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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band.

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Nach der Beendigung dieses Krieges wurden im Bannte neue Versuche
zur Erweiterung der Militärgrenze gemacht und zwar diesmal mit besserem
Erfolge.

Bald darauf wurde auch in Siebenbürgen, woselbst früher keine eigentliche
Militärgrenze bestand, aus den milizpflichtigen Wallachen einiger Distrikte und
aus den den Hauptbestandteil des königlichen Aufgebotes bildenden Szek-
lern, den sogenannten Sessivnsmilizen und königlichen Burgunterthanen, und
endlich aus freiwilligen Kolonisten ein Institut geschaffen, welches zwar den
Namen "siebenbürgische Militärgrenze" erhielt, jedoch weit eher mit den rufst-
schen Militärcolonien verglichen werden konnte.

Denn diese Militärgrenze bestand keineswegs aus einem zusammen¬
hängenden Landstriche, sondern aus mehren oft tief im Innern Sieben¬
bürgens liegenden.Distrikten, ja selbst aus einzelnen, hie und da zerstreuten
Ortschaften. Auch war die ganze Organisation sehr verschieden von jener
in den übrigen Militärgrenzdistrikten. Denn während die andern Grenz¬
regimenter schon damals aus drei Bataillonen bestanden, von welchen das
dritte den Kordonsdienst versehen mühte, und wenn auch dieses ins Feld rückte,
vierte, ja selbst fünfte Bataillone errichtet wurden, hatten die siebenbür-
gischen Grenzregimenter stets nur zwei Bataillone, die oftmals zugleich auf-
marschirten, sodaß nur ein kleines Detaschement zurückblieb, um die Bagage
des Regiments zu bewachen und die nachzusendenden Rekruten einzuüben.
Auch standen nur die Mannschaften der wirklich die Landesgrenze bildenden
Distrikte auf dem Korton, während die übrigen den gewöhnlichen Garni¬
sonsdienst in den nächstgelegenen Städten verrichteten.

Die Szekler Husaren, das einzige Reiterregiment der Militärgrenze,
hatten acht Schwadronen wie die übrigen leichten Reiterregimenter, mit
denen sie auch in anderer Hinsicht gleichstanden. Diese Szekler Husaren ge¬
hörten zu den besten Neitertruppen Oestreichs; sie waren berühmt wegen ihrer
Tapferkeit und Gewandtheit, aber auch gefürchtet wegen ihrer Wildheit und
Grausamkeit. Der Gesandtenmord bei Rastatt und manche andere Gräuel-
thaten wurden von diesen wilden Kriegern verübt. Aehnliches galt von den
beiden Szekler-Infanterieregimentern, wogegen die zwei walachischen Regimenter
sich mehr durch passive als durch aktive Soldatentugenden auszeichneten, wie
die Ereignisse in den Jahren 1843 und 1349 bewiesen haben. Die Wa-
lachen duldeten willig Gefangenschaft, Mißhandlungen, den Verlust ihrer Habe
und selbst den Tod, ohne in ihrer Ergebenheit für den Kaiser wankend zu
werden, leisteten aber in der Schlacht selten so viel als die übrigen östreichi¬
schen Truppen oder die ihnen gegenüberstehenden Sz-ekler.

Kaiser Joseph der Zweite übernahm nach dem Tode seines Vaters die Lei¬
tung der Militärangelegenheiten. Seiner unermüdlichen organisatorischen Thä-


Nach der Beendigung dieses Krieges wurden im Bannte neue Versuche
zur Erweiterung der Militärgrenze gemacht und zwar diesmal mit besserem
Erfolge.

Bald darauf wurde auch in Siebenbürgen, woselbst früher keine eigentliche
Militärgrenze bestand, aus den milizpflichtigen Wallachen einiger Distrikte und
aus den den Hauptbestandteil des königlichen Aufgebotes bildenden Szek-
lern, den sogenannten Sessivnsmilizen und königlichen Burgunterthanen, und
endlich aus freiwilligen Kolonisten ein Institut geschaffen, welches zwar den
Namen „siebenbürgische Militärgrenze" erhielt, jedoch weit eher mit den rufst-
schen Militärcolonien verglichen werden konnte.

Denn diese Militärgrenze bestand keineswegs aus einem zusammen¬
hängenden Landstriche, sondern aus mehren oft tief im Innern Sieben¬
bürgens liegenden.Distrikten, ja selbst aus einzelnen, hie und da zerstreuten
Ortschaften. Auch war die ganze Organisation sehr verschieden von jener
in den übrigen Militärgrenzdistrikten. Denn während die andern Grenz¬
regimenter schon damals aus drei Bataillonen bestanden, von welchen das
dritte den Kordonsdienst versehen mühte, und wenn auch dieses ins Feld rückte,
vierte, ja selbst fünfte Bataillone errichtet wurden, hatten die siebenbür-
gischen Grenzregimenter stets nur zwei Bataillone, die oftmals zugleich auf-
marschirten, sodaß nur ein kleines Detaschement zurückblieb, um die Bagage
des Regiments zu bewachen und die nachzusendenden Rekruten einzuüben.
Auch standen nur die Mannschaften der wirklich die Landesgrenze bildenden
Distrikte auf dem Korton, während die übrigen den gewöhnlichen Garni¬
sonsdienst in den nächstgelegenen Städten verrichteten.

