Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Eine gewisse Heiligenatmosphäre durchzieht nicht blos das Kloster, sondern Alle Inschriften in und an dem Kloster sind in altslavonischer Sprache ab¬ ..Die goldköpfigen Thürme, die goldnen Kreuze, die bemalten und bestern¬ Zwischen dieser Kirche und dem Schatzhaus des Klosters steht ein Obelisk, Vrenzboten II. 1862. 5S
Eine gewisse Heiligenatmosphäre durchzieht nicht blos das Kloster, sondern Alle Inschriften in und an dem Kloster sind in altslavonischer Sprache ab¬ ..Die goldköpfigen Thürme, die goldnen Kreuze, die bemalten und bestern¬ Zwischen dieser Kirche und dem Schatzhaus des Klosters steht ein Obelisk, Vrenzboten II. 1862. 5S
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Eine gewisse Heiligenatmosphäre durchzieht nicht blos das Kloster, sondern
auch das Dorf, welches sich an dasselbe angesetzt hat. Die Karawanserais, die
sich hier befinden, sind so schmutzig, so unbehaglich leer, so ohne alle Bequem¬
lichkeit wie Büßerzellen. Sie haben nur Sophas, keine Betten, keinen Wasch¬
apparat außer Krug und Becken, dafür aber zahlreiche Abbildungen des Troiza-
Klosters und seiner Kirchen und Kapellen, Porträts des heiligen Sergius, des
heiligen nitor, seines Jüngers, Plato's des letzten Archimandriten des Klosters,
Darstellungen des jüngsten Gerichts und groteske Schreckbilder von den Qua¬
len, mit denen „Gospodin Tschort" (der Herr Teufel) die Gottlosen bedroht.
Besser als diese Privatunternehmungen ist die Herberge, die das Kloster unter¬
hält. Betten zwar gibt's auch hier nicht. „Die Küche aber", erzählt unser Verfasser,
„war bewundernswerth, sie schien zu zeigen, daß man außer dem Hunger von
Fasttagen in der Laura der Dreieinigkeit auch die Schmausereien von Festtagen
kenne. Die Zimmer waren zwar durchaus nicht gut möblirt, aber bequem und
vor Allem wohlfeil; denn es war nichts dafür zu zahlen, wogegen für Essen
und Trinken den Reisenden, die mehr als die für alle armen Pilger offne Ta¬
fel der Mönche wünschen, allerdings eine Rechnung gemacht wird.
Alle Inschriften in und an dem Kloster sind in altslavonischer Sprache ab¬
gefaßt, die. wie bemerkt, immer noch die Sprache der Kirche ist, und die bei¬
läufig auch als die Sprache der Flotte gelten mag, sofern sich's um die Be¬
nennung der Schiffe handelt; denn ohne Zweifel commandiren die Seecapitäne
in modernem Russisch, ganz wie die Prediger in diesem Idiom predigen. Der
Name über dem kleinen Schuppen, in welchem man Heiligenbilder verkauft, der
Bibelspruch über der Armenbüchse in der Kapelle des Hospitals, kurz Alles mit
Ausnahme der Wirthsrechnung in der Klosterherberge, die in gutem Russisch ab¬
gefaßt wird, ist altslavomsch.
..Die goldköpfigen Thürme, die goldnen Kreuze, die bemalten und bestern¬
ten Kuppeln, welche dem auf das Kloster zusteuernden Wanderer ein so präch¬
tiges Bild gewähren, gruppiren sich alle um die Himmelfahrtskirche, welche nach
der im Kreml erbaut ist. Hier ist das Grab von Boris Godunoff zu sehen
den Karamsin als den Cromwell Rußlands betrachtet, und hier befindet sich
ein Altar, den Peter der Große gestiftet hat zu dankbarer Erinnerung an die
Zeit, wo er im Drcieinigkeitskloster Schutz vor den meuterischen Rotten der
Streichen fand.
Zwischen dieser Kirche und dem Schatzhaus des Klosters steht ein Obelisk,
auf dem die Hauptverdienste der Anstalt um Nußland verzeichnet sind. Im
Schatze finden sich die reichen Meßgewänder und die prachtvollen Gold- und
Silbergeräthe, welche die Mönche im Jahr 1612 den aufrührerischen Kosaken,
welche Fürst Trubetzkoi nicht bezahlen konnte, entgegentrugen, ein Anblick, der
die mißvergnügten Truppen sofort zu ihrer Pflicht zurückführte. Unter andern
Vrenzboten II. 1862. 5S
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