Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.große räumliche Ausdehnung dieser Schichten, die Allgemeinheit des Vorkom¬ Auf einen, zweiten Wege hat Lartet das gleichzeitige Dasein von Menschen Neuerdings sind auch Ueberreste menschlicher Körper unter Verhältnissen große räumliche Ausdehnung dieser Schichten, die Allgemeinheit des Vorkom¬ Auf einen, zweiten Wege hat Lartet das gleichzeitige Dasein von Menschen Neuerdings sind auch Ueberreste menschlicher Körper unter Verhältnissen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0454" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114234"/> <p xml:id="ID_1452" prev="#ID_1451"> große räumliche Ausdehnung dieser Schichten, die Allgemeinheit des Vorkom¬<lb/> mens der Kunstproducte ur ihnen auf beiden Seiten des britischen Kanals<lb/> schließt die Annahme örtlicher gleichzeitiger Auswüblung älterer und neuerer<lb/> Schichten, der Wiederablagerung des aufgewühlten Materials mit Untermischung<lb/> der aus älteren und jüngeren Lagen, aus verschiedenen Zeiten stammenden Reste<lb/> aus. Unzweifelhaft haben Mensch en gleichz eilig mit dem Mammuth<lb/> und mit dem Rhinoceros mit knöcherner Nasenscheidewand, mit den großen Raub-<lb/> thieren der Knochenhöhlen, also vor dem Diluvium gelebt. Die Abwesenheit<lb/> menschlicher Gebeine, besonders der schier unzerstörbaren Zähne, an den Fund¬<lb/> orten der Feucrsteinwerkzeugc führenden Ablagerungen läßt freilich schließen, daß<lb/> in diesen Ländern die Fluth, welche die diluvialen Schichten ablagerte, eine<lb/> leidlich milde Strafe der Sünden der menschlichen Bewohner war. Sie schei¬<lb/> nen Zeit gehabt zu haben, sich selbst zu retten, vor dem hereinbrechenden Un¬<lb/> glück mit Hinterlassung von Waffen und Gepäck abzuziehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1453"> Auf einen, zweiten Wege hat Lartet das gleichzeitige Dasein von Menschen<lb/> mit den im Diluvium begrabenen, jetzt erloschenen Säugethierarten nachgewie¬<lb/> sen. Er zeigte, daß Knochen solcher Thiere bisweilen deutliche Spuren der Be¬<lb/> arbeitung durch Menschenhand tragen. Geweihe ausgestorbener Hirscharten,<lb/> bei Abbeville und anderwärts aufgesunden, zeigen Einschnitte, die mit Feuer¬<lb/> steinmessern gemacht zu sein scheinen. Einzelne Zinken der Geweihe sind halb<lb/> abgetrennt, andere ganz. Pfeilspitzen, Pfriemen, Nadeln aus Renntbierhorn<lb/> gefertigt sind an mehreren Stellen Südfrankreichs und in beträchtlicher Anzahl<lb/> gefunden worden. Man wird nicht einwerfen, daß nach dem Aussterben des Ncnn-<lb/> thiers in diesen Gegenden lebende Menschen fossile Geweihe benutzt haben können.<lb/> Geweihe und Knochen werden schon nach verhältnißmäßig kurzem Liegen in der<lb/> Erde oder an der Lust brüchig, mürbe und zur Bearbeitung untauglich —<lb/> — Ein Röhrenknochen eines Auerochsen, in den Beile führenden Schichten von<lb/> Abbeville gefunden, ist durchhackt, durch den mit Kraft geführten Schlag eines<lb/> axtartigen Werkzeugs in zwei Stücke gehauen. Die Hiebflächen sind gestreift wie<lb/> als hätte die Schneide des Beiles Scharten gehabt. Einschnitte, die von einem<lb/> Instrumente mit gerader und scharfer Schneide herrühren, wie sie beim Abschnei¬<lb/> den des Fleisches vom Knochen entstehen würden, ließen an vielen Knochen<lb/> von Auerochs, Ricscnhirsch. Rennthier sich nachweise»; auch an einem Röhren¬<lb/> knochen eines jungen zweihörnigen Rhinoceros.</p><lb/> <p xml:id="ID_1454" next="#ID_1455"> Neuerdings sind auch Ueberreste menschlicher Körper unter Verhältnissen<lb/> gesunden worden, welche keinen Zweifel an dem in die Diluvialzeit hinauf¬<lb/> reichenden Alter derselben lassen. Zuerst vom Marquis de Bibrave in einer<lb/> Grotte bei Arvy in Burgund. Der Boden dieser Grotte (welcher Spuren<lb/> einstiger Bewohnung durch Menschen bis in die historische Zeit hinein trägt)<lb/> besteht aus drei deutlich verschiedenen Schichten. Die oberste, welche Knochen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0454]
