Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Vereinsthätigkeit zu erwecken, vergeblich oder von nur geringem Erfolg gewesen., Aber alles dies reicht noch nicht hin, zu erklären, daß die Stiftung, mit Der Unverstand dieser Meinung liegt so auf der Hand, daß er keiner Auch wir halten es hier für überflüssig, die mathematische Unrichtigkeit In einer kleinen polnischen Judenstadt predigt ein warschauer Oberrab¬ Grenjboten II. 1LK2. os
Vereinsthätigkeit zu erwecken, vergeblich oder von nur geringem Erfolg gewesen., Aber alles dies reicht noch nicht hin, zu erklären, daß die Stiftung, mit Der Unverstand dieser Meinung liegt so auf der Hand, daß er keiner Auch wir halten es hier für überflüssig, die mathematische Unrichtigkeit In einer kleinen polnischen Judenstadt predigt ein warschauer Oberrab¬ Grenjboten II. 1LK2. os
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0521" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114301"/> <p xml:id="ID_1688" prev="#ID_1687"> Vereinsthätigkeit zu erwecken, vergeblich oder von nur geringem Erfolg gewesen.,<lb/> Namentlich wird über die großen Städte, vor allem über Berlin und Ham¬<lb/> burg, geklagt. Ebenso hatte der letzte Jahresbericht die Unempfänglichkeit oder<lb/> Lauheit zu bedauern, die in den vornehmsten und wohlhabendsten Ständen in<lb/> Bezug aus den Verein herrscht, und die man durch vielfache Zerstreuung der<lb/> Interessen und durch zu große Entferntheit der Gedanken von der Noth der<lb/> Geringen und Armen wohl erklären, aber nicht entschuldigen kann. Unzweifel¬<lb/> haft endlich werden die mannigfachsten Mittheilungen aus dem Verein noch<lb/> von Tausenden, in deren Hände sie gelangen, nicht einmal gelesen, geschweige<lb/> denn als fruchtbringende Anregung aufgenommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1689"> Aber alles dies reicht noch nicht hin, zu erklären, daß die Stiftung, mit<lb/> großem Sinn aufgefaßt und mit ihrer Ausgabe verglichen, noch^immer nur als<lb/> ein schöner Anfang zu dem erscheint, was sie leisten sollte und könnte. Kein<lb/> Zweifel, daß sie, wofern sie alle Protestanten vereinigte, wofern sie auch nur<lb/> alle die Evangelischen zu steuernden Freunden hätte, welche nicht in dem neu¬<lb/> modischen confessionellen Gezänk Partei nehmen, jährlich das Dreifache und<lb/> mehr von dem einnehmen würde, was jetzt in ihre Kassen fließt. Einige<lb/> von den Gründen, weshalb dies noch nicht der Fall ist, haben wir angegeben.<lb/> Andere 'mögen in ähnlichen UnVollkommenheiten der Menschennatur liegen. Als<lb/> Haupterklärungsgrund erscheint uns eine Beobachtung, welche auch bei andern<lb/> öffentlichen Unternehmungen, die nur durch allgemeine Betheiligung zur Größe<lb/> gedeihen, z. B. bei Parlamentswahlen, gemacht wird, die Beobachtung näm¬<lb/> lich, wie sehr viele sonst Gutgesinnte sich trösten, daß ja Andere sich rüstig<lb/> regen, schaffen und geben, und daß der Einzelne nicht zählt und dar»in beim<lb/> Resultat und Facit nicht vermißt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1690"> Der Unverstand dieser Meinung liegt so auf der Hand, daß er keiner<lb/> Widerlegung bedarf, ja daß er sich bei den Meisten, die ihm huldigen, nicht<lb/> einmal laut zu werden getraut., sondern nur als stilles Hausmittel gebraucht<lb/> wird, wenn das Gewissen einmal geweckt wird und ein Anflug von guten<lb/> Vorsätzen sich zeigt.