunft in diesem wilden Lande bei weitem mehr Fortschritte gemacht haben, als einst die englischen Ansiedler in Virginien sechzig Jahre nach Gründung ihrer Colonie, und daß letztere jetzt eine Nation von 32 Millionen Seelen bilden — was könnten wir nicht von Liberia erwarten, wenn die fünfthalb Millionen Neger, die jetzt in Amerika so unglücklich leben, in den nächsten dreißig Jahren nach dem „Lande der Freien" an der Westküste Afrika's auswanderten! Es kann kein Zweifel darüber obwalten, daß Liberia für die amerikanischen Neger weit geeigneter als Hapel ist. welches eine andere Religion, die katholische, und andere Sitte und Sprache hat, während die Liberianer Protestanten sind, englisch sprechen und Gewohnheiten, die man in Amerika hat, mit sich in die neue Heimath herübergenommen haben." Die freien Neger der Vereinigten Staaten sollten be¬ greifen, daß die Gründung eines blühenden Negerreiches mit englischer Sprache und Sitte und freien Institutionen an der Küste ihres alten Stammlandes nicht unmöglich, sondern bereits begonnen ist und nur ihrer Theilnahme harrt, die. da eine behagliche Existenz durch die ^Vorarbeiten der ersten Pioniers gesichert ist, keinen Heroismus mehr erfordert. Ctttmnll. Die Nachricht, daß Garibaldi in Catania eingerückt ist, wurde mit Recht als die wichtigste angesehen, welche der Telegraph in der letzten Woche aus Italien brachte. Mag es Ungeschick oder Abgeneigtheit der Truppen, gegen den Volkshelden zu kämpfen, mag es trotz allem Schein des Gegentheils Con- nivenz der italienischen Regierung selbst sein, was diesen Erfolg ermöglichte,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/405>, abgerufen am 22.07.2024.