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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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sie ihrer Stimme vielleicht nicht ganz bequem liegen und zsie in einer andern
mehr glänzen können. Daß sie selbst nicht bessere Musik schreiben können als
Händel, vergessen sie dabei, und es wäre sehr in der Ordnung, wenn die Diri¬
genten solchen Mißbräuchen mit Energie entgegentreten wollten. Alle Soli
bei diesen Aufführungen wurden natürlich im Gegensatz zu den mächtigen Chören
von einem kleinen Orchester begleitet. Das Andante der erstgenannten Arie
schien mir übrigens ein wenig rasch genommen zu werden, sie verlor viel von
chrer göttlichen Ruhe und artete sast in ein Birtuoscnstück aus.
'

Der nächste erste Chor ,,^na tds Klorx ot ete tora" wirkte mächtig, wie
denn überhaupt die Chöre der Glanzpunkt des ganzen Oratoriums waren. Der
Beginn des Chores, den der Alt mit dem Thema eröffnet, erinnert mich an
einen großen Unterschied zwischen deutschen und englischen Chören. In Deutsch¬
land ist die Altstimme eine weibliche Stimme, während in England die meisten
Altpartieen von Männern im Falsett gesungen werden; unter den 810 Alt¬
stimmen in diesem Chöre waren nur 330 weibliche, die übrigen waren Herren¬
stimmen. Der Charakter der Altpartieen wird dadurch wesentlich ein anderer,
die Weichheit und Fülle der weiblichen Stimme wird durch die gekünstelte Ge¬
schraubtheit der männlichen verdeckt, im Ganzen gewinnt der Alt freilich an
Intensivität, verliert aber an Tiefe und Fülle. Die nächste Arie "out viro
-roiclv ein- el>y ot' Iris oomirrg", gewöhnlich von einem Bassisten vorge¬
tragen, wird hier vor der Altistin Madame Sainton-Dvlby gesungen, ob zum
Vortheil der Arie, möchte ich kaum glauben, das Prestissuno "lor tu is UKs
ir rstiuers uro" scheint mir mehr für den Baß zu passen und im anderen Falle
an Wucht und Kraft zu verlieren. Madame Dolby sang diese und die folgende
Arie mit großer Innigkeit, ihrer Stimme fehlt freilich schon die erste jugendliche
Frische. Der dazwischenliegende schwierige Chen': ^nel Ire sinkt xurit> mit
seinen vielen Sechszehntheilen wurde mit einer, sür einen so massenhaften Chor
nicht leicht zu erreichenden, wunderbaren Präcision und Festigkeit gesungen.
Signor Bettelei sang die Arie: l'Kv peoxle, tdstt ' valkvä in ÄitrKvess mit
der ausdrucksvollen Begleitung der Hvlzblaßinstrumente, trotz der schwierigen
chromatischen Intervalle, mit großer Reinheit, erlaubte sich aber in dem sie ein¬
leitenden Recitativ einzelne von Händel abweichende Freiheiten, die nicht zu
billigen waren.'

Der Höhepunkt des ganzen ersten Theiles, der Chor: "tor uirto us g. clrilcl
i5 horn" war eine meisterhafte Leistung des Thors und Orchesters. Eine sehr
glückliche Auffassung des Herrn Costa gibt diesem Chöre eine viel größere Be¬
deutsamkeit, als er früher hatte. Der ganze Chor besteht bekanntlich in der
viermaliger Wiederholung der Worte: "lor nudo us g. odilä is dorn" g. son
is givLN, ana tds goveriröment statt do upon Iris sdouläv?, auel Iris lamp
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sie ihrer Stimme vielleicht nicht ganz bequem liegen und zsie in einer andern
mehr glänzen können. Daß sie selbst nicht bessere Musik schreiben können als
Händel, vergessen sie dabei, und es wäre sehr in der Ordnung, wenn die Diri¬
genten solchen Mißbräuchen mit Energie entgegentreten wollten. Alle Soli
bei diesen Aufführungen wurden natürlich im Gegensatz zu den mächtigen Chören
von einem kleinen Orchester begleitet. Das Andante der erstgenannten Arie
schien mir übrigens ein wenig rasch genommen zu werden, sie verlor viel von
chrer göttlichen Ruhe und artete sast in ein Birtuoscnstück aus.
'

Der nächste erste Chor ,,^na tds Klorx ot ete tora" wirkte mächtig, wie
denn überhaupt die Chöre der Glanzpunkt des ganzen Oratoriums waren. Der
Beginn des Chores, den der Alt mit dem Thema eröffnet, erinnert mich an
einen großen Unterschied zwischen deutschen und englischen Chören. In Deutsch¬
land ist die Altstimme eine weibliche Stimme, während in England die meisten
Altpartieen von Männern im Falsett gesungen werden; unter den 810 Alt¬
stimmen in diesem Chöre waren nur 330 weibliche, die übrigen waren Herren¬
stimmen. Der Charakter der Altpartieen wird dadurch wesentlich ein anderer,
die Weichheit und Fülle der weiblichen Stimme wird durch die gekünstelte Ge¬
schraubtheit der männlichen verdeckt, im Ganzen gewinnt der Alt freilich an
Intensivität, verliert aber an Tiefe und Fülle. Die nächste Arie „out viro
-roiclv ein- el>y ot' Iris oomirrg", gewöhnlich von einem Bassisten vorge¬
tragen, wird hier vor der Altistin Madame Sainton-Dvlby gesungen, ob zum
Vortheil der Arie, möchte ich kaum glauben, das Prestissuno „lor tu is UKs
ir rstiuers uro" scheint mir mehr für den Baß zu passen und im anderen Falle
an Wucht und Kraft zu verlieren. Madame Dolby sang diese und die folgende
Arie mit großer Innigkeit, ihrer Stimme fehlt freilich schon die erste jugendliche
Frische. Der dazwischenliegende schwierige Chen': ^nel Ire sinkt xurit> mit
seinen vielen Sechszehntheilen wurde mit einer, sür einen so massenhaften Chor
nicht leicht zu erreichenden, wunderbaren Präcision und Festigkeit gesungen.
Signor Bettelei sang die Arie: l'Kv peoxle, tdstt ' valkvä in ÄitrKvess mit
der ausdrucksvollen Begleitung der Hvlzblaßinstrumente, trotz der schwierigen
chromatischen Intervalle, mit großer Reinheit, erlaubte sich aber in dem sie ein¬
leitenden Recitativ einzelne von Händel abweichende Freiheiten, die nicht zu
billigen waren.'

Der Höhepunkt des ganzen ersten Theiles, der Chor: „tor uirto us g. clrilcl
i5 horn" war eine meisterhafte Leistung des Thors und Orchesters. Eine sehr
glückliche Auffassung des Herrn Costa gibt diesem Chöre eine viel größere Be¬
deutsamkeit, als er früher hatte. Der ganze Chor besteht bekanntlich in der
viermaliger Wiederholung der Worte: „lor nudo us g. odilä is dorn» g. son
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/294>, abgerufen am 06.02.2025.