Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Ziel häusiger Wallfahrten. Allenthalben längs der Straße, im Schatten Einige Stunden vor der Ankunft im Kloster.pflegt der Kutscher, wenn "Diese Bettler", sagt Edwards, "sind sehr freigebig mit ihren Anerbie¬ Ziel häusiger Wallfahrten. Allenthalben längs der Straße, im Schatten Einige Stunden vor der Ankunft im Kloster.pflegt der Kutscher, wenn „Diese Bettler", sagt Edwards, „sind sehr freigebig mit ihren Anerbie¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0440" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114220"/> <p xml:id="ID_1411" prev="#ID_1410"> Ziel häusiger Wallfahrten. Allenthalben längs der Straße, im Schatten<lb/> der Bäume sieht man Pilger einzeln und in Gruppen sitzen und liegen.<lb/> Der Musik in seinem ewigen Schafspelz, der Kaufmann in seinem Kaftan, und<lb/> zu gewissen Zeiten Personen von hohem Stande wandern zu Fuß (weil das<lb/> mehr Gnade erwirbt) langsam nach dem Kloster hin. Der Bauer trägt in der<lb/> Regel kahnförmige Schuhe aus Weidcnbast; hat er Lederschuhe, so hängt er sie<lb/> auf den Rücken, um sie zu schone». Hier und da ist ein frommer Pilger von<lb/> seiner Ehehälfte begleitet, die sich mit einem Schleier und einem Regenschirm<lb/> gegen Sonne und Nässe zu schützen sucht. Hinter ihnen kommt ihre Kibitke,<lb/> in welcher die Dame vorsorglich ihre Thecurne (Samowar) und Betten mitge¬<lb/> nommen hat; denn die Gasthäuser beim Kloster sind noch übler eingerichtet als<lb/> die meisten andern Hotels im Lande. Weniger fromme Seelen und natür¬<lb/> lich alle Touristen nehmen die Diligence oder einen eignen Wagen. Auch<lb/> unser Verfasser zog diese vor. Folgen wir ihm in seiner Beschreibung der<lb/> MÄslM 5ni>in-ij<i'it'it.A litt.'s.n M5i>'?) -dem'.'s - »W-K ,.55in?l</p><lb/> <p xml:id="ID_1412"> Einige Stunden vor der Ankunft im Kloster.pflegt der Kutscher, wenn<lb/> er mit dem Herkommen der Straße bekannt ist, an einer Steile zu halten, wo<lb/> ein vor zwanzig oder dreißig Jahren verstorbener Eremit den großem Theil<lb/> seines Lebens mit Aushöhlung eines unterirdischen Ganges bis zu einer kleinen<lb/> Kapelle in der Nachbarschaft verbracht bat, bei der er jetzt begraben liegt. In<lb/> Khatkoff findet der Wallfahrer dann Gelegenheit, den in einem Waldkloster<lb/> aufbewahrten Reliquien des heiligen Cyrillus und der heiligen Marie, der El¬<lb/> tern des heiligen Sergius, durch Kniebeugung seine Ehrfurcht zu bezeugen.<lb/> Weiterhin kommt man durch einen zweiten Wald auf eine Ebne und sieht die<lb/> Kuppeln des Troiza-Klosters vor sich glänzen. Auf dem Wege bis zu diesem<lb/> passirt man ein Gasthaus und einige Bauernhütten, sowie eine Anzahl von<lb/> Buden und Verkaufstischen, an welchen Heiligenbilder und Erinnerungen an<lb/> das Kloster feil sind. Ferner gibt's hier Geldwechsler, welche die Gläubigen<lb/> mit den passenden Münzen zu Almosen versehen, und Schaaren von Bettlern,<lb/> welche auf dieses Almosen speculiren. 'ni ü^l. os .ji'.kein 5,.in-5</p><lb/> <p xml:id="ID_1413"> „Diese Bettler", sagt Edwards, „sind sehr freigebig mit ihren Anerbie¬<lb/> tungen aus Jntercession bei unserm Herrgott, und einige erboten sich, für ein<lb/> paar Kopeken das ganze Jahr für uns zu beten. Die alten Meister der Pro¬<lb/> fession jedoch waren weniger gemäßigt in ihren Ansprüchen, und einer derselben,<lb/> ein gut- und warmgekleideter, behäbig aussehender Almosenempfänger, dem wir<lb/> eine Verehrung von fünf Kopeken gemacht — weniger aus Mittleid. als in<lb/> Anerkennung seiner für einen Bettelmann höchst originellen Herablassung —<lb/> bemerkte für die Summe, daß er sich dafür nicht einmal ein Paar Handschuhe<lb/> kaufen könne. Er trug, als er dies äußerte, ein Paar derbe Pelzhandschuhe,<lb/> aber vermuthlich wünschte er auf einen Ball zu gehen."</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0440]
Ziel häusiger Wallfahrten. Allenthalben längs der Straße, im Schatten
der Bäume sieht man Pilger einzeln und in Gruppen sitzen und liegen.
