Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.in diesen Schilderungen, aus welchen wir nur einige bezeichnende Momente her¬ Ebenso merkwürdig sind seine Beschreibungen der Nierenkrankheiten, er Grenzboten II. 1862. 53
in diesen Schilderungen, aus welchen wir nur einige bezeichnende Momente her¬ Ebenso merkwürdig sind seine Beschreibungen der Nierenkrankheiten, er Grenzboten II. 1862. 53
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0425" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114205"/> <p xml:id="ID_1363" prev="#ID_1362"> in diesen Schilderungen, aus welchen wir nur einige bezeichnende Momente her¬<lb/> vorgehoben, bereits eine vollständige Charakteristik der katarrhalischen, tuberku¬<lb/> lösen und typhösem wie dysenterischen Geschwüre vorliegt, wie solche erst in den<lb/> neuesten Zeiten durch die Fortschritte der pathologischen Anatomie wieder ge¬<lb/> wonnen ist; ebenso genau beschreibt Aretaeus die selten vorkommenden Darm¬<lb/> verschlingungen und gibt schon an. daß ein brandiges Stück der Schleimhaut<lb/> durch Eiterung ausgestoßen werden könne, ohne daß deswegen der ganze Darm<lb/> unterbrochen werde. Alle diese Schilderungen setzen voraus, daß Aretaeus den<lb/> Darm aufgeschnitten und untersucht hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1364" next="#ID_1365"> Ebenso merkwürdig sind seine Beschreibungen der Nierenkrankheiten, er<lb/> unterscheidet eine durch Nierensteine veranlaßte Nierenentzündung, und eine solche,<lb/> die bei Harnverhaltung entstehe und mit Blutaustritt und Vereiterung der Nie¬<lb/> ren verbunden sei; auch kennt er Blasenentzündungen mit Verschwärung und<lb/> Brand der Blase, mit Ausdehnung der Harnleiter und der Nierenbecken, ja er<lb/> schildert deutlich die Symptome der Harnstvffvergiftung des Blutes, welche er schon<lb/> der Harnverhaltung zuschreibt. Die Rippenfellentzündung unterscheide sich durch<lb/> die Schmerzhaftigkeit und die Möglichkeit auf der kranken Seite zu liegen von<lb/> der Lungenentzündung. Wenn dabei Eiter entstehe, so kündige sich die Eiterung<lb/> durch Schüttelfrost und stechende Schmerzen, durch Erstickungsnoth und das Be¬<lb/> dürfniß aufrecht zu sitzen an; der Eiter könne auch höhlenartige Geschwüre in<lb/> die Lunge machen, wenn sich aber der Absceß zwischen den Rippen Bahn breche<lb/> und sich zuspitze oder sich in die Eingeweide ergieße, so könne die Pleuritis<lb/> heilen. Zu den glänzendsten Schilderungen gehört die Beschreibung der Lungen¬<lb/> schwindsucht, bei welcher er die in der Lunge selbst entstehenden Geschwüre beschreibt;<lb/> auch weiß er schon, daß nicht blos bei Lungenkrankheiten, sondern auch bei Herz¬<lb/> krankheiten, die vorzugsweise häusig einen plötzlichen Tod zu bedingen pflegten,<lb/> Kurzathmigkeit vorkommt. Die Leberabscesse. welche gegen die Eingeweide hin<lb/> durchbrechen, der Leberkrebs, der meistens Wassersucht herbeiführe, werden vor¬<lb/> trefflich beschrieben. In der Milz finde sich häusiger Verhärtung mit bedeu-<lb/> tender Vergrößerung, als Vereiterung, meist von Wassersucht begleitet; zuweilen<lb/> sei die Milz sehr beweglich und weich, fluctuirend bald hier- bald dahin — so<lb/> daß also schon Aretaeus die s. g. wandernde Milz, auf die erst Rokitansky von<lb/> Neuem aufmerksam machte, kannte. Im Uterus werden oberflächliche und Phage-<lb/> dänische sowie scirrhöse Geschwüre unterschieden, der Vorfall des Uterus wird<lb/> von der Erschlaffung der Bänder, mit welchen das Organ in den Leisten auf¬<lb/> gehangen sei. abgeleitet. Aretaeus weiß, daß die Knochen selbst nur schwer zur<lb/> Eiterung kommen, die Knorpel aber noch weniger Neigung zu derselben haben,<lb/> er kennt verschiedene Formen des Wasserkopfes, beschreibt die verschiedenen Arten<lb/> der Wassersucht, ja er kennt die Entstehung des Brandes durch Verstopfung der<lb/> Gesäße, die erst die neuere pathologische Anatomie wieder auffinden mußte;</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II. 1862. 53</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0425]
in diesen Schilderungen, aus welchen wir nur einige bezeichnende Momente her¬
vorgehoben, bereits eine vollständige Charakteristik der katarrhalischen, tuberku¬
lösen und typhösem wie dysenterischen Geschwüre vorliegt, wie solche erst in den
neuesten Zeiten durch die Fortschritte der pathologischen Anatomie wieder ge¬
wonnen ist; ebenso genau beschreibt Aretaeus die selten vorkommenden Darm¬
verschlingungen und gibt schon an. daß ein brandiges Stück der Schleimhaut
durch Eiterung ausgestoßen werden könne, ohne daß deswegen der ganze Darm
unterbrochen werde. Alle diese Schilderungen setzen voraus, daß Aretaeus den
Darm aufgeschnitten und untersucht hat.
