Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Angriffs-Krieg noch drei Monate fuhren sann, einen Krieg, der täglich fast Gesetzt aber den Fall, derselbe kommt zu praktischer Durchführung, so ise immer¬ Angriffs-Krieg noch drei Monate fuhren sann, einen Krieg, der täglich fast Gesetzt aber den Fall, derselbe kommt zu praktischer Durchführung, so ise immer¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0080" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113860"/> <p xml:id="ID_193" prev="#ID_192"> Angriffs-Krieg noch drei Monate fuhren sann, einen Krieg, der täglich fast<lb/> zwei Millionen Dollars verschlingt, der mit jedem weitern Schritt in Feindes¬<lb/> land hinein seine Kosten steigert/ und dessen Ausgaben mit Steuern, die noch<lb/> nicht bewilligt sind, und mit Papiergeld, welches bereits im Werth zu sinken<lb/> beginnt, bestritten werden müssen — und es wird unzweifelhaft mehr als drei<lb/> Monate bedürfen, ehe der Plan des Präsidenten praktische Bedeutung erhält.'</p><lb/> <p xml:id="ID_194" next="#ID_195"> Gesetzt aber den Fall, derselbe kommt zu praktischer Durchführung, so ise immer¬<lb/> hin noch nicht gewiß, ob die Bevölkerung der betreffenden' Staaten ihn<lb/> willkommen heißen oder zurückweisen wird. Einerseits ist allerdings keine Frage,<lb/> daß, ob nun die Grenzstaaten sich dem Norden oder dem Süden anschließen<lb/> mögen, ihre Sklaven jedenfalls ein sehr unsicheres Stück ihres Besitzes sein<lb/> werden. Gehen sie mit dem Norden, so wird sich bald herausstellen/daß die<lb/> Sklaverei als gesetzlich geschützte Einrichtung bei ihnen dem Untergang verfallen<lb/> ist. Sie werden dieselbe und sich selbst, wofern sie sie aufrecht erhalten, durchaus<lb/> nicht im Einklang mit den Empfindungen und Meinungen finden, die in der<lb/> neuen -vorwiegend aus freien Staaten zusammengesetzten Gesammtrepublik<lb/> herrschen. Die Sklavenbesitzer werden von den Abolitiomsten unaufhörlich geplagt<lb/> und gehütete, von den Freesoilers gedrängt und von der freien Arbeit vielfach<lb/> überflügelt werden und endlich die Entdeckung machen, daß sie eine voll¬<lb/> kommen unhaltbar gewordene Position einnehmen. Schlösser dagegen die Grenz¬<lb/> staaten sich dem Süden an, so würde die Nachbarschaft der freien Nordstaaten,<lb/> in welchen kein „Gesetz über flüchtige Sklaven" mehr geduldet werden würde,<lb/> ihren Negern doppelt bequeme Gelegenheit zum Entlaufen geben. Selbst wenn<lb/> sich die sehr entfernte und durch die neuesten Ereignisse nur wenig wahrschein¬<lb/> licher gewordene Möglichkeit einer Wiederherstellung der Union verwirklichen<lb/> sollte, würden die stillen Eroberungen freier Arbeit auf den Gebieten der Grenz¬<lb/> staaten unbestreitbar fortdauern. Auf jeden Fall und unter allen Umständen<lb/> werden Sklaven in diesen Staaten von jetzt an ein Besitz'von zweifelhaftem<lb/> und fortwährend sinkendem Werth sein, ein Besitz also, in Betreff dessen es<lb/> klüger ist, ihn zu verkaufen als es auf seinen Verlust ankommen zu lassen.<lb/> Alles dies sollte die Bevölkerung dieser Gegenden geneigt machen, Einleitungen<lb/> zur Emancipation der Sklaven zu treffen und die angebotne Entschädigung an¬<lb/> zunehmen. Auf der andern Seite aber ist ein beträchtlicher Theil der Bewohner<lb/> der Grenzstaaten mit der Sklaverei förmlich verwachsen. Sie glauben nicht an<lb/> freie Arbeit, hassen sie und verachten sie. Sie haben keine Vorstellung davon,<lb/> daß freigelassene Neger um Lohn arbeiten werden, und empfinden kein Verlangen,<lb/> hohe Preise für die Dienstleistungen weißer Arbeiter zu zahlen. Die Virginier<lb/> werden nicht Lust haben, auf die großen Vortheile zu verzichten, die ihnen aus<lb/> der Züchtung von Sklaven für die Märkte der Baumwollenstaaten zuflössen.<lb/> In keinem der Grenzstaaten wird das Volk ferner mit besonderer Seelenruhe<lb/> und Befriedigung auf die zwölfmalhundcrttausend Menschen andrer Race in<lb/> ihrer unmittelbaren Nähe blicken, die, sehr wahrscheinlich arbeitsscheu, möglicher¬<lb/> weise zu Unehrlichkeitcn und Unordnungen hinneigend, einst ihre Hausthiere,<lb/> jetzt ihre Mitbürger sind. Endlich aber, wenn sie den Vorschlag der Ablösung<lb/> annehmen, diese Bewohner der Grenzstaaten, wo ist die Sicherheit, daß sie ihr<lb/> Geld wirklich und voll erhalten? Die Ablösungssumme kann nicht baar erlegt<lb/> werden, oder doch nur in Papier, in Schatznoten, das heißt in Zahlungsvc'r-<lb/> sprechen einer Regierung, deren Form wandelbar ist. deren Grenzen nicht fest¬<lb/> gestellt, deren Vollmachten nicht genau umschrieben sind, und deren Ruf im<lb/> Punkt des Worthaltens kaum ganz flcckenrein genannt werden darf. Schwer¬<lb/> lich würde man.sich vollständig sicher fühlen können, daß nicht eine hauptsächlich<lb/> von den Nordstaaten gewählte Gesetzgebung, unter schwerer Finanznoth leidend,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0080]
Angriffs-Krieg noch drei Monate fuhren sann, einen Krieg, der täglich fast
zwei Millionen Dollars verschlingt, der mit jedem weitern Schritt in Feindes¬
land hinein seine Kosten steigert/ und dessen Ausgaben mit Steuern, die noch
nicht bewilligt sind, und mit Papiergeld, welches bereits im Werth zu sinken
beginnt, bestritten werden müssen — und es wird unzweifelhaft mehr als drei
Monate bedürfen, ehe der Plan des Präsidenten praktische Bedeutung erhält.'