Die Szekler Husaren, das einzige Reiterregiment der Militärgrenze,
hatten acht Schwadronen wie die übrigen leichten Reiterregimenter, mit
denen sie auch in anderer Hinsicht gleichstanden. Diese Szekler Husaren ge¬
hörten zu den besten Neitertruppen Oestreichs; sie waren berühmt wegen ihrer
Tapferkeit und Gewandtheit, aber auch gefürchtet wegen ihrer Wildheit und
Grausamkeit. Der Gesandtenmord bei Rastatt und manche andere Gräuel-
thaten wurden von diesen wilden Kriegern verübt. Aehnliches galt von den
beiden Szekler-Infanterieregimentern, wogegen die zwei walachischen Regimenter
sich mehr durch passive als durch aktive Soldatentugenden auszeichneten, wie
die Ereignisse in den Jahren 1843 und 1349 bewiesen haben. Die Wa-
lachen duldeten willig Gefangenschaft, Mißhandlungen, den Verlust ihrer Habe
und selbst den Tod, ohne in ihrer Ergebenheit für den Kaiser wankend zu
werden, leisteten aber in der Schlacht selten so viel als die übrigen östreichi¬
schen Truppen oder die ihnen gegenüberstehenden Sz-ekler.

Kaiser Joseph der Zweite übernahm nach dem Tode seines Vaters die Lei¬
tung der Militärangelegenheiten. Seiner unermüdlichen organisatorischen Thä-


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[0014] Nach der Beendigung dieses Krieges wurden im Bannte neue Versuche zur Erweiterung der Militärgrenze gemacht und zwar diesmal mit besserem Erfolge. Bald darauf wurde auch in Siebenbürgen, woselbst früher keine eigentliche Militärgrenze bestand, aus den milizpflichtigen Wallachen einiger Distrikte und aus den den Hauptbestandteil des königlichen Aufgebotes bildenden Szek- lern, den sogenannten Sessivnsmilizen und königlichen Burgunterthanen, und endlich aus freiwilligen Kolonisten ein Institut geschaffen, welches zwar den Namen „siebenbürgische Militärgrenze" erhielt, jedoch weit eher mit den rufst- schen Militärcolonien verglichen werden konnte. Denn diese Militärgrenze bestand keineswegs aus einem zusammen¬ hängenden Landstriche, sondern aus mehren oft tief im Innern Sieben¬ bürgens liegenden.Distrikten, ja selbst aus einzelnen, hie und da zerstreuten Ortschaften. Auch war die ganze Organisation sehr verschieden von jener in den übrigen Militärgrenzdistrikten. Denn während die andern Grenz¬ regimenter schon damals aus drei Bataillonen bestanden, von welchen das dritte den Kordonsdienst versehen mühte, und wenn auch dieses ins Feld rückte, vierte, ja selbst fünfte Bataillone errichtet wurden, hatten die siebenbür- gischen Grenzregimenter stets nur zwei Bataillone, die oftmals zugleich auf- marschirten, sodaß nur ein kleines Detaschement zurückblieb, um die Bagage des Regiments zu bewachen und die nachzusendenden Rekruten einzuüben. Auch standen nur die Mannschaften der wirklich die Landesgrenze bildenden Distrikte auf dem Korton, während die übrigen den gewöhnlichen Garni¬ sonsdienst in den nächstgelegenen Städten verrichteten. Die Szekler Husaren, das einzige Reiterregiment der Militärgrenze, hatten acht Schwadronen wie die übrigen leichten Reiterregimenter, mit denen sie auch in anderer Hinsicht gleichstanden. Diese Szekler Husaren ge¬ hörten zu den besten Neitertruppen Oestreichs; sie waren berühmt wegen ihrer Tapferkeit und Gewandtheit, aber auch gefürchtet wegen ihrer Wildheit und Grausamkeit. Der Gesandtenmord bei Rastatt und manche andere Gräuel- thaten wurden von diesen wilden Kriegern verübt. Aehnliches galt von den beiden Szekler-Infanterieregimentern, wogegen die zwei walachischen Regimenter sich mehr durch passive als durch aktive Soldatentugenden auszeichneten, wie die Ereignisse in den Jahren 1843 und 1349 bewiesen haben. Die Wa- lachen duldeten willig Gefangenschaft, Mißhandlungen, den Verlust ihrer Habe und selbst den Tod, ohne in ihrer Ergebenheit für den Kaiser wankend zu werden, leisteten aber in der Schlacht selten so viel als die übrigen östreichi¬ schen Truppen oder die ihnen gegenüberstehenden Sz-ekler. Kaiser Joseph der Zweite übernahm nach dem Tode seines Vaters die Lei¬ tung der Militärangelegenheiten. Seiner unermüdlichen organisatorischen Thä-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114313/14>, abgerufen am 01.07.2024.