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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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des Völkerverkehrs wesentlich gefördert hat. Keine Zollvereinsregierung hat
einen Widerstand gegen den Vertrag zu besiegen, der auch nur annähernd an
Stärke und Umfang dem Widerstand der französischen Fabrikbezirke gleich käme.
Wenn man die Aeußerungen für und gegen den Vertrag von Organen des
Handels und der Gewerbe, von Versammlungen verschiedener Art verfolgt, so
kann man eine genaue Karte von dem wirthschaftlichen und allgemeinen Bil¬
dungsgrade der Bevölkerungen in dem Vereinsgebiete entwerfen. Das Resul¬
tat ist ein erfreuliches. Die dunkeln Schattirungen kommen nur vereinzelt und
local, hauptsächlich in Bayern und in Schwaben vor.

Die bellen Partien der Einsicht und der Thatkraft herrschen in einer Aus¬
dehnung vor, die uns mit gerechtem Stolze auf die Tüchtigkeit der Nation er¬
füllt. Wenn die deutsche Industrie, indem sie dem Handelsvertrage mit Frank¬
reich ihre Zustimmung gibt, daran das Begehren knüpft, daß nun auch für
Land- und Wasserstraßen, für Eisenbahnen und Kanäle, für Befreiung des
Transports von lästigen Abgaben, für gleichmäßige Besteuerung, für ungehin¬
derte Niederlassung und Heranziehung von Arbeitskräften das Nöthige geschehe,
damit sie in diesen Beziehungen nicht hinter "den Nachbarn zurückstehe, sondern
mit gleichen Waffen den Wettkampf zu führen vermöge, so ist sie vollständig in
ihrem Rechte. Wir halten es auch sür keinen der geringsten Vortheile des
Handelsvertrags mit Frankreich, daß er uns so Manches, was bisher versäumt
worden ist. wie die Regulirung der Oder, die Entlastung der Elbschifffahrt,
U- s. w,. als nothwendige Folge bringen werde.

Wenn die allgemeine Stimmung mit wenigen Ausnahmen dem Handels¬
vertrage günstig war. nirgends aber ein erheblicher Widerstand der Genehmi¬
gung desselben Seitens einer Regierung entgegentrat, wenn sie ihn nicht etwa
selbst provociren wollte, so war'auf der andern Seite zu erwarten, daß die
Regierungen ihre Aeußerungen über den Vertrag, wie er aus den Verhand¬
lungen hervorgegangen war.' welche Preußen in ihrem Auftrage gepflogen hatte.
W Mäßigen Fristen abgeben würden. Sie hatten ja von allen Phasen der Ver¬
handlungen Kenntniß 'erhalten, und bis in die legten Stadien keinen Wider¬
spruch kund gegeben. Der Anfang schien den naturgemäßen Voraussetzungen
M entsprechen. Das Land, in welchem Landwirthschaft, Bergbau und Industrie
w Verhältnisse zur Größe und Volkszahl am meisten entwickelt. >n welchem
Zugleich ein Mittelpunkt des deutschen Waaren- und Buchhandels. Leipzig, seine
Interessen mit Einsicht und Entschiedenheit zu vertreten gewohnt ist. das König¬
reich Sachsen, berief seine Kammern zu einen: außerordentlichen Landtags uno
legte ihnen die Mit Frankreich abgeschlossenen Verträge über Handel, -Schif¬
fahrt und den Schutz des literarischen Eigenthums zur Genehmigung voi.
Die Regierung, in Fragen der Bundesreform unter den Gegnern Preußens
bewährte in dieser Sache den klaren Blick und die Einsicht, welch, ihre und


des Völkerverkehrs wesentlich gefördert hat. Keine Zollvereinsregierung hat
einen Widerstand gegen den Vertrag zu besiegen, der auch nur annähernd an
Stärke und Umfang dem Widerstand der französischen Fabrikbezirke gleich käme.
Wenn man die Aeußerungen für und gegen den Vertrag von Organen des
Handels und der Gewerbe, von Versammlungen verschiedener Art verfolgt, so
kann man eine genaue Karte von dem wirthschaftlichen und allgemeinen Bil¬
dungsgrade der Bevölkerungen in dem Vereinsgebiete entwerfen. Das Resul¬
tat ist ein erfreuliches. Die dunkeln Schattirungen kommen nur vereinzelt und
local, hauptsächlich in Bayern und in Schwaben vor.

Die bellen Partien der Einsicht und der Thatkraft herrschen in einer Aus¬
dehnung vor, die uns mit gerechtem Stolze auf die Tüchtigkeit der Nation er¬
füllt. Wenn die deutsche Industrie, indem sie dem Handelsvertrage mit Frank¬
reich ihre Zustimmung gibt, daran das Begehren knüpft, daß nun auch für
Land- und Wasserstraßen, für Eisenbahnen und Kanäle, für Befreiung des
Transports von lästigen Abgaben, für gleichmäßige Besteuerung, für ungehin¬
derte Niederlassung und Heranziehung von Arbeitskräften das Nöthige geschehe,
damit sie in diesen Beziehungen nicht hinter "den Nachbarn zurückstehe, sondern
mit gleichen Waffen den Wettkampf zu führen vermöge, so ist sie vollständig in
ihrem Rechte. Wir halten es auch sür keinen der geringsten Vortheile des
Handelsvertrags mit Frankreich, daß er uns so Manches, was bisher versäumt
worden ist. wie die Regulirung der Oder, die Entlastung der Elbschifffahrt,
U- s. w,. als nothwendige Folge bringen werde.

Wenn die allgemeine Stimmung mit wenigen Ausnahmen dem Handels¬
vertrage günstig war. nirgends aber ein erheblicher Widerstand der Genehmi¬
gung desselben Seitens einer Regierung entgegentrat, wenn sie ihn nicht etwa
selbst provociren wollte, so war'auf der andern Seite zu erwarten, daß die
Regierungen ihre Aeußerungen über den Vertrag, wie er aus den Verhand¬
lungen hervorgegangen war.' welche Preußen in ihrem Auftrage gepflogen hatte.
W Mäßigen Fristen abgeben würden. Sie hatten ja von allen Phasen der Ver¬
handlungen Kenntniß 'erhalten, und bis in die legten Stadien keinen Wider¬
spruch kund gegeben. Der Anfang schien den naturgemäßen Voraussetzungen
M entsprechen. Das Land, in welchem Landwirthschaft, Bergbau und Industrie
w Verhältnisse zur Größe und Volkszahl am meisten entwickelt. >n welchem
Zugleich ein Mittelpunkt des deutschen Waaren- und Buchhandels. Leipzig, seine
Interessen mit Einsicht und Entschiedenheit zu vertreten gewohnt ist. das König¬
reich Sachsen, berief seine Kammern zu einen: außerordentlichen Landtags uno
legte ihnen die Mit Frankreich abgeschlossenen Verträge über Handel, -Schif¬
fahrt und den Schutz des literarischen Eigenthums zur Genehmigung voi.
Die Regierung, in Fragen der Bundesreform unter den Gegnern Preußens
bewährte in dieser Sache den klaren Blick und die Einsicht, welch, ihre und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/221>, abgerufen am 25.08.2024.