<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_1691"> Auch wir halten es hier für überflüssig, die mathematische Unrichtigkeit<lb/> und die moralische Schimpflichkeit solcher Art zu rechnen mit Gründen nach¬<lb/> zuweisen, und überlassen dies der Predigt, in der es ganz am Orte sein<lb/> würde. Dagegen sei es gestattet, eine Geschichte zu erzählen, welche zwar komi¬<lb/> scher Natur ist, der wir aber, der ernsten Moral wegen, die ihren Kern bildet,<lb/> das Bürgerrecht im Zusammenhang ernstgemeinter Erörterung nicht versagen<lb/> zu dürfen meinten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1692" next="#ID_1693"> In einer kleinen polnischen Judenstadt predigt ein warschauer Oberrab¬<lb/> biner, der auf der Durchreise ist. Seine Ansprache gewinnt den Beifall der<lb/> Glaubensgenossen in ungewöhnlichem Grade, und von Dankbarkeit erfüllt,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenjboten II. 1LK2. os</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0521]
Vereinsthätigkeit zu erwecken, vergeblich oder von nur geringem Erfolg gewesen.,
Namentlich wird über die großen Städte, vor allem über Berlin und Ham¬
burg, geklagt. Ebenso hatte der letzte Jahresbericht die Unempfänglichkeit oder
Lauheit zu bedauern, die in den vornehmsten und wohlhabendsten Ständen in
Bezug aus den Verein herrscht, und die man durch vielfache Zerstreuung der
Interessen und durch zu große Entferntheit der Gedanken von der Noth der
Geringen und Armen wohl erklären, aber nicht entschuldigen kann. Unzweifel¬
haft endlich werden die mannigfachsten Mittheilungen aus dem Verein noch
von Tausenden, in deren Hände sie gelangen, nicht einmal gelesen, geschweige
denn als fruchtbringende Anregung aufgenommen.
Aber alles dies reicht noch nicht hin, zu erklären, daß die Stiftung, mit
großem Sinn aufgefaßt und mit ihrer Ausgabe verglichen, noch^immer nur als
ein schöner Anfang zu dem erscheint, was sie leisten sollte und könnte. Kein
Zweifel, daß sie, wofern sie alle Protestanten vereinigte, wofern sie auch nur
alle die Evangelischen zu steuernden Freunden hätte, welche nicht in dem neu¬
modischen confessionellen Gezänk Partei nehmen, jährlich das Dreifache und
mehr von dem einnehmen würde, was jetzt in ihre Kassen fließt. Einige
von den Gründen, weshalb dies noch nicht der Fall ist, haben wir angegeben.
Andere 'mögen in ähnlichen UnVollkommenheiten der Menschennatur liegen. Als
Haupterklärungsgrund erscheint uns eine Beobachtung, welche auch bei andern
öffentlichen Unternehmungen, die nur durch allgemeine Betheiligung zur Größe
gedeihen, z. B. bei Parlamentswahlen, gemacht wird, die Beobachtung näm¬
lich, wie sehr viele sonst Gutgesinnte sich trösten, daß ja Andere sich rüstig
regen, schaffen und geben, und daß der Einzelne nicht zählt und dar»in beim
Resultat und Facit nicht vermißt wird.
Der Unverstand dieser Meinung liegt so auf der Hand, daß er keiner
Widerlegung bedarf, ja daß er sich bei den Meisten, die ihm huldigen, nicht
einmal laut zu werden getraut., sondern nur als stilles Hausmittel gebraucht
wird, wenn das Gewissen einmal geweckt wird und ein Anflug von guten
Vorsätzen sich zeigt.
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Auch wir halten es hier für überflüssig, die mathematische Unrichtigkeit
und die moralische Schimpflichkeit solcher Art zu rechnen mit Gründen nach¬
zuweisen, und überlassen dies der Predigt, in der es ganz am Orte sein
würde. Dagegen sei es gestattet, eine Geschichte zu erzählen, welche zwar komi¬
scher Natur ist, der wir aber, der ernsten Moral wegen, die ihren Kern bildet,
das Bürgerrecht im Zusammenhang ernstgemeinter Erörterung nicht versagen
zu dürfen meinten.
In einer kleinen polnischen Judenstadt predigt ein warschauer Oberrab¬
biner, der auf der Durchreise ist. Seine Ansprache gewinnt den Beifall der
Glaubensgenossen in ungewöhnlichem Grade, und von Dankbarkeit erfüllt,
Grenjboten II. 1LK2. os
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