Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.im Stande wären, so können wir aus mehren seiner Nachfolger, namentlich aber Indem Aretaeus der Beschreibung der Krankheiten der einzelnen Organe Bei der Beschreibung der Ruhr macht Aretaeus zuvor die Bemerkung, im Stande wären, so können wir aus mehren seiner Nachfolger, namentlich aber Indem Aretaeus der Beschreibung der Krankheiten der einzelnen Organe Bei der Beschreibung der Ruhr macht Aretaeus zuvor die Bemerkung, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0424" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114204"/> <p xml:id="ID_1360" prev="#ID_1359"> im Stande wären, so können wir aus mehren seiner Nachfolger, namentlich aber<lb/> aus einem der merkwürdigsten ärztlichen Schriftsteller des Alterthums, den wir<lb/> geradezu, was Klarheit und Schärfe der Darstellung anlangt, zu den vorzüg¬<lb/> lichsten zählen, den Beweis führen, daß die pathologische Anatomie bereits im<lb/> Alterthume einen sehr hohen Grad von Ausbildung erlangt hat. Es ist einer<lb/> jener stets wiederholten Irrthümer, wenn man mit den Meisten annimmt, die<lb/> Anatomie habe nur zu Alexandrien unter den ersten Ptolemäern eine kurze Zeit<lb/> der Blüthe gehabt. Aus den Schilderungen des Aretaeus geht klar hervor,<lb/> daß man noch in viel späterer Zeit Leichen und zwar nicht blos zu Zwecken<lb/> der beschreibenden Anatomie, sondern lediglich um Aufschluß über die Krank¬<lb/> heiten selbst zu gewinnen, und zwar auf das Sorgfältigste untersuchte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1361"> Indem Aretaeus der Beschreibung der Krankheiten der einzelnen Organe<lb/> eine oft bewundernswerthe Schilderung ihres anatomischen Baues vorausschickt,<lb/> beweist er schon hinlänglich den Werth, welchen er der Anatomie einräumt. Der<lb/> Schilderung der .Krankheiten selbst fügt er aber stets Bemerkungen bei, die er<lb/> nur der eignen Anschauung an der Leiche verdanken konnte. Es ist dies Letz¬<lb/> tere ein Punkt, den man bisher kaum beachtet hat, und den wir nur durch<lb/> einige der auffallendsten Beispiele belegen wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1362" next="#ID_1363"> Bei der Beschreibung der Ruhr macht Aretaeus zuvor die Bemerkung,<lb/> daß ein oberer und ein unterer Theil des Darms unterschieden werden müsse,<lb/> der obere sei dünn und gallenhaltig, der untere dick und fleischig. In allen<lb/> Theilen des Darmes entständen Geschwüre als Ursachen verschiedener Krank-<lb/> heiten, die man mit dem gemeinsamen Namen der Dysenterie belege; diese Ge¬<lb/> schwüre hätten aber einen sehr verschiedenen Charakter. Einige nämlich zer¬<lb/> störten nur die innere Oberfläche und erschienen als bloße Excoriationen; diese<lb/> seien gewöhnlich ungefährlich, besonders wenn sie im Dickdarme säßen. Andere<lb/> Geschwüre dagegen gingen in die Tiefe, fräßen um sich, hätten den Charakter<lb/> der Drüsengeschwüre, krochen weiter, könnten brandtg werden und dadurch den Tod<lb/> herbeiführen, der aber auch bei größrer Ausdehnung der Geschwüre durch Blu¬<lb/> tungen aus angefressenen Gefäßen entstehen könne. Eine dritte Art von Ge¬<lb/> schwüren hätten geschwollene Ränder, seien ungleich, schwielig, wie holzige Kilo<lb/> ten, und schwer heilbar, da sie nur schwer vernarbten. Diese verschiedenen<lb/> Geschwüre seien nun durch verschiedenartige Ausleerungen charaktenstrt. indem<lb/> die oberflächlichen profuse, gelbe, die Haut wund beizende Diarrhöen, die zweite<lb/> blutigem Fleischwasser ähnliche dünne Stühle, die im Dickdarme sitzenden die<lb/> Entleerung dicker, klumpiger Blutmassen veranlaßten. Die Darmgeschwüre bei der<lb/> eigentlichen Ruhr führten gewöhnlich Tenesmus herbei, und es könne selbst ein<lb/> ganzes Stück der inneren Haut des Darmes dabei abgehen und Unwissende«<lb/> die Furcht einflößen, daß der Darm selbst abgegangen sei; die äußere Haut des<lb/> Darmes bleibe aber dabei unversehrt und vernarbe. Man muß gestehen, daß</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0424]
