Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

da er doch unser Bruder ist anhören/ doch versteht sich, das wir zu seinen (weil
er sich selbst nicht kennt oder kennen will) oder unsern Schaden nicht übereilt
zu Werke gehen können. Doch können wir diese Veränderung auch nicht gard)
in die Länge hinaus verschieben. Ich werde Dir mit Hr. Eißnern wieder
schreiben und Deinen Herrmann und Hennen etliche Stük alte Silber Müntzer
welche der seel. Vater ihnen als ein Andenken zu fehlten befohlen hat ein-
siegeln.

Der hier erwähnte Pfarrer war N. Christian Gottlieb Kothe. --

Nun war's an unserem Fichte, für seine Mutter zu sorgen und sie vor et¬
waigen Benachtheiligungen zu schützen; und er erfüllte im Sinne eines treuen
Sohnes diese Pflicht mit seiner gewohnten Nachdrücklichkeit. Vergl. oben die
Auseinandersetzung zum 12. Briefe.


45.

Berlin, d. 19. 8br. 12.


Lieber Bruder,

Weit entfernt, daß Dein so eben erhaltener Brief v. 6. Oktober mich be¬
fremden sollte, hebt er vielmehr einen Anstoß, den ich an Deinem frühern ge¬
nommen, wo Du die Schwierigkeiten für die Mutter, die Wirthschaft zu behaup¬
ten, aus einander setzest, und dafür hältst, dieser C.........könne doch
etwa Vorschläge machen, auf die zu hören sey. Es ist mir sehr lieb, daß ich
mit der Beantwortung dieses Punctes gewartet, bis Dein heutiger Brief zeigt,
daß Du über dieses Subjekt -- es ist mir schon früher vorgekommen, als ob
Du ihn ungerechter Weise in Schutz nahmest -- ganz so denkst, wie ich seit
der Zeit von ihm gedacht habe, da ich schon an ihm als kleinen Knaben Pro¬
ben einer unbegreiflichen Bosheit gesunden habe.

Weiß denn der thörigte nicht, daß, wenn alles andere wegfällt, ich I.) das
Kaufgeld, womit der seel. Gotthelf das Haus vom Vater erkauft, hergegeben,
und daß mir dasselbe, nachdem durch des Bruders Tod der Vater wieder Eigen¬
thümer geworden, nie zurückgezahlt worden, 2.) daß. als die Schwägerin sich
zu Rammenau aufhielt, von meinem in der Gotthelfischen Verlassenschaft befind¬
lichen Gelde in dem Hause gebauet worden, worüber ich noch eigenhändige
Rechnung des Vaters besitze 3.) daß mehreres unter den Mobilien mein ist 4.)
daß ich in den lezten 2 Jahren den Eltern über 200 Rthr. geschikt. welche ich/
sobald man mich reizt, als ein Darlehn betrachten werde. Begreift er nicht,
daß alle diese Summen aus der Verlassenschaft erst an mich zurükgezahlt wer¬
den müssen, ehe eine Erbschaft da ist: und kann er nicht berechnen, was in diesem
Falle übrig bleiben werde? -- Verstehe mich wohl Bruder. Es fällt mir nicht
ein, diese Umstände gegen meine übrigen Geschwister geltend zu machen, wenn
sie sich ordentlich und vernünftig betragen, und durch Unvernunft meinen Un-


da er doch unser Bruder ist anhören/ doch versteht sich, das wir zu seinen (weil
er sich selbst nicht kennt oder kennen will) oder unsern Schaden nicht übereilt
zu Werke gehen können. Doch können wir diese Veränderung auch nicht gard)
in die Länge hinaus verschieben. Ich werde Dir mit Hr. Eißnern wieder
schreiben und Deinen Herrmann und Hennen etliche Stük alte Silber Müntzer
welche der seel. Vater ihnen als ein Andenken zu fehlten befohlen hat ein-
siegeln.

Der hier erwähnte Pfarrer war N. Christian Gottlieb Kothe. —

Nun war's an unserem Fichte, für seine Mutter zu sorgen und sie vor et¬
waigen Benachtheiligungen zu schützen; und er erfüllte im Sinne eines treuen
Sohnes diese Pflicht mit seiner gewohnten Nachdrücklichkeit. Vergl. oben die
Auseinandersetzung zum 12. Briefe.


45.

Berlin, d. 19. 8br. 12.


