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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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dahin überzusiedeln si, 309 f. II. 277, 284). Unterdeß war sein vertrautester
Bruder Gotthelf gestorben, weshalb der nächste Brief an denjenigen unter seinen
Brüdern gerichtet ist, der ihm nach jenem der liebste war, nämlich Gottlob.


32.

' Jena, d. 20. Februar. 1800.


Lieber Bruder,

Was Du mir in Deinem leztern Briefe über die Aufführung unsers ver¬
storbenen Bruders meldest, will ich vor der Hand auf sich beruhen lassen.

Daß, in Absicht der Hanthirung, und meiner Forderungen, alles von allen
Seiten verworren genug ist, ersehe ich gar deutlich: was aber meine Anwesenheit
in Rammcnau dabei fruchten könne, nicht. Auch ist, Deinem letztern zu Folge,
unsre Zusammenkunft bei Deiner Frankfurter Reise von Schwierigkeiten be¬
gleitet, welche die Vortheile, die ich mir davon verspreche, wohl niederwiegen
möchten. Ich gebe also diese Zusammenkunft auf, indem ich einen andern Ver¬
such mache, ins klare zu kommen.

Dieser Brief trift Dich ohne Zweifelmoch vor Deiner Abreise nach Frank¬
furt; mich aber trift keiner von Dir mehr in Jena; indem ein blosser Zufall
mich noch diesen Monat hier zurükgehalten, und verhindert hat, nach Berlin
zu gehen, wohin ich längstens binnen 14. Tagen mit meiner Familie auf im¬
mer abgehen werde.


Dein getreuer Bruder
I. G. Fichte.

Aufschrift:


An Joh. Gottlob FichtezuElster.

Fichte wurde sodann zum Professor in Erlangen ernannt, wo er aber nur
im Sommer 1805 lehrte, weil 1806 die kriegerischen Ereignisse ihn anderwärts-
hm führten, während gleich von vorn herein bestimmt worden war. daß er im
Wintersemester in Berlin Vorträge halten durfte. Von da aus ist der folgende
Brief seiner Frau geschrieben, in welchem sie in diesen gefahrvollen Zeiten auf
zartfühlende Weise sich für ihre und ihres Kindes Zukunft besorgt zeigt. Das
erwähnte Unwohlsein Fichte's war eine heftige Kolik (II, 405).


33

Lerlin ä: 26: Kenner 1806:

Theure Eltern, ich bitte Sie um eine Gefälligkeit daß Sie nämlich die
Güte hätten mir bey dem ?r6cliger meines Lieben Mannes Taufschein auszu¬
wirken, denn da ich in die hiesige WitwenOaaße legen will, so brauch ich
ihn dazu unumgänglich ich laße mir zu dem Ende hin Geld aus der Schweiz
kommen, welches ich noch da stehn habe; mein Mann weiß nichts davon daß


dahin überzusiedeln si, 309 f. II. 277, 284). Unterdeß war sein vertrautester
Bruder Gotthelf gestorben, weshalb der nächste Brief an denjenigen unter seinen
Brüdern gerichtet ist, der ihm nach jenem der liebste war, nämlich Gottlob.


32.

' Jena, d. 20. Februar. 1800.


Lieber Bruder,

Was Du mir in Deinem leztern Briefe über die Aufführung unsers ver¬
storbenen Bruders meldest, will ich vor der Hand auf sich beruhen lassen.

Daß, in Absicht der Hanthirung, und meiner Forderungen, alles von allen
Seiten verworren genug ist, ersehe ich gar deutlich: was aber meine Anwesenheit
in Rammcnau dabei fruchten könne, nicht. Auch ist, Deinem letztern zu Folge,
unsre Zusammenkunft bei Deiner Frankfurter Reise von Schwierigkeiten be¬
gleitet, welche die Vortheile, die ich mir davon verspreche, wohl niederwiegen
möchten. Ich gebe also diese Zusammenkunft auf, indem ich einen andern Ver¬
such mache, ins klare zu kommen.

Dieser Brief trift Dich ohne Zweifelmoch vor Deiner Abreise nach Frank¬
furt; mich aber trift keiner von Dir mehr in Jena; indem ein blosser Zufall
mich noch diesen Monat hier zurükgehalten, und verhindert hat, nach Berlin
zu gehen, wohin ich längstens binnen 14. Tagen mit meiner Familie auf im¬
mer abgehen werde.


