Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

60,000 bis 70,000 Seelen abgetheilt, von welchen die slavonischen und kroa¬
tischen noch jetzt bestehen, wogegen die zu jener Zeit im Banat zwischen der
Theiß und Marosch neu gegründeten Militärcvlonien nach kurzem Bestände
wieder aufgelöst wurden.

Im Jahre 1754 endlich wurde durch die "Granitzrechte" der Schlußstein
zu dem Gebäude der Grenzverfassung gelegt. Zum erstenmale wurde nun
von der Regierung der Grundbesitz aller Grenzbewohner als "Militärlehen"
erklärt und -- von den kroatisch-slavonischen, so wie schließlich von den un¬
garischen Ständen kein besonderer Widerspruch dagegen erhoben. Man scheint
beiderseits diese Angelegenheit als etwas as laco schon längst Bestehendes,
über dessen Benennung man nur bisher noch nicht einig geworden, betrachtet
zu haben. Indessen muß man zugeben,.daß die Regierung bei der weitern
Durchführung des von ihr aufgestellten Principes nach den Grundsätzen des
Rechtes und der Billigkeit vorschritt. Die mit dem Institute der Grenze un¬
vereinbarer Elemente der Bevölkerung, besonders der Klerus und der Adel,
wurden durch Tausch und Verkauf entschädigt und nach und nach entfernt, oder
in die in einigen Städten gegründeten Militärimmunitäten zusammengezogen,
ihre Besitzungen aber wurden an militärpflichtige Grenzer oder an solche 'An¬
siedler verliehen, welche die Übertragung eines Militärlebens freiwillig nach¬
suchten.

Zugleich wurde auch der größte Theil der Grenztruppen uniformirt und
nach Art der Linieninfanterie bewaffnet. Nur die Seressaner, die irreguläre
freiwillige Reiterei und mehre kleine Abtheilungen behielten ihr nationales
Costüm und ihre frühere Bewaffnung bei. Auch wurden jeder Compagnie
mehre Scharfschützen zugetheilt, welche mit gezogenen Büchsen, spater mit
Doppelflinten und zur Zeit des Kaisers Joseph sogar mit Windbüchsen bewaff¬
net wurden, bis man endlich wieder zu der gezogenen Kugelbüchse zurückkehrte.

Im Exercitium, sowie in den meisten militärischen und politischen Ver¬
hältnissen der Grenzer wurde wenig geändert. Der Grenzer versah so wie ehe¬
mals den Kordonsdienst in seiner etwas militärisch zugestutztem Bauerntracht,
der sogenannten Hausmontur; er wurde nur im Dienste nach den Militärgc-
setzen behandelt, zahlte einige kaum nennenswerthe Abgaben und genoß über¬
haupt verschiedene Begünstigungen. Nur im strengsten Kriegsfalle wurden die
Grenztruppen zum Ausmarsche aus ihrer Heimath beordert, und auch dann
war ihre Zahl nicht so beträchtlich wie in früheren Zeiten, da meistens nur
die ersten, und zuweilen auch wol die zweiten Bataillone, bei welchen sich die
jüngsten und die sich freiwillig meldenden Soldaten befanden, ausgerüstet wur¬
den. Man verwendete sie ausschließlich zum Dienste der leichten Truppen,
und als solche leisteten sie während des siebenjährigen Krieges vortreffliche
Dienste.


60,000 bis 70,000 Seelen abgetheilt, von welchen die slavonischen und kroa¬
tischen noch jetzt bestehen, wogegen die zu jener Zeit im Banat zwischen der
Theiß und Marosch neu gegründeten Militärcvlonien nach kurzem Bestände
wieder aufgelöst wurden.

Im Jahre 1754 endlich wurde durch die „Granitzrechte" der Schlußstein
zu dem Gebäude der Grenzverfassung gelegt. Zum erstenmale wurde nun
von der Regierung der Grundbesitz aller Grenzbewohner als „Militärlehen"
erklärt und — von den kroatisch-slavonischen, so wie schließlich von den un¬
garischen Ständen kein besonderer Widerspruch dagegen erhoben. Man scheint
beiderseits diese Angelegenheit als etwas as laco schon längst Bestehendes,
über dessen Benennung man nur bisher noch nicht einig geworden, betrachtet
zu haben. Indessen muß man zugeben,.daß die Regierung bei der weitern
Durchführung des von ihr aufgestellten Principes nach den Grundsätzen des
Rechtes und der Billigkeit vorschritt. Die mit dem Institute der Grenze un¬
vereinbarer Elemente der Bevölkerung, besonders der Klerus und der Adel,
wurden durch Tausch und Verkauf entschädigt und nach und nach entfernt, oder
in die in einigen Städten gegründeten Militärimmunitäten zusammengezogen,
ihre Besitzungen aber wurden an militärpflichtige Grenzer oder an solche 'An¬
siedler verliehen, welche die Übertragung eines Militärlebens freiwillig nach¬
suchten.