Lieber Bruder,

Weit entfernt, daß Dein so eben erhaltener Brief v. 6. Oktober mich be¬
fremden sollte, hebt er vielmehr einen Anstoß, den ich an Deinem frühern ge¬
nommen, wo Du die Schwierigkeiten für die Mutter, die Wirthschaft zu behaup¬
ten, aus einander setzest, und dafür hältst, dieser C.........könne doch
etwa Vorschläge machen, auf die zu hören sey. Es ist mir sehr lieb, daß ich
mit der Beantwortung dieses Punctes gewartet, bis Dein heutiger Brief zeigt,
daß Du über dieses Subjekt — es ist mir schon früher vorgekommen, als ob
Du ihn ungerechter Weise in Schutz nahmest — ganz so denkst, wie ich seit
der Zeit von ihm gedacht habe, da ich schon an ihm als kleinen Knaben Pro¬
ben einer unbegreiflichen Bosheit gesunden habe.

Weiß denn der thörigte nicht, daß, wenn alles andere wegfällt, ich I.) das
Kaufgeld, womit der seel. Gotthelf das Haus vom Vater erkauft, hergegeben,
und daß mir dasselbe, nachdem durch des Bruders Tod der Vater wieder Eigen¬
thümer geworden, nie zurückgezahlt worden, 2.) daß. als die Schwägerin sich
zu Rammenau aufhielt, von meinem in der Gotthelfischen Verlassenschaft befind¬
lichen Gelde in dem Hause gebauet worden, worüber ich noch eigenhändige
Rechnung des Vaters besitze 3.) daß mehreres unter den Mobilien mein ist 4.)
daß ich in den lezten 2 Jahren den Eltern über 200 Rthr. geschikt. welche ich/
sobald man mich reizt, als ein Darlehn betrachten werde. Begreift er nicht,
daß alle diese Summen aus der Verlassenschaft erst an mich zurükgezahlt wer¬
den müssen, ehe eine Erbschaft da ist: und kann er nicht berechnen, was in diesem
Falle übrig bleiben werde? — Verstehe mich wohl Bruder. Es fällt mir nicht
ein, diese Umstände gegen meine übrigen Geschwister geltend zu machen, wenn
sie sich ordentlich und vernünftig betragen, und durch Unvernunft meinen Un-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0232" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114546"/>
            <p xml:id="ID_993" prev="#ID_992"> da er doch unser Bruder ist anhören/ doch versteht sich, das wir zu seinen (weil<lb/>
er sich selbst nicht kennt oder kennen will) oder unsern Schaden nicht übereilt<lb/>
zu Werke gehen können. Doch können wir diese Veränderung auch nicht gard)<lb/>
in die Länge hinaus verschieben. Ich werde Dir mit Hr. Eißnern wieder<lb/>
schreiben und Deinen Herrmann und Hennen etliche Stük alte Silber Müntzer<lb/>
welche der seel. Vater ihnen als ein Andenken zu fehlten befohlen hat ein-<lb/>
siegeln.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_994"> Der hier erwähnte Pfarrer war N. Christian Gottlieb Kothe. &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_995"> Nun war's an unserem Fichte, für seine Mutter zu sorgen und sie vor et¬<lb/>
waigen Benachtheiligungen zu schützen; und er erfüllte im Sinne eines treuen<lb/>
Sohnes diese Pflicht mit seiner gewohnten Nachdrücklichkeit. Vergl. oben die<lb/>
Auseinandersetzung zum 12. Briefe.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> 45.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_996"> Berlin, d. 19. 8br. 12.</p><lb/>
            <note type="salute"> Lieber Bruder,</note><lb/>
            <p xml:id="ID_997"> Weit entfernt, daß Dein so eben erhaltener Brief v. 6. Oktober mich be¬<lb/>
fremden sollte, hebt er vielmehr einen Anstoß, den ich an Deinem frühern ge¬<lb/>
nommen, wo Du die Schwierigkeiten für die Mutter, die Wirthschaft zu behaup¬<lb/>
ten, aus einander setzest, und dafür hältst, dieser C.........könne doch<lb/>
etwa Vorschläge machen, auf die zu hören sey. Es ist mir sehr lieb, daß ich<lb/>
mit der Beantwortung dieses Punctes gewartet, bis Dein heutiger Brief zeigt,<lb/>
daß Du über dieses Subjekt &#x2014; es ist mir schon früher vorgekommen, als ob<lb/>
Du ihn ungerechter Weise in Schutz nahmest &#x2014; ganz so denkst, wie ich seit<lb/>
der Zeit von ihm gedacht habe, da ich schon an ihm als kleinen Knaben Pro¬<lb/>