Dein getreuer Bruder
I. G. Fichte.

Aufschrift:


An Joh. Gottlob FichtezuElster.

Fichte wurde sodann zum Professor in Erlangen ernannt, wo er aber nur
im Sommer 1805 lehrte, weil 1806 die kriegerischen Ereignisse ihn anderwärts-
hm führten, während gleich von vorn herein bestimmt worden war. daß er im
Wintersemester in Berlin Vorträge halten durfte. Von da aus ist der folgende
Brief seiner Frau geschrieben, in welchem sie in diesen gefahrvollen Zeiten auf
zartfühlende Weise sich für ihre und ihres Kindes Zukunft besorgt zeigt. Das
erwähnte Unwohlsein Fichte's war eine heftige Kolik (II, 405).


33

Lerlin ä: 26: Kenner 1806:

Theure Eltern, ich bitte Sie um eine Gefälligkeit daß Sie nämlich die
Güte hätten mir bey dem ?r6cliger meines Lieben Mannes Taufschein auszu¬
wirken, denn da ich in die hiesige WitwenOaaße legen will, so brauch ich
ihn dazu unumgänglich ich laße mir zu dem Ende hin Geld aus der Schweiz
kommen, welches ich noch da stehn habe; mein Mann weiß nichts davon daß


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[0184] dahin überzusiedeln si, 309 f. II. 277, 284). Unterdeß war sein vertrautester Bruder Gotthelf gestorben, weshalb der nächste Brief an denjenigen unter seinen Brüdern gerichtet ist, der ihm nach jenem der liebste war, nämlich Gottlob. 32. ' Jena, d. 20. Februar. 1800. Lieber Bruder, Was Du mir in Deinem leztern Briefe über die Aufführung unsers ver¬ storbenen Bruders meldest, will ich vor der Hand auf sich beruhen lassen. Daß, in Absicht der Hanthirung, und meiner Forderungen, alles von allen Seiten verworren genug ist, ersehe ich gar deutlich: was aber meine Anwesenheit in Rammcnau dabei fruchten könne, nicht. Auch ist, Deinem letztern zu Folge, unsre Zusammenkunft bei Deiner Frankfurter Reise von Schwierigkeiten be¬ gleitet, welche die Vortheile, die ich mir davon verspreche, wohl niederwiegen möchten. Ich gebe also diese Zusammenkunft auf, indem ich einen andern Ver¬ such mache, ins klare zu kommen. Dieser Brief trift Dich ohne Zweifelmoch vor Deiner Abreise nach Frank¬ furt; mich aber trift keiner von Dir mehr in Jena; indem ein blosser Zufall mich noch diesen Monat hier zurükgehalten, und verhindert hat, nach Berlin zu gehen, wohin ich längstens binnen 14. Tagen mit meiner Familie auf im¬ mer abgehen werde. Dein getreuer Bruder I. G. Fichte. Aufschrift: An Joh. Gottlob FichtezuElster. Fichte wurde sodann zum Professor in Erlangen ernannt, wo er aber nur im Sommer 1805 lehrte, weil 1806 die kriegerischen Ereignisse ihn anderwärts- hm führten, während gleich von vorn herein bestimmt worden war. daß er im Wintersemester in Berlin Vorträge halten durfte. Von da aus ist der folgende Brief seiner Frau geschrieben, in welchem sie in diesen gefahrvollen Zeiten auf zartfühlende Weise sich für ihre und ihres Kindes Zukunft besorgt zeigt. Das erwähnte Unwohlsein Fichte's war eine heftige Kolik (II, 405). 33 Lerlin ä: 26: Kenner 1806: Theure Eltern, ich bitte Sie um eine Gefälligkeit daß Sie nämlich die Güte hätten mir bey dem ?r6cliger meines Lieben Mannes Taufschein auszu¬ wirken, denn da ich in die hiesige WitwenOaaße legen will, so brauch ich ihn dazu unumgänglich ich laße mir zu dem Ende hin Geld aus der Schweiz kommen, welches ich noch da stehn habe; mein Mann weiß nichts davon daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/184>, abgerufen am 22.07.2024.