Zugleich wurde auch der größte Theil der Grenztruppen uniformirt und
nach Art der Linieninfanterie bewaffnet. Nur die Seressaner, die irreguläre
freiwillige Reiterei und mehre kleine Abtheilungen behielten ihr nationales
Costüm und ihre frühere Bewaffnung bei. Auch wurden jeder Compagnie
mehre Scharfschützen zugetheilt, welche mit gezogenen Büchsen, spater mit
Doppelflinten und zur Zeit des Kaisers Joseph sogar mit Windbüchsen bewaff¬
net wurden, bis man endlich wieder zu der gezogenen Kugelbüchse zurückkehrte.

Im Exercitium, sowie in den meisten militärischen und politischen Ver¬
hältnissen der Grenzer wurde wenig geändert. Der Grenzer versah so wie ehe¬
mals den Kordonsdienst in seiner etwas militärisch zugestutztem Bauerntracht,
der sogenannten Hausmontur; er wurde nur im Dienste nach den Militärgc-
setzen behandelt, zahlte einige kaum nennenswerthe Abgaben und genoß über¬
haupt verschiedene Begünstigungen. Nur im strengsten Kriegsfalle wurden die
Grenztruppen zum Ausmarsche aus ihrer Heimath beordert, und auch dann
war ihre Zahl nicht so beträchtlich wie in früheren Zeiten, da meistens nur
die ersten, und zuweilen auch wol die zweiten Bataillone, bei welchen sich die
jüngsten und die sich freiwillig meldenden Soldaten befanden, ausgerüstet wur¬
den. Man verwendete sie ausschließlich zum Dienste der leichten Truppen,
und als solche leisteten sie während des siebenjährigen Krieges vortreffliche
Dienste.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0013" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114327"/>
            <p xml:id="ID_23" prev="#ID_22"> 60,000 bis 70,000 Seelen abgetheilt, von welchen die slavonischen und kroa¬<lb/>
tischen noch jetzt bestehen, wogegen die zu jener Zeit im Banat zwischen der<lb/>
Theiß und Marosch neu gegründeten Militärcvlonien nach kurzem Bestände<lb/>
wieder aufgelöst wurden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_24"> Im Jahre 1754 endlich wurde durch die &#x201E;Granitzrechte" der Schlußstein<lb/>
zu dem Gebäude der Grenzverfassung gelegt. Zum erstenmale wurde nun<lb/>
von der Regierung der Grundbesitz aller Grenzbewohner als &#x201E;Militärlehen"<lb/>
erklärt und &#x2014; von den kroatisch-slavonischen, so wie schließlich von den un¬<lb/>
garischen Ständen kein besonderer Widerspruch dagegen erhoben. Man scheint<lb/>
beiderseits diese Angelegenheit als etwas as laco schon längst Bestehendes,<lb/>
über dessen Benennung man nur bisher noch nicht einig geworden, betrachtet<lb/>
zu haben. Indessen muß man zugeben,.daß die Regierung bei der weitern<lb/>
Durchführung des von ihr aufgestellten Principes nach den Grundsätzen des<lb/>
Rechtes und der Billigkeit vorschritt. Die mit dem Institute der Grenze un¬<lb/>
vereinbarer Elemente der Bevölkerung, besonders der Klerus und der Adel,<lb/>
wurden durch Tausch und Verkauf entschädigt und nach und nach entfernt, oder<lb/>
in die in einigen Städten gegründeten Militärimmunitäten zusammengezogen,<lb/>
ihre Besitzungen aber wurden an militärpflichtige Grenzer oder an solche 'An¬<lb/>
siedler verliehen, welche die Übertragung eines Militärlebens freiwillig nach¬<lb/>
suchten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_25"> Zugleich wurde auch der größte Theil der Grenztruppen uniformirt und<lb/>
nach Art der Linieninfanterie bewaffnet. Nur die Seressaner, die irreguläre<lb/>
freiwillige Reiterei und mehre kleine Abtheilungen behielten ihr nationales<lb/>
Costüm und ihre frühere Bewaffnung bei. Auch wurden jeder Compagnie<lb/>
mehre Scharfschützen zugetheilt, welche mit gezogenen Büchsen, spater mit<lb/>
Doppelflinten und zur Zeit des Kaisers Joseph sogar mit Windbüchsen bewaff¬<lb/>
net wurden, bis man endlich wieder zu der gezogenen Kugelbüchse zurückkehrte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_26"> Im Exercitium, sowie in den meisten militärischen und politischen Ver¬<lb/>