Gesetzt aber den Fall, derselbe kommt zu praktischer Durchführung, so ise immer¬
hin noch nicht gewiß, ob die Bevölkerung der betreffenden' Staaten ihn
willkommen heißen oder zurückweisen wird. Einerseits ist allerdings keine Frage,
daß, ob nun die Grenzstaaten sich dem Norden oder dem Süden anschließen
mögen, ihre Sklaven jedenfalls ein sehr unsicheres Stück ihres Besitzes sein
werden. Gehen sie mit dem Norden, so wird sich bald herausstellen/daß die
Sklaverei als gesetzlich geschützte Einrichtung bei ihnen dem Untergang verfallen
ist. Sie werden dieselbe und sich selbst, wofern sie sie aufrecht erhalten, durchaus
nicht im Einklang mit den Empfindungen und Meinungen finden, die in der
neuen -vorwiegend aus freien Staaten zusammengesetzten Gesammtrepublik
herrschen. Die Sklavenbesitzer werden von den Abolitiomsten unaufhörlich geplagt
und gehütete, von den Freesoilers gedrängt und von der freien Arbeit vielfach
überflügelt werden und endlich die Entdeckung machen, daß sie eine voll¬
kommen unhaltbar gewordene Position einnehmen. Schlösser dagegen die Grenz¬
staaten sich dem Süden an, so würde die Nachbarschaft der freien Nordstaaten,
in welchen kein „Gesetz über flüchtige Sklaven" mehr geduldet werden würde,
ihren Negern doppelt bequeme Gelegenheit zum Entlaufen geben. Selbst wenn
sich die sehr entfernte und durch die neuesten Ereignisse nur wenig wahrschein¬
licher gewordene Möglichkeit einer Wiederherstellung der Union verwirklichen
sollte, würden die stillen Eroberungen freier Arbeit auf den Gebieten der Grenz¬
staaten unbestreitbar fortdauern. Auf jeden Fall und unter allen Umständen
werden Sklaven in diesen Staaten von jetzt an ein Besitz'von zweifelhaftem
und fortwährend sinkendem Werth sein, ein Besitz also, in Betreff dessen es
klüger ist, ihn zu verkaufen als es auf seinen Verlust ankommen zu lassen.
Alles dies sollte die Bevölkerung dieser Gegenden geneigt machen, Einleitungen
zur Emancipation der Sklaven zu treffen und die angebotne Entschädigung an¬
zunehmen. Auf der andern Seite aber ist ein beträchtlicher Theil der Bewohner
der Grenzstaaten mit der Sklaverei förmlich verwachsen. Sie glauben nicht an
freie Arbeit, hassen sie und verachten sie. Sie haben keine Vorstellung davon,
daß freigelassene Neger um Lohn arbeiten werden, und empfinden kein Verlangen,
hohe Preise für die Dienstleistungen weißer Arbeiter zu zahlen. Die Virginier
werden nicht Lust haben, auf die großen Vortheile zu verzichten, die ihnen aus
der Züchtung von Sklaven für die Märkte der Baumwollenstaaten zuflössen.
In keinem der Grenzstaaten wird das Volk ferner mit besonderer Seelenruhe
und Befriedigung auf die zwölfmalhundcrttausend Menschen andrer Race in
ihrer unmittelbaren Nähe blicken, die, sehr wahrscheinlich arbeitsscheu, möglicher¬
weise zu Unehrlichkeitcn und Unordnungen hinneigend, einst ihre Hausthiere,
jetzt ihre Mitbürger sind. Endlich aber, wenn sie den Vorschlag der Ablösung
annehmen, diese Bewohner der Grenzstaaten, wo ist die Sicherheit, daß sie ihr
Geld wirklich und voll erhalten? Die Ablösungssumme kann nicht baar erlegt
werden, oder doch nur in Papier, in Schatznoten, das heißt in Zahlungsvc'r-
sprechen einer Regierung, deren Form wandelbar ist. deren Grenzen nicht fest¬
gestellt, deren Vollmachten nicht genau umschrieben sind, und deren Ruf im
Punkt des Worthaltens kaum ganz flcckenrein genannt werden darf. Schwer¬
lich würde man.sich vollständig sicher fühlen können, daß nicht eine hauptsächlich
von den Nordstaaten gewählte Gesetzgebung, unter schwerer Finanznoth leidend,
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