im Stande wären, so können wir aus mehren seiner Nachfolger, namentlich aber
aus einem der merkwürdigsten ärztlichen Schriftsteller des Alterthums, den wir
geradezu, was Klarheit und Schärfe der Darstellung anlangt, zu den vorzüg¬
lichsten zählen, den Beweis führen, daß die pathologische Anatomie bereits im
Alterthume einen sehr hohen Grad von Ausbildung erlangt hat. Es ist einer
jener stets wiederholten Irrthümer, wenn man mit den Meisten annimmt, die
Anatomie habe nur zu Alexandrien unter den ersten Ptolemäern eine kurze Zeit
der Blüthe gehabt. Aus den Schilderungen des Aretaeus geht klar hervor,
daß man noch in viel späterer Zeit Leichen und zwar nicht blos zu Zwecken
der beschreibenden Anatomie, sondern lediglich um Aufschluß über die Krank¬
heiten selbst zu gewinnen, und zwar auf das Sorgfältigste untersuchte.
Indem Aretaeus der Beschreibung der Krankheiten der einzelnen Organe
eine oft bewundernswerthe Schilderung ihres anatomischen Baues vorausschickt,
beweist er schon hinlänglich den Werth, welchen er der Anatomie einräumt. Der
Schilderung der .Krankheiten selbst fügt er aber stets Bemerkungen bei, die er
nur der eignen Anschauung an der Leiche verdanken konnte. Es ist dies Letz¬
tere ein Punkt, den man bisher kaum beachtet hat, und den wir nur durch
einige der auffallendsten Beispiele belegen wollen.
Bei der Beschreibung der Ruhr macht Aretaeus zuvor die Bemerkung,
daß ein oberer und ein unterer Theil des Darms unterschieden werden müsse,
der obere sei dünn und gallenhaltig, der untere dick und fleischig. In allen
Theilen des Darmes entständen Geschwüre als Ursachen verschiedener Krank-
heiten, die man mit dem gemeinsamen Namen der Dysenterie belege; diese Ge¬
schwüre hätten aber einen sehr verschiedenen Charakter. Einige nämlich zer¬
störten nur die innere Oberfläche und erschienen als bloße Excoriationen; diese
seien gewöhnlich ungefährlich, besonders wenn sie im Dickdarme säßen. Andere
Geschwüre dagegen gingen in die Tiefe, fräßen um sich, hätten den Charakter
der Drüsengeschwüre, krochen weiter, könnten brandtg werden und dadurch den Tod
herbeiführen, der aber auch bei größrer Ausdehnung der Geschwüre durch Blu¬
tungen aus angefressenen Gefäßen entstehen könne. Eine dritte Art von Ge¬
schwüren hätten geschwollene Ränder, seien ungleich, schwielig, wie holzige Kilo
ten, und schwer heilbar, da sie nur schwer vernarbten. Diese verschiedenen
Geschwüre seien nun durch verschiedenartige Ausleerungen charaktenstrt. indem
die oberflächlichen profuse, gelbe, die Haut wund beizende Diarrhöen, die zweite
blutigem Fleischwasser ähnliche dünne Stühle, die im Dickdarme sitzenden die
Entleerung dicker, klumpiger Blutmassen veranlaßten. Die Darmgeschwüre bei der
eigentlichen Ruhr führten gewöhnlich Tenesmus herbei, und es könne selbst ein
ganzes Stück der inneren Haut des Darmes dabei abgehen und Unwissende«
die Furcht einflößen, daß der Darm selbst abgegangen sei; die äußere Haut des
Darmes bleibe aber dabei unversehrt und vernarbe. Man muß gestehen, daß
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