Der Musik in seinem ewigen Schafspelz, der Kaufmann in seinem Kaftan, und
zu gewissen Zeiten Personen von hohem Stande wandern zu Fuß (weil das
mehr Gnade erwirbt) langsam nach dem Kloster hin. Der Bauer trägt in der
Regel kahnförmige Schuhe aus Weidcnbast; hat er Lederschuhe, so hängt er sie
auf den Rücken, um sie zu schone». Hier und da ist ein frommer Pilger von
seiner Ehehälfte begleitet, die sich mit einem Schleier und einem Regenschirm
gegen Sonne und Nässe zu schützen sucht. Hinter ihnen kommt ihre Kibitke,
in welcher die Dame vorsorglich ihre Thecurne (Samowar) und Betten mitge¬
nommen hat; denn die Gasthäuser beim Kloster sind noch übler eingerichtet als
die meisten andern Hotels im Lande. Weniger fromme Seelen und natür¬
lich alle Touristen nehmen die Diligence oder einen eignen Wagen. Auch
unser Verfasser zog diese vor. Folgen wir ihm in seiner Beschreibung der
MÄslM 5ni>in-ij<i'it'it.A litt.'s.n M5i>'?) -dem'.'s - »W-K ,.55in?l
Einige Stunden vor der Ankunft im Kloster.pflegt der Kutscher, wenn
er mit dem Herkommen der Straße bekannt ist, an einer Steile zu halten, wo
ein vor zwanzig oder dreißig Jahren verstorbener Eremit den großem Theil
seines Lebens mit Aushöhlung eines unterirdischen Ganges bis zu einer kleinen
Kapelle in der Nachbarschaft verbracht bat, bei der er jetzt begraben liegt. In
Khatkoff findet der Wallfahrer dann Gelegenheit, den in einem Waldkloster
aufbewahrten Reliquien des heiligen Cyrillus und der heiligen Marie, der El¬
tern des heiligen Sergius, durch Kniebeugung seine Ehrfurcht zu bezeugen.
Weiterhin kommt man durch einen zweiten Wald auf eine Ebne und sieht die
Kuppeln des Troiza-Klosters vor sich glänzen. Auf dem Wege bis zu diesem
passirt man ein Gasthaus und einige Bauernhütten, sowie eine Anzahl von
Buden und Verkaufstischen, an welchen Heiligenbilder und Erinnerungen an
das Kloster feil sind. Ferner gibt's hier Geldwechsler, welche die Gläubigen
mit den passenden Münzen zu Almosen versehen, und Schaaren von Bettlern,
welche auf dieses Almosen speculiren. 'ni ü^l. os .ji'.kein 5,.in-5
„Diese Bettler", sagt Edwards, „sind sehr freigebig mit ihren Anerbie¬
tungen aus Jntercession bei unserm Herrgott, und einige erboten sich, für ein
paar Kopeken das ganze Jahr für uns zu beten. Die alten Meister der Pro¬
fession jedoch waren weniger gemäßigt in ihren Ansprüchen, und einer derselben,
ein gut- und warmgekleideter, behäbig aussehender Almosenempfänger, dem wir
eine Verehrung von fünf Kopeken gemacht — weniger aus Mittleid. als in
Anerkennung seiner für einen Bettelmann höchst originellen Herablassung —
bemerkte für die Summe, daß er sich dafür nicht einmal ein Paar Handschuhe
kaufen könne. Er trug, als er dies äußerte, ein Paar derbe Pelzhandschuhe,
aber vermuthlich wünschte er auf einen Ball zu gehen."
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