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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Würfeln war. geht aus der auffallend großen Zahl Würfel hervor, welche
von Zeit zu Zeit getauft wurden. So ließ der Rath z. B. im Jahre 1397
7000 Würfel auf einmal taufen, zwei Jahre nachher wieder 10.000, und zwei
Jahre vor der Einstellung des Spieles sogar innerhalb Jahresfrist 10,400.
Wenn man alle im Laufe der ersten sechszehn Jahre für Würfel ausge¬
gebenen Summen zusammenzählt, und hieraus vermittelst des durchschnittlichen
Preises, welcher für 1000 Würfel bezahlt wurde, die Gesammtzahl der ange¬
schafften Würfel berechnet, so ergibt sich, daß in jenen 16 Jahren 159,000 Wür¬
fel angeschafft worden sind, daß also beim Spiel auf dem Heißcnstein jedes
Jahr durchschnittlich "937 Würfel verbraucht wurden. Die Würfel waren
übrigens keineswegs theuer; denn während der angegebenen Zeit kosteten 1000
Stück blos 17 Schillinge oder ^/^ Mulden. Sonderbarerweise scheinen diese
Würfel nicht in Frankfurt selbst verfertigt worden zu sein.

Die übrigen Ausgaben für dieses Spiel sind zum Theil in gewisser Hinsicht
interessant. Es kommen Ausgaben für Lichter vor, woraus man erkennt, das;
das Spiel auf dem Heißenstein gleich unseren Spielbanken bis in die Nacht
hinein getrieben wurde. Ein anderes Mal heißt es: etwas über anderthalb
Gulden seien dafür verausgabt worden, daß man in dem Stadtgraben habe
Heu machen und einen Theil desselben in den Heißenstcin fahren lassen. Diese
Verbringung von Heu in der Heißenstcin ist in der That auffallend; ich bemerke
aber, daß in jenen Zeiten Heu und Gras häufig zu irgend einem Zwecke in
Zimmern verwendet wurden. In den Stadtrechenbüchern des vierzehnten Jahr¬
hunderts kommen z. B. sehr oft Ausgaben für Gras (manchmal Czedegras oder
Tzedegras genannt) vor, welches, und zwar während der besseren Jahreszeit, in
dem Rathszimmer und in der Trinkstube des Rathes gebraucht wurde, ohne daß
die Art seiner Verwendung zu erkennen ist. In eigener Weise bemcrkMswerth
ist eine andere Ausgabe für den Heißcnstein. Im Jahre 1423 wurden nämlich
zum Spiele uff dem Heißcnstein 9'/- Fi., wie der Ausdruck lautet, "sonderlich
geschenkt, als sie meynen, daz sie sunderlicb große kosten gehabt han mit spise
und wir, uff daz die inde me des'spielen geWarten mögen." Man
sieht, auch darin war jene mittelalterliche Spielbank denen unserer Zeit ähnlich,
daß man es an sinnlichen Anreizungsmitteln sein Geld dahin zu geben, nicht
mangeln ließ; daß dagegen auch die Spieler es nicht an Versuchen fehlen ließen,
die Spielbank zu übervortheilen, geht ebenfalls aus den Stadt-Nechenbücbern
hervor, denn mehrmals wird in diesen böser oder zu leichter Gulden gedacht,
die vom Heißenstein aus in die Stadtkasse gekommen waren und mit Verlust
verwerthet wurden.

Im Jahre 1409 beschloß der Rath, ein eigenes Haus für die Spielbank
erbauen zu lassen. Dies geschah auch noch in demselben Jahre, und 1410
ward das Spiel in das neue, der Stadt gehörende Haus verlegt, welches dann


Würfeln war. geht aus der auffallend großen Zahl Würfel hervor, welche
von Zeit zu Zeit getauft wurden. So ließ der Rath z. B. im Jahre 1397
7000 Würfel auf einmal taufen, zwei Jahre nachher wieder 10.000, und zwei
Jahre vor der Einstellung des Spieles sogar innerhalb Jahresfrist 10,400.
Wenn man alle im Laufe der ersten sechszehn Jahre für Würfel ausge¬
gebenen Summen zusammenzählt, und hieraus vermittelst des durchschnittlichen
Preises, welcher für 1000 Würfel bezahlt wurde, die Gesammtzahl der ange¬
schafften Würfel berechnet, so ergibt sich, daß in jenen 16 Jahren 159,000 Wür¬
fel angeschafft worden sind, daß also beim Spiel auf dem Heißcnstein jedes
Jahr durchschnittlich »937 Würfel verbraucht wurden. Die Würfel waren
übrigens keineswegs theuer; denn während der angegebenen Zeit kosteten 1000
Stück blos 17 Schillinge oder ^/^ Mulden. Sonderbarerweise scheinen diese
Würfel nicht in Frankfurt selbst verfertigt worden zu sein.