ben einer unbegreiflichen Bosheit gesunden habe.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_998" next="#ID_999"> Weiß denn der thörigte nicht, daß, wenn alles andere wegfällt, ich I.) das<lb/>
Kaufgeld, womit der seel. Gotthelf das Haus vom Vater erkauft, hergegeben,<lb/>
und daß mir dasselbe, nachdem durch des Bruders Tod der Vater wieder Eigen¬<lb/>
thümer geworden, nie zurückgezahlt worden, 2.) daß. als die Schwägerin sich<lb/>
zu Rammenau aufhielt, von meinem in der Gotthelfischen Verlassenschaft befind¬<lb/>
lichen Gelde in dem Hause gebauet worden, worüber ich noch eigenhändige<lb/>
Rechnung des Vaters besitze 3.) daß mehreres unter den Mobilien mein ist 4.)<lb/>
daß ich in den lezten 2 Jahren den Eltern über 200 Rthr. geschikt. welche ich/<lb/>
sobald man mich reizt, als ein Darlehn betrachten werde. Begreift er nicht,<lb/>
daß alle diese Summen aus der Verlassenschaft erst an mich zurükgezahlt wer¬<lb/>
den müssen, ehe eine Erbschaft da ist: und kann er nicht berechnen, was in diesem<lb/>
Falle übrig bleiben werde? &#x2014; Verstehe mich wohl Bruder. Es fällt mir nicht<lb/>
ein, diese Umstände gegen meine übrigen Geschwister geltend zu machen, wenn<lb/>
sie sich ordentlich und vernünftig betragen, und durch Unvernunft meinen Un-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0232] da er doch unser Bruder ist anhören/ doch versteht sich, das wir zu seinen (weil er sich selbst nicht kennt oder kennen will) oder unsern Schaden nicht übereilt zu Werke gehen können. Doch können wir diese Veränderung auch nicht gard) in die Länge hinaus verschieben. Ich werde Dir mit Hr. Eißnern wieder schreiben und Deinen Herrmann und Hennen etliche Stük alte Silber Müntzer welche der seel. Vater ihnen als ein Andenken zu fehlten befohlen hat ein- siegeln. Der hier erwähnte Pfarrer war N. Christian Gottlieb Kothe. — Nun war's an unserem Fichte, für seine Mutter zu sorgen und sie vor et¬ waigen Benachtheiligungen zu schützen; und er erfüllte im Sinne eines treuen Sohnes diese Pflicht mit seiner gewohnten Nachdrücklichkeit. Vergl. oben die Auseinandersetzung zum 12. Briefe. 45. Berlin, d. 19. 8br. 12. Lieber Bruder, Weit entfernt, daß Dein so eben erhaltener Brief v. 6. Oktober mich be¬ fremden sollte, hebt er vielmehr einen Anstoß, den ich an Deinem frühern ge¬ nommen, wo Du die Schwierigkeiten für die Mutter, die Wirthschaft zu behaup¬ ten, aus einander setzest, und dafür hältst, dieser C.........könne doch etwa Vorschläge machen, auf die zu hören sey. Es ist mir sehr lieb, daß ich mit der Beantwortung dieses Punctes gewartet, bis Dein heutiger Brief zeigt, daß Du über dieses Subjekt — es ist mir schon früher vorgekommen, als ob Du ihn ungerechter Weise in Schutz nahmest — ganz so denkst, wie ich seit der Zeit von ihm gedacht habe, da ich schon an ihm als kleinen Knaben Pro¬ ben einer unbegreiflichen Bosheit gesunden habe. Weiß denn der thörigte nicht, daß, wenn alles andere wegfällt, ich I.) das Kaufgeld, womit der seel. Gotthelf das Haus vom Vater erkauft, hergegeben, und daß mir dasselbe, nachdem durch des Bruders Tod der Vater wieder Eigen¬ thümer geworden, nie zurückgezahlt worden, 2.) daß. als die Schwägerin sich zu Rammenau aufhielt, von meinem in der Gotthelfischen Verlassenschaft befind¬ lichen Gelde in dem Hause gebauet worden, worüber ich noch eigenhändige Rechnung des Vaters besitze 3.) daß mehreres unter den Mobilien mein ist 4.) daß ich in den lezten 2 Jahren den Eltern über 200 Rthr. geschikt. welche ich/ sobald man mich reizt, als ein Darlehn betrachten werde. Begreift er nicht, daß alle diese Summen aus der Verlassenschaft erst an mich zurükgezahlt wer¬ den müssen, ehe eine Erbschaft da ist: und kann er nicht berechnen, was in diesem Falle übrig bleiben werde? — Verstehe mich wohl Bruder. Es fällt mir nicht ein, diese Umstände gegen meine übrigen Geschwister geltend zu machen, wenn sie sich ordentlich und vernünftig betragen, und durch Unvernunft meinen Un-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/232
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/232>, abgerufen am 25.08.2024.