Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.eines schönen Tages ein unbequemes Abkommen ohne Weiteres für null und Wir kommen zum Schluß, indem orr fragen: Gesetzt den Fall, daß Prä¬ Unsere Antwort lautet: Keineswegs. Es ist kein Grund vorhanden zu Wir haben stets die Ansicht gehegt, daß über kurz oder lang wenigstens Nach dem Gesagten wird Präsident Lincolns Lorschlag wahrscheinlich kein Grenzboten it. 1L62. 1y
eines schönen Tages ein unbequemes Abkommen ohne Weiteres für null und Wir kommen zum Schluß, indem orr fragen: Gesetzt den Fall, daß Prä¬ Unsere Antwort lautet: Keineswegs. Es ist kein Grund vorhanden zu Wir haben stets die Ansicht gehegt, daß über kurz oder lang wenigstens Nach dem Gesagten wird Präsident Lincolns Lorschlag wahrscheinlich kein Grenzboten it. 1L62. 1y
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0081" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113861"/> <p xml:id="ID_195" prev="#ID_194"> eines schönen Tages ein unbequemes Abkommen ohne Weiteres für null und<lb/> nichtig erklärte oder doch erheblich modificirte. und könnten die Se'lavenbesitzer<lb/> in den Grenzstaaten im Hinblick hierauf nicht meinen, daß die angebotne Ab¬<lb/> lösung nicht weniger unsicher als das Eigenthum an Sklaven sei?</p><lb/> <p xml:id="ID_196"> Wir kommen zum Schluß, indem orr fragen: Gesetzt den Fall, daß Prä¬<lb/> sident Lincolns Vorschlag vom Eongreß adoptirt und trotz seiner oben besprochnen<lb/> Bedenken von den Grenzstaaten gutgeheißen und angenommen wird, muß der¬<lb/> selbe dann nothwendig den von seinem Urheber erwarteten Erfolg haben, das<lb/> heißt, werden dadurch die wecessionisten sofort genöthigt sein, sich zu unter¬<lb/> werfen?</p><lb/> <p xml:id="ID_197"> Unsere Antwort lautet: Keineswegs. Es ist kein Grund vorhanden zu<lb/> solcher Vermuthung.</p><lb/> <p xml:id="ID_198"> Wir haben stets die Ansicht gehegt, daß über kurz oder lang wenigstens<lb/> vier von den Grenzstaaten entweder zum Theil oder in ihrer Ganzheit sich dem<lb/> Norden anschließen müßten. Die Scheidelinie zwischen den beiden Hälften der<lb/> Union würde, wenn es nicht so wäre, eine sehr wenig den Verhältnissen an¬<lb/> gemessene sein. Natürlich aber hat man es aus leiten der Consödenrten für<lb/> eine Sache von höchster Wichtigkeit angesehen, sich wo möglich dieser Staaten<lb/> zu versichern, da deren moralische und materielle Kraft unschätzoar erschien. Daher<lb/> die außerordentlichen Anstrengungen der Secessionisten, sich in deren Besitz zu<lb/> behaupten und sie bei der Bundesgenossenschaft festzuhalten. Kein Zweifel,<lb/> daß ihr jetzt nahegerückter, zum Theil schon erfolgter Rückfall an die Union ein<lb/> schwerer Schlag für die ehrgeizigen Hoffnungen der Führer des Südens ist.<lb/> Aber man muß sich erinnern, daß der Austritt dieser Staaten aus dem Bunde,<lb/> der in Washington sein Centrum hat, von Anfang an als eine sehr zweifel¬<lb/> hafte Angelegenheit galt, daß die Partei der Loyalen in einigen fast so zahl¬<lb/> reich als die gegnerische, in andern sogar stärker als diese und nur weniger<lb/> laut und energisch war, und daß die Abstimmung über Verbleiben in der Union<lb/> oder Ausscheiden in mehreren nur .mit knapper Noth und vieler Kunst in einem<lb/> sür die Trennungslustigen günstigen Sinn entschieden wurde, während die Baum-<lb/> wollenstaaten, wie früher bemerkt wurde, sich mit ungeheuerer Majorität für die<lb/> Secession aussprachen. Ja in Missouri und Kentuckh hat eine förmliche und<lb/> regelrechte Abstimmung für dieselbe unseres Mösers nicht einmal stattgefunden.<lb/> Keiner dieser Staaten ist nothwendig, d. h. in gewissem Grad durch seine<lb/> Natur gezwungen, ein sklavenhaltcnder geworden. Nur Tennessee baut eine<lb/> nicht ganz unbeträchtliche Masse von Baumwolle. Virgiiucn hat im Westen<lb/> auf weite Strecken hin fast ganz aufgehört, Wirthschaft mit Sklaven zu betrei¬<lb/> ben. Wir fürchten deshalb, daß der Rückfall dieser beiden Staaten und ebenso<lb/> der von Missouri, wo die Verhältnisse ähnlich sind, nur mäßigen Einfluß nach<lb/> der Richiung hin haben wird, woher die Beendigung des Krieges kommen kann.<lb/> Die Grenzstaaten wieder erobern heißt die Rebellion concentriren, nicht sie er¬<lb/> drücken. Die Staaten, welche die Bewegung begannen, und welche bei derselben<lb/> den größten Eifer zeigen, die Staaten, die durch Interesse und Sitte vollkommen<lb/> 'geeinigt sind, die beiden Carolinas, Georgia, Florida, Alabama, Mississippi,<lb/> Arcansas, Louisiana und Texas zeigen ihren Gegnern noch immer eine unge-<lb/> brochne oder doch nur leicht verletzte Fronte. Ihr Bund ist durch die letzten<lb/> Ereignisse an Dimension bedeutend kleiner geworden, er hat starke und kriegerische<lb/> Bundesgenossen eingebüßt, er verlor einige wichtige militärische Positionen. Aber<lb/> auf der andern Seite hat sich ihre Lage gebessert, insofern sie eine weit weniger<lb/> ausgedehnte Grenze zu vertheidigen und ihre Gegner ein weit weniger zugäng¬<lb/> liches Land anzugreifen haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_199" next="#ID_200"> Nach dem Gesagten wird Präsident Lincolns Lorschlag wahrscheinlich kein</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten it. 1L62. 1y</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0081]
eines schönen Tages ein unbequemes Abkommen ohne Weiteres für null und
nichtig erklärte oder doch erheblich modificirte. und könnten die Se'lavenbesitzer
in den Grenzstaaten im Hinblick hierauf nicht meinen, daß die angebotne Ab¬
lösung nicht weniger unsicher als das Eigenthum an Sklaven sei?