Die übrigen Ausgaben für dieses Spiel sind zum Theil in gewisser Hinsicht
interessant. Es kommen Ausgaben für Lichter vor, woraus man erkennt, das;
das Spiel auf dem Heißenstein gleich unseren Spielbanken bis in die Nacht
hinein getrieben wurde. Ein anderes Mal heißt es: etwas über anderthalb
Gulden seien dafür verausgabt worden, daß man in dem Stadtgraben habe
Heu machen und einen Theil desselben in den Heißenstcin fahren lassen. Diese
Verbringung von Heu in der Heißenstcin ist in der That auffallend; ich bemerke
aber, daß in jenen Zeiten Heu und Gras häufig zu irgend einem Zwecke in
Zimmern verwendet wurden. In den Stadtrechenbüchern des vierzehnten Jahr¬
hunderts kommen z. B. sehr oft Ausgaben für Gras (manchmal Czedegras oder
Tzedegras genannt) vor, welches, und zwar während der besseren Jahreszeit, in
dem Rathszimmer und in der Trinkstube des Rathes gebraucht wurde, ohne daß
die Art seiner Verwendung zu erkennen ist. In eigener Weise bemcrkMswerth
ist eine andere Ausgabe für den Heißcnstein. Im Jahre 1423 wurden nämlich
zum Spiele uff dem Heißcnstein 9'/- Fi., wie der Ausdruck lautet, „sonderlich
geschenkt, als sie meynen, daz sie sunderlicb große kosten gehabt han mit spise
und wir, uff daz die inde me des'spielen geWarten mögen." Man
sieht, auch darin war jene mittelalterliche Spielbank denen unserer Zeit ähnlich,
daß man es an sinnlichen Anreizungsmitteln sein Geld dahin zu geben, nicht
mangeln ließ; daß dagegen auch die Spieler es nicht an Versuchen fehlen ließen,
die Spielbank zu übervortheilen, geht ebenfalls aus den Stadt-Nechenbücbern
hervor, denn mehrmals wird in diesen böser oder zu leichter Gulden gedacht,
die vom Heißenstein aus in die Stadtkasse gekommen waren und mit Verlust
verwerthet wurden.

Im Jahre 1409 beschloß der Rath, ein eigenes Haus für die Spielbank
erbauen zu lassen. Dies geschah auch noch in demselben Jahre, und 1410
ward das Spiel in das neue, der Stadt gehörende Haus verlegt, welches dann


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[0327] Würfeln war. geht aus der auffallend großen Zahl Würfel hervor, welche von Zeit zu Zeit getauft wurden. So ließ der Rath z. B. im Jahre 1397 7000 Würfel auf einmal taufen, zwei Jahre nachher wieder 10.000, und zwei Jahre vor der Einstellung des Spieles sogar innerhalb Jahresfrist 10,400. Wenn man alle im Laufe der ersten sechszehn Jahre für Würfel ausge¬ gebenen Summen zusammenzählt, und hieraus vermittelst des durchschnittlichen Preises, welcher für 1000 Würfel bezahlt wurde, die Gesammtzahl der ange¬ schafften Würfel berechnet, so ergibt sich, daß in jenen 16 Jahren 159,000 Wür¬ fel angeschafft worden sind, daß also beim Spiel auf dem Heißcnstein jedes Jahr durchschnittlich »937 Würfel verbraucht wurden. Die Würfel waren übrigens keineswegs theuer; denn während der angegebenen Zeit kosteten 1000 Stück blos 17 Schillinge oder ^/^ Mulden. Sonderbarerweise scheinen diese Würfel nicht in Frankfurt selbst verfertigt worden zu sein. Die übrigen Ausgaben für dieses Spiel sind zum Theil in gewisser Hinsicht interessant. Es kommen Ausgaben für Lichter vor, woraus man erkennt, das; das Spiel auf dem Heißenstein gleich unseren Spielbanken bis in die Nacht hinein getrieben wurde. Ein anderes Mal heißt es: etwas über anderthalb Gulden seien dafür verausgabt worden, daß man in dem Stadtgraben habe Heu machen und einen Theil desselben in den Heißenstcin fahren lassen. Diese Verbringung von Heu in der Heißenstcin ist in der That auffallend; ich bemerke aber, daß in jenen Zeiten Heu und Gras häufig zu irgend einem Zwecke in Zimmern verwendet wurden. In den Stadtrechenbüchern des vierzehnten Jahr¬ hunderts kommen z. B. sehr oft Ausgaben für Gras (manchmal Czedegras oder Tzedegras genannt) vor, welches, und zwar während der besseren Jahreszeit, in dem Rathszimmer und in der Trinkstube des Rathes gebraucht wurde, ohne daß die Art seiner Verwendung zu erkennen ist. In eigener Weise bemcrkMswerth ist eine andere Ausgabe für den Heißcnstein. Im Jahre 1423 wurden nämlich zum Spiele uff dem Heißcnstein 9'/- Fi., wie der Ausdruck lautet, „sonderlich geschenkt, als sie meynen, daz sie sunderlicb große kosten gehabt han mit spise und wir, uff daz die inde me des'spielen geWarten mögen." Man sieht, auch darin war jene mittelalterliche Spielbank denen unserer Zeit ähnlich, daß man es an sinnlichen Anreizungsmitteln sein Geld dahin zu geben, nicht mangeln ließ; daß dagegen auch die Spieler es nicht an Versuchen fehlen ließen, die Spielbank zu übervortheilen, geht ebenfalls aus den Stadt-Nechenbücbern hervor, denn mehrmals wird in diesen böser oder zu leichter Gulden gedacht, die vom Heißenstein aus in die Stadtkasse gekommen waren und mit Verlust verwerthet wurden. Im Jahre 1409 beschloß der Rath, ein eigenes Haus für die Spielbank erbauen zu lassen. Dies geschah auch noch in demselben Jahre, und 1410 ward das Spiel in das neue, der Stadt gehörende Haus verlegt, welches dann

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/327>, abgerufen am 05.02.2025.