Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.zwischen Rom und Turin, falls ein solches sich erzielen ließ, nichts in den Weg Ganz in diese selbe Zeit nun fallen auch die geheimen Verhandlungen Der genauere Hergang dieser geheimen Verhandlungen ist nach den Ent¬ Graf Cavour bediente sich zunächst eines Bekannten aus Vercelli, den er 6*
zwischen Rom und Turin, falls ein solches sich erzielen ließ, nichts in den Weg Ganz in diese selbe Zeit nun fallen auch die geheimen Verhandlungen Der genauere Hergang dieser geheimen Verhandlungen ist nach den Ent¬ Graf Cavour bediente sich zunächst eines Bekannten aus Vercelli, den er 6*
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zwischen Rom und Turin, falls ein solches sich erzielen ließ, nichts in den Weg
zu legen. Unter diesen Umständen folgte man mit gespanntem Interesse den
Reisen mehrerer Persönlichkeiten, die offenbar mit solchen Unterhandlungen in
Verbindung standen. Man wußte, daß der Abbate Passaglia in der ersten Hälfte
des Februars in Turin angekommen war und sei es mit oder ohne Wissen des
Papstes mit Cavour verhandelte. Man wußte, daß dieser Jesuit, der noch bor
wenigen Jahren als der eigentliche Urheber des letzten Triumphs der Hierarchie,
der Prvclamirung des Dogmas von der unbefleckten Empfängniß galt, einer
Verständigung zwischen dem Papstthum und der Sache Italiens das Wort
redete, und sie selbst auf Kosten der weltlichen Herrschaft des Papstthums zu
betreiben bereit war. Man sprach außerdem von einer Reise des Marquis v.
Cadore, des französischen Gesandtschaftsraths in Rom, nach Paris und London,
von einer Mission des Monsignor Saccvni nach Paris — kurz die Luft war ange¬
füllt mit Gerüchten, die sich aus die römische Frage bezogen, und es war die
allgemeine Erwartung, bald von entscheidenden Schritten in dieser Richtung
zu hören.
Ganz in diese selbe Zeit nun fallen auch die geheimen Verhandlungen
zwischen Cavour und Antonelli, auf welche sich die oben erwähnten Enthüllungen
eines gewissen Don Jsaia, früheren Secretärs des Kardinals Andrea, beziehen.
Aber es ist eine ganz neue Seite der Versuche die römische Frage zu lösen,
welche in ihnen zum Vorschein kommt. Während nämlich Graf Cavour einer¬
seits unausgesetzt die diplomatische Intervention Frankreichs anrief, während er
andrerseits durch Passaglia ein Einverständnis; mit der italienisch gesinnten
Fraction im Cardinalscollegium anstrebte, versuchte er gleichzeitig noch einen
dritten Weg, um zum Ziel zu gelangen. Am meisten Erfolg versprach sich näm¬
lich der feine Diplomat, wenn es ihm gelänge den Cardinal Antonelli, der als
die Seele des reactionären Widerstands galt und schon um seines Einflusses
auf den Papst willen bei Weitem die wichtigste Stimme war, persönlich ins Interesse
zu ziehen. Neben jenen officiellen und halbvertraulichen Schritten unternahm
er es deshalb, durch Unterhändler zweiten und dritten Rangs geheime Bezie¬
hungen, von denen namentlich Frankreich nichts wissen durste, mit dem Cardi-
nalstaatssccrctär anzuknüpfen und diesen — nicht ohne ihm persönliche Vor¬
theile in Aussicht zu stellen — für seine Projecte zu gewinnen.
Der genauere Hergang dieser geheimen Verhandlungen ist nach den Ent¬
hüllungen Don Jsaia's. der selbst dabei die Rolle eines Zwischenhändlers spielte,
folgender.
Graf Cavour bediente sich zunächst eines Bekannten aus Vercelli, den er
als einen zuverlässigen geschickten Mann kannte, Namens Omero Bozino, der
im Begriff stand, wie es scheint, in Familienangelegenheiten, sich nach Rom zu
begeben. Diesen beauftragte er das Terrain zu sondiren und die Gesinnungen
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