Wir kommen zum Schluß, indem orr fragen: Gesetzt den Fall, daß Prä¬
sident Lincolns Vorschlag vom Eongreß adoptirt und trotz seiner oben besprochnen
Bedenken von den Grenzstaaten gutgeheißen und angenommen wird, muß der¬
selbe dann nothwendig den von seinem Urheber erwarteten Erfolg haben, das
heißt, werden dadurch die wecessionisten sofort genöthigt sein, sich zu unter¬
werfen?
Unsere Antwort lautet: Keineswegs. Es ist kein Grund vorhanden zu
solcher Vermuthung.
Wir haben stets die Ansicht gehegt, daß über kurz oder lang wenigstens
vier von den Grenzstaaten entweder zum Theil oder in ihrer Ganzheit sich dem
Norden anschließen müßten. Die Scheidelinie zwischen den beiden Hälften der
Union würde, wenn es nicht so wäre, eine sehr wenig den Verhältnissen an¬
gemessene sein. Natürlich aber hat man es aus leiten der Consödenrten für
eine Sache von höchster Wichtigkeit angesehen, sich wo möglich dieser Staaten
zu versichern, da deren moralische und materielle Kraft unschätzoar erschien. Daher
die außerordentlichen Anstrengungen der Secessionisten, sich in deren Besitz zu
behaupten und sie bei der Bundesgenossenschaft festzuhalten. Kein Zweifel,
daß ihr jetzt nahegerückter, zum Theil schon erfolgter Rückfall an die Union ein
schwerer Schlag für die ehrgeizigen Hoffnungen der Führer des Südens ist.
Aber man muß sich erinnern, daß der Austritt dieser Staaten aus dem Bunde,
der in Washington sein Centrum hat, von Anfang an als eine sehr zweifel¬
hafte Angelegenheit galt, daß die Partei der Loyalen in einigen fast so zahl¬
reich als die gegnerische, in andern sogar stärker als diese und nur weniger
laut und energisch war, und daß die Abstimmung über Verbleiben in der Union
oder Ausscheiden in mehreren nur .mit knapper Noth und vieler Kunst in einem
sür die Trennungslustigen günstigen Sinn entschieden wurde, während die Baum-
wollenstaaten, wie früher bemerkt wurde, sich mit ungeheuerer Majorität für die
Secession aussprachen. Ja in Missouri und Kentuckh hat eine förmliche und
regelrechte Abstimmung für dieselbe unseres Mösers nicht einmal stattgefunden.
Keiner dieser Staaten ist nothwendig, d. h. in gewissem Grad durch seine
Natur gezwungen, ein sklavenhaltcnder geworden. Nur Tennessee baut eine
nicht ganz unbeträchtliche Masse von Baumwolle. Virgiiucn hat im Westen
auf weite Strecken hin fast ganz aufgehört, Wirthschaft mit Sklaven zu betrei¬
ben. Wir fürchten deshalb, daß der Rückfall dieser beiden Staaten und ebenso
der von Missouri, wo die Verhältnisse ähnlich sind, nur mäßigen Einfluß nach
der Richiung hin haben wird, woher die Beendigung des Krieges kommen kann.
Die Grenzstaaten wieder erobern heißt die Rebellion concentriren, nicht sie er¬
drücken. Die Staaten, welche die Bewegung begannen, und welche bei derselben
den größten Eifer zeigen, die Staaten, die durch Interesse und Sitte vollkommen
'geeinigt sind, die beiden Carolinas, Georgia, Florida, Alabama, Mississippi,
Arcansas, Louisiana und Texas zeigen ihren Gegnern noch immer eine unge-
brochne oder doch nur leicht verletzte Fronte. Ihr Bund ist durch die letzten
Ereignisse an Dimension bedeutend kleiner geworden, er hat starke und kriegerische
Bundesgenossen eingebüßt, er verlor einige wichtige militärische Positionen. Aber
auf der andern Seite hat sich ihre Lage gebessert, insofern sie eine weit weniger
ausgedehnte Grenze zu vertheidigen und ihre Gegner ein weit weniger zugäng¬
liches Land anzugreifen haben.
Nach dem Gesagten wird Präsident Lincolns Lorschlag wahrscheinlich kein
Grenzboten it. 1L62. 1y
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