Ebenso merkwürdig sind seine Beschreibungen der Nierenkrankheiten, er
unterscheidet eine durch Nierensteine veranlaßte Nierenentzündung, und eine solche,
die bei Harnverhaltung entstehe und mit Blutaustritt und Vereiterung der Nie¬
ren verbunden sei; auch kennt er Blasenentzündungen mit Verschwärung und
Brand der Blase, mit Ausdehnung der Harnleiter und der Nierenbecken, ja er
schildert deutlich die Symptome der Harnstvffvergiftung des Blutes, welche er schon
der Harnverhaltung zuschreibt. Die Rippenfellentzündung unterscheide sich durch
die Schmerzhaftigkeit und die Möglichkeit auf der kranken Seite zu liegen von
der Lungenentzündung. Wenn dabei Eiter entstehe, so kündige sich die Eiterung
durch Schüttelfrost und stechende Schmerzen, durch Erstickungsnoth und das Be¬
dürfniß aufrecht zu sitzen an; der Eiter könne auch höhlenartige Geschwüre in
die Lunge machen, wenn sich aber der Absceß zwischen den Rippen Bahn breche
und sich zuspitze oder sich in die Eingeweide ergieße, so könne die Pleuritis
heilen. Zu den glänzendsten Schilderungen gehört die Beschreibung der Lungen¬
schwindsucht, bei welcher er die in der Lunge selbst entstehenden Geschwüre beschreibt;
auch weiß er schon, daß nicht blos bei Lungenkrankheiten, sondern auch bei Herz¬
krankheiten, die vorzugsweise häusig einen plötzlichen Tod zu bedingen pflegten,
Kurzathmigkeit vorkommt. Die Leberabscesse. welche gegen die Eingeweide hin
durchbrechen, der Leberkrebs, der meistens Wassersucht herbeiführe, werden vor¬
trefflich beschrieben. In der Milz finde sich häusiger Verhärtung mit bedeu-
tender Vergrößerung, als Vereiterung, meist von Wassersucht begleitet; zuweilen
sei die Milz sehr beweglich und weich, fluctuirend bald hier- bald dahin — so
daß also schon Aretaeus die s. g. wandernde Milz, auf die erst Rokitansky von
Neuem aufmerksam machte, kannte. Im Uterus werden oberflächliche und Phage-
dänische sowie scirrhöse Geschwüre unterschieden, der Vorfall des Uterus wird
von der Erschlaffung der Bänder, mit welchen das Organ in den Leisten auf¬
gehangen sei. abgeleitet. Aretaeus weiß, daß die Knochen selbst nur schwer zur
Eiterung kommen, die Knorpel aber noch weniger Neigung zu derselben haben,
er kennt verschiedene Formen des Wasserkopfes, beschreibt die verschiedenen Arten
der Wassersucht, ja er kennt die Entstehung des Brandes durch Verstopfung der
Gesäße, die erst die neuere pathologische Anatomie wieder auffinden mußte;
Grenzboten II. 1862. 53
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