Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.blos auf dem Papiere stehen, sondern ein furchtbar ernster Mtschluß' sein Wir wollen das Buch nicht beurtheilen, nur die Leser auf dasselbe auf¬ Bund und Bundesreform. Betrachtungen über die brennende Frage blos auf dem Papiere stehen, sondern ein furchtbar ernster Mtschluß' sein Wir wollen das Buch nicht beurtheilen, nur die Leser auf dasselbe auf¬ Bund und Bundesreform. Betrachtungen über die brennende Frage <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0413" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114193"/> <p xml:id="ID_1335" prev="#ID_1334"> blos auf dem Papiere stehen, sondern ein furchtbar ernster Mtschluß' sein<lb/> (G. 354).</p><lb/> <p xml:id="ID_1336"> Wir wollen das Buch nicht beurtheilen, nur die Leser auf dasselbe auf¬<lb/> merksam machen. Für diesen Zweck mögen die wenigen Andeutungen genügen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1337" next="#ID_1338"> Bund und Bundesreform. Betrachtungen über die brennende Frage<lb/> d'er deutschen Gegenwart von einem ehemaligen Minister-'. München. Is«2<lb/> bei E. H. GuMmi. „Der Verfasser hielt es für unnütz, seinen Namen voran¬<lb/> zustellen" — aber er sorgt dafür, daß man ihn errathen kann, citirt seine<lb/> Gchriften und gibt sich außerdem als fleißigen Mitarbeiter der Augsburger<lb/> Allgemeinen und der Neuen Frankfurter Zeitung zu erkennen. Es ist der ge¬<lb/> schäftsgewandte, vielerfahrene, redefertige, schreibselige, stets gutgesinnte Fürst<lb/> Ludwig von Oettingen-Wallerstein. Was er über die „brennende Frage"<lb/> sagt, verdient mit Aufmerksamkeit gelesen zu werden; denn er gibt nicht nur<lb/> eine' staatsmännisch gefaßte Skizze von der Entstehung der Bundesacte und<lb/> dem Treiben des Bundestags, von der Stellung und den Beziehungen<lb/> des Bundeskörpers als festländischen Eentralblock zwischen und zu den peri-<lb/> pherischen Mächten, die ihm nicht Leben und Bewegung gönnen. Seine Auf¬<lb/> fassung der Bundesreformfrage dürfen wir als die äußerste Concession des<lb/> Particulakismus an das Bedürfniß stärkerer Einigung ansehen, zu welcher sich<lb/> ein' hochgebildeter, deutscbaesinnter bayerischer Beamter, d. h. ein wirklicher<lb/> Bayer, nicht etwa ein Franke, oder gar ein Pfälzer, zu erheben vermag. Da¬<lb/> nn liegt die eigentliche Bedeutung dieser Schrift, und wenn wir. diesen Um¬<lb/> stand erwägend, sie trauernd ause der Hand legen, so dürfen wir doch nicht" ver¬<lb/> gessen und nicht außer Berechnung lassen, was sie uns lehrt. Von einem<lb/> deutschen Bundesstaate kann hier natürlich nicht die Rede sein. Der Verfasser<lb/> beweist uns, daß wir ihn nicht brauchen, und, selbst wenn wir ihn brauchten,<lb/> daß wir ihn nicht haben tonnen, denn: der Wille ist zu schwach, die Hinder¬<lb/> nisse sind zu stark, die „peripherischen'' Mächte würden ihn nicht dulden, jeder<lb/> Versuch, ihn zu bilden, ist mißi'ungen und wird mißlingen. Und endlich —<lb/> nur kömmt die gemüthliche Seite: „sicher ist es. selbst in den Augen der so<lb/> viele ächte Patrioten zählenden Kleindeutschen ein nie da gewesener Act extrem¬<lb/> ster und schmerzlicher Verzweiflung, wenn eine große Nation aus freiem An¬<lb/> triebe nahezu vierzehn Millionen biederer, intelligenter, größtentheils für das<lb/> gemeinsame Vaterland warm fühlender Angehöriger aus dem Vaterhause aus¬<lb/> weist, um für die Uebrigen eine kräftigere Haltung zu gewinnen." Die Schwie¬<lb/> rigkeiten einer bessern Einigung Deutschlands, und die Fruchtlosigkeit der bis¬<lb/> herigen' Versuche, fie zu überwinden, sind leider nnr zu wahr,- aber sie bewei¬<lb/> sen eine Unmöglichkeit hier ebenso wenig als bei anderen schwierigen Gestal-<lb/> tungen, die nrir so lange unmöglich gewesen, bis sie wirklich geworden sind,<lb/> weil sie nothwendig waren. Nothwendig aber erscheint der deutsche Bundes-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0413]
blos auf dem Papiere stehen, sondern ein furchtbar ernster Mtschluß' sein
(G. 354).
