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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Kost für den Monat findet. Liberia ist bereits soweit, daß es jährlich recht gut 7
bis 8,000 Negereinwandrer aufnehmen könnte, und jedes Jahr wird seine Fähigkeit
zur Aufnahme weiterer Tausende steigern, bis zuletzt 25 bis 30,000 Einwandrer
nicht als Unbequemlichkeit empfunden werden dürften. Die Bereinigten Staa¬
ten haben vier Millionen Sklaven und eine halbe Million freie Farbige. Libe¬
ria könnte alle diese binnen 3" Jahren in seinem Gebiet unterbringen mit
großem Vortheil für die afrikanische und die amerikanische Republik". (Der
Verfasser vergißt hier nur, daß der alljährliche Ueberschuß der Geburten über
die Sterbefälle unter seinen fünfthalb Millionen Negern allein schon weit mehr
als 30,000 Köpfe geben würde).

"Die Menschenfreundlichkeit und Großmuth der Liberianer haben erst vor
Kurzem ihre Probe bestanden, als man plötzlich im Verlauf weniger Monate
an ihren Küsten fast fünftausend Wilde ausschiffte, die von Sklavenschiffen
weggenommen worden waren. Aber die Energie der Negierung und die wohl-
gelettelen Bemühungen der gutgesinnten Bewohner des Landes ermöglichten
es, daß man für diesen unerwarteten Zufluß zu der Bevölkerung aus das Beste
sorgte und sich der sichern Hoffnung überlassen kann, diese aus den Händen
der schändlichen Sklavenhändler gerissenen Unglücklichen werden zu achtbaren
und nützlichen Bürgern an,erzogen werden. Ein wichtiger Zug dieser neuen
Einwanderung liegt darin, daß sie großentheils aus jungen Leuten, Knaben
und Mädchen unter zwanzig Jahren, besteht, die sich leichter an ein gesittetes
Leben gewöhnen lassen, als ^ente von vorgerückten Jahren. Die amerikanische
Negierung hat kürzlich ein Uebereinkommen mit der von Liberia getroffen, nach
welchem sie letzterer für jeden wieder weggefangenen Negersklaven, der hier
gelandet wird, je nach dem Alter über oder unter acht Jahren ^00 oder 50
Dollars gewährt, und dafür wird von den hiesigen Behörden den Betreffenden
die nöthige geistige und körperliche Pflege gewissenhaft zugewendet. Schon
sind von den früher hierher gebrachten Kongo-Negern mehre nützliche und ver-
hältnißmäßig wohlhabende Bürger geworden, einige sogar bekleiden Beam-
tenpvsten oder sind Mitglieder der Gesetzgebung oder Missionäre."

Das Klima Liberia's ist zwar warm, aber durch häufige Regen und täg¬
liche Seewinde gemäßigt. Das Jahr zerfällt in zwei natürliche Hälften: die
Regenzeit, die Mitte Mai, und die trockne Zeit, die Mitte November beginnt.
Indeß gibt es auch in der trocknen Jahreszeit nasse und auch in der nassen
klare und trockne Ta.ge. Der heißeste Monat im Jahre ist der Januar. Die
Neger aus den Vereinigten Staaten finden die Hitze zu keiner Zeit übermäßig
beschwerlich, und sehr auffällig ist, daß, während das Klima dem Weißen in
den meisten Fällen verhängnißvoll wird, die Neger sowie die Farbigen über¬
haupt nicht nur keine üble Wirkung davon spüren, sondern sich unter diesem
Himmel besonders wohl zu befinden scheinen. Niemals ist eine der vielen


Kost für den Monat findet. Liberia ist bereits soweit, daß es jährlich recht gut 7
bis 8,000 Negereinwandrer aufnehmen könnte, und jedes Jahr wird seine Fähigkeit
zur Aufnahme weiterer Tausende steigern, bis zuletzt 25 bis 30,000 Einwandrer
nicht als Unbequemlichkeit empfunden werden dürften. Die Bereinigten Staa¬
ten haben vier Millionen Sklaven und eine halbe Million freie Farbige. Libe¬
ria könnte alle diese binnen 3» Jahren in seinem Gebiet unterbringen mit
großem Vortheil für die afrikanische und die amerikanische Republik". (Der
Verfasser vergißt hier nur, daß der alljährliche Ueberschuß der Geburten über
die Sterbefälle unter seinen fünfthalb Millionen Negern allein schon weit mehr
als 30,000 Köpfe geben würde).

„Die Menschenfreundlichkeit und Großmuth der Liberianer haben erst vor
Kurzem ihre Probe bestanden, als man plötzlich im Verlauf weniger Monate
an ihren Küsten fast fünftausend Wilde ausschiffte, die von Sklavenschiffen
weggenommen worden waren. Aber die Energie der Negierung und die wohl-
gelettelen Bemühungen der gutgesinnten Bewohner des Landes ermöglichten
es, daß man für diesen unerwarteten Zufluß zu der Bevölkerung aus das Beste
sorgte und sich der sichern Hoffnung überlassen kann, diese aus den Händen
der schändlichen Sklavenhändler gerissenen Unglücklichen werden zu achtbaren
und nützlichen Bürgern an,erzogen werden. Ein wichtiger Zug dieser neuen
Einwanderung liegt darin, daß sie großentheils aus jungen Leuten, Knaben
und Mädchen unter zwanzig Jahren, besteht, die sich leichter an ein gesittetes
Leben gewöhnen lassen, als ^ente von vorgerückten Jahren. Die amerikanische
Negierung hat kürzlich ein Uebereinkommen mit der von Liberia getroffen, nach
welchem sie letzterer für jeden wieder weggefangenen Negersklaven, der hier
gelandet wird, je nach dem Alter über oder unter acht Jahren ^00 oder 50
Dollars gewährt, und dafür wird von den hiesigen Behörden den Betreffenden
die nöthige geistige und körperliche Pflege gewissenhaft zugewendet. Schon
sind von den früher hierher gebrachten Kongo-Negern mehre nützliche und ver-
hältnißmäßig wohlhabende Bürger geworden, einige sogar bekleiden Beam-
tenpvsten oder sind Mitglieder der Gesetzgebung oder Missionäre."

Das Klima Liberia's ist zwar warm, aber durch häufige Regen und täg¬
liche Seewinde gemäßigt. Das Jahr zerfällt in zwei natürliche Hälften: die
Regenzeit, die Mitte Mai, und die trockne Zeit, die Mitte November beginnt.
Indeß gibt es auch in der trocknen Jahreszeit nasse und auch in der nassen
klare und trockne Ta.ge. Der heißeste Monat im Jahre ist der Januar. Die
Neger aus den Vereinigten Staaten finden die Hitze zu keiner Zeit übermäßig
beschwerlich, und sehr auffällig ist, daß, während das Klima dem Weißen in
den meisten Fällen verhängnißvoll wird, die Neger sowie die Farbigen über¬
haupt nicht nur keine üble Wirkung davon spüren, sondern sich unter diesem
Himmel besonders wohl zu befinden scheinen. Niemals ist eine der vielen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/400>, abgerufen am 02.10.2024.