hältnissen der Grenzer wurde wenig geändert. Der Grenzer versah so wie ehe¬<lb/>
mals den Kordonsdienst in seiner etwas militärisch zugestutztem Bauerntracht,<lb/>
der sogenannten Hausmontur; er wurde nur im Dienste nach den Militärgc-<lb/>
setzen behandelt, zahlte einige kaum nennenswerthe Abgaben und genoß über¬<lb/>
haupt verschiedene Begünstigungen. Nur im strengsten Kriegsfalle wurden die<lb/>
Grenztruppen zum Ausmarsche aus ihrer Heimath beordert, und auch dann<lb/>
war ihre Zahl nicht so beträchtlich wie in früheren Zeiten, da meistens nur<lb/>
die ersten, und zuweilen auch wol die zweiten Bataillone, bei welchen sich die<lb/>
jüngsten und die sich freiwillig meldenden Soldaten befanden, ausgerüstet wur¬<lb/>
den. Man verwendete sie ausschließlich zum Dienste der leichten Truppen,<lb/>
und als solche leisteten sie während des siebenjährigen Krieges vortreffliche<lb/>
Dienste.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0013] 60,000 bis 70,000 Seelen abgetheilt, von welchen die slavonischen und kroa¬ tischen noch jetzt bestehen, wogegen die zu jener Zeit im Banat zwischen der Theiß und Marosch neu gegründeten Militärcvlonien nach kurzem Bestände wieder aufgelöst wurden. Im Jahre 1754 endlich wurde durch die „Granitzrechte" der Schlußstein zu dem Gebäude der Grenzverfassung gelegt. Zum erstenmale wurde nun von der Regierung der Grundbesitz aller Grenzbewohner als „Militärlehen" erklärt und — von den kroatisch-slavonischen, so wie schließlich von den un¬ garischen Ständen kein besonderer Widerspruch dagegen erhoben. Man scheint beiderseits diese Angelegenheit als etwas as laco schon längst Bestehendes, über dessen Benennung man nur bisher noch nicht einig geworden, betrachtet zu haben. Indessen muß man zugeben,.daß die Regierung bei der weitern Durchführung des von ihr aufgestellten Principes nach den Grundsätzen des Rechtes und der Billigkeit vorschritt. Die mit dem Institute der Grenze un¬ vereinbarer Elemente der Bevölkerung, besonders der Klerus und der Adel, wurden durch Tausch und Verkauf entschädigt und nach und nach entfernt, oder in die in einigen Städten gegründeten Militärimmunitäten zusammengezogen, ihre Besitzungen aber wurden an militärpflichtige Grenzer oder an solche 'An¬ siedler verliehen, welche die Übertragung eines Militärlebens freiwillig nach¬ suchten. Zugleich wurde auch der größte Theil der Grenztruppen uniformirt und nach Art der Linieninfanterie bewaffnet. Nur die Seressaner, die irreguläre freiwillige Reiterei und mehre kleine Abtheilungen behielten ihr nationales Costüm und ihre frühere Bewaffnung bei. Auch wurden jeder Compagnie mehre Scharfschützen zugetheilt, welche mit gezogenen Büchsen, spater mit Doppelflinten und zur Zeit des Kaisers Joseph sogar mit Windbüchsen bewaff¬ net wurden, bis man endlich wieder zu der gezogenen Kugelbüchse zurückkehrte. Im Exercitium, sowie in den meisten militärischen und politischen Ver¬ hältnissen der Grenzer wurde wenig geändert. Der Grenzer versah so wie ehe¬ mals den Kordonsdienst in seiner etwas militärisch zugestutztem Bauerntracht, der sogenannten Hausmontur; er wurde nur im Dienste nach den Militärgc- setzen behandelt, zahlte einige kaum nennenswerthe Abgaben und genoß über¬ haupt verschiedene Begünstigungen. Nur im strengsten Kriegsfalle wurden die Grenztruppen zum Ausmarsche aus ihrer Heimath beordert, und auch dann war ihre Zahl nicht so beträchtlich wie in früheren Zeiten, da meistens nur die ersten, und zuweilen auch wol die zweiten Bataillone, bei welchen sich die jüngsten und die sich freiwillig meldenden Soldaten befanden, ausgerüstet wur¬ den. Man verwendete sie ausschließlich zum Dienste der leichten Truppen, und als solche leisteten sie während des siebenjährigen Krieges vortreffliche Dienste.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/13
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/13>, abgerufen am 29.06.2024.