Wir wollen das Buch nicht beurtheilen, nur die Leser auf dasselbe auf¬
merksam machen. Für diesen Zweck mögen die wenigen Andeutungen genügen.
Bund und Bundesreform. Betrachtungen über die brennende Frage
d'er deutschen Gegenwart von einem ehemaligen Minister-'. München. Is«2
bei E. H. GuMmi. „Der Verfasser hielt es für unnütz, seinen Namen voran¬
zustellen" — aber er sorgt dafür, daß man ihn errathen kann, citirt seine
Gchriften und gibt sich außerdem als fleißigen Mitarbeiter der Augsburger
Allgemeinen und der Neuen Frankfurter Zeitung zu erkennen. Es ist der ge¬
schäftsgewandte, vielerfahrene, redefertige, schreibselige, stets gutgesinnte Fürst
Ludwig von Oettingen-Wallerstein. Was er über die „brennende Frage"
sagt, verdient mit Aufmerksamkeit gelesen zu werden; denn er gibt nicht nur
eine' staatsmännisch gefaßte Skizze von der Entstehung der Bundesacte und
dem Treiben des Bundestags, von der Stellung und den Beziehungen
des Bundeskörpers als festländischen Eentralblock zwischen und zu den peri-
pherischen Mächten, die ihm nicht Leben und Bewegung gönnen. Seine Auf¬
fassung der Bundesreformfrage dürfen wir als die äußerste Concession des
Particulakismus an das Bedürfniß stärkerer Einigung ansehen, zu welcher sich
ein' hochgebildeter, deutscbaesinnter bayerischer Beamter, d. h. ein wirklicher
Bayer, nicht etwa ein Franke, oder gar ein Pfälzer, zu erheben vermag. Da¬
nn liegt die eigentliche Bedeutung dieser Schrift, und wenn wir. diesen Um¬
stand erwägend, sie trauernd ause der Hand legen, so dürfen wir doch nicht" ver¬
gessen und nicht außer Berechnung lassen, was sie uns lehrt. Von einem
deutschen Bundesstaate kann hier natürlich nicht die Rede sein. Der Verfasser
beweist uns, daß wir ihn nicht brauchen, und, selbst wenn wir ihn brauchten,
daß wir ihn nicht haben tonnen, denn: der Wille ist zu schwach, die Hinder¬
nisse sind zu stark, die „peripherischen'' Mächte würden ihn nicht dulden, jeder
Versuch, ihn zu bilden, ist mißi'ungen und wird mißlingen. Und endlich —
nur kömmt die gemüthliche Seite: „sicher ist es. selbst in den Augen der so
viele ächte Patrioten zählenden Kleindeutschen ein nie da gewesener Act extrem¬
ster und schmerzlicher Verzweiflung, wenn eine große Nation aus freiem An¬
triebe nahezu vierzehn Millionen biederer, intelligenter, größtentheils für das
gemeinsame Vaterland warm fühlender Angehöriger aus dem Vaterhause aus¬
weist, um für die Uebrigen eine kräftigere Haltung zu gewinnen." Die Schwie¬
rigkeiten einer bessern Einigung Deutschlands, und die Fruchtlosigkeit der bis¬
herigen' Versuche, fie zu überwinden, sind leider nnr zu wahr,- aber sie bewei¬
sen eine Unmöglichkeit hier ebenso wenig als bei anderen schwierigen Gestal-
tungen, die nrir so lange unmöglich gewesen, bis sie wirklich geworden sind,
weil sie nothwendig waren. Nothwendig aber erscheint der deutsche Bundes-
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