große räumliche Ausdehnung dieser Schichten, die Allgemeinheit des Vorkom¬
mens der Kunstproducte ur ihnen auf beiden Seiten des britischen Kanals
schließt die Annahme örtlicher gleichzeitiger Auswüblung älterer und neuerer
Schichten, der Wiederablagerung des aufgewühlten Materials mit Untermischung
der aus älteren und jüngeren Lagen, aus verschiedenen Zeiten stammenden Reste
aus. Unzweifelhaft haben Mensch en gleichz eilig mit dem Mammuth
und mit dem Rhinoceros mit knöcherner Nasenscheidewand, mit den großen Raub-
thieren der Knochenhöhlen, also vor dem Diluvium gelebt. Die Abwesenheit
menschlicher Gebeine, besonders der schier unzerstörbaren Zähne, an den Fund¬
orten der Feucrsteinwerkzeugc führenden Ablagerungen läßt freilich schließen, daß
in diesen Ländern die Fluth, welche die diluvialen Schichten ablagerte, eine
leidlich milde Strafe der Sünden der menschlichen Bewohner war. Sie schei¬
nen Zeit gehabt zu haben, sich selbst zu retten, vor dem hereinbrechenden Un¬
glück mit Hinterlassung von Waffen und Gepäck abzuziehen.
Auf einen, zweiten Wege hat Lartet das gleichzeitige Dasein von Menschen
mit den im Diluvium begrabenen, jetzt erloschenen Säugethierarten nachgewie¬
sen. Er zeigte, daß Knochen solcher Thiere bisweilen deutliche Spuren der Be¬
arbeitung durch Menschenhand tragen. Geweihe ausgestorbener Hirscharten,
bei Abbeville und anderwärts aufgesunden, zeigen Einschnitte, die mit Feuer¬
steinmessern gemacht zu sein scheinen. Einzelne Zinken der Geweihe sind halb
abgetrennt, andere ganz. Pfeilspitzen, Pfriemen, Nadeln aus Renntbierhorn
gefertigt sind an mehreren Stellen Südfrankreichs und in beträchtlicher Anzahl
gefunden worden. Man wird nicht einwerfen, daß nach dem Aussterben des Ncnn-
thiers in diesen Gegenden lebende Menschen fossile Geweihe benutzt haben können.
Geweihe und Knochen werden schon nach verhältnißmäßig kurzem Liegen in der
Erde oder an der Lust brüchig, mürbe und zur Bearbeitung untauglich —
— Ein Röhrenknochen eines Auerochsen, in den Beile führenden Schichten von
Abbeville gefunden, ist durchhackt, durch den mit Kraft geführten Schlag eines
axtartigen Werkzeugs in zwei Stücke gehauen. Die Hiebflächen sind gestreift wie
als hätte die Schneide des Beiles Scharten gehabt. Einschnitte, die von einem
Instrumente mit gerader und scharfer Schneide herrühren, wie sie beim Abschnei¬
den des Fleisches vom Knochen entstehen würden, ließen an vielen Knochen
von Auerochs, Ricscnhirsch. Rennthier sich nachweise»; auch an einem Röhren¬
knochen eines jungen zweihörnigen Rhinoceros.
Neuerdings sind auch Ueberreste menschlicher Körper unter Verhältnissen
gesunden worden, welche keinen Zweifel an dem in die Diluvialzeit hinauf¬
reichenden Alter derselben lassen. Zuerst vom Marquis de Bibrave in einer
Grotte bei Arvy in Burgund. Der Boden dieser Grotte (welcher Spuren
einstiger Bewohnung durch Menschen bis in die historische Zeit hinein trägt)
besteht aus drei deutlich verschiedenen Schichten. Die oberste, welche Knochen
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