Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.es eure Väter machten. Es würde viel klüger sein, von Leuten zu lernen, die Tschatslu Sie sprechen die Wahrheit. Das war wirklich ein Jahrhnn- Fa muss off! "Gott im Himmel, er ist ein Earbonaro!" Eine andere starke Steile im dritten Act ist folgende: Stalozuln "Soll ich Ihnen eine gute Nachricht mittheilen? Es geht allge¬ Famussoff: "Nein, Scrgei Sergeitsch, wenn wir das Uebel bei der Wur¬ Skalozub: "Durchaus nicht. Es gibt verschiedene Sorten von Büchern. Wir glauben nicht, daß dergleichen auf deutschen Bühnen gesagt werden es eure Väter machten. Es würde viel klüger sein, von Leuten zu lernen, die Tschatslu Sie sprechen die Wahrheit. Das war wirklich ein Jahrhnn- Fa muss off! „Gott im Himmel, er ist ein Earbonaro!" Eine andere starke Steile im dritten Act ist folgende: Stalozuln „Soll ich Ihnen eine gute Nachricht mittheilen? Es geht allge¬ Famussoff: „Nein, Scrgei Sergeitsch, wenn wir das Uebel bei der Wur¬ Skalozub: „Durchaus nicht. Es gibt verschiedene Sorten von Büchern. Wir glauben nicht, daß dergleichen auf deutschen Bühnen gesagt werden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0406" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114186"/> <p xml:id="ID_1308" prev="#ID_1307"> es eure Väter machten. Es würde viel klüger sein, von Leuten zu lernen, die<lb/> älter als ihr sind, von mir zum Exempel oder meinem seligen Oheim, Maxim<lb/> Petrowitsch. Seine Mahlzeiten wurden ihm nicht blos auf Silber-, sondern auf<lb/> Gvldgeschirr servirt, und an die hundert Bedienten besorgten die Aufwartung.<lb/> Er war mit Orden bedeckt und fuhr nur vierspännig. Er verbrachte sein gan¬<lb/> zes Leben am Hofe und an was für einem Hofe! Wie verschieden von dem<lb/> heutigen! Es war der Hof der Kaiserin Katharina. Zu dieser Zeit wog Jeder¬<lb/> mann in der Hofhaltung mindestens seine vierzig Pud. Selbst wenn man sich<lb/> vor ihnen bis auf die Erde bückte, würdigten sie einen nie eines Gegen¬<lb/> grußes . . . Was meinen Oheim anlangt, so hatte er ein ernstes Aussehen<lb/> und eine stolze Haltung, aber vor Höhergestellten konnte er sich zusammenkrüm¬<lb/> men wie ein Reifen. Einmal bei einem großen Ball im Schlosse rutschte er<lb/> aus und fiel so heftig, daß er fast das Genick gebrochen hätte. Der alte Herr<lb/> that einen tiefen Seufzer, wurde aber mit einem kaiserlichen Lächeln beglückt.<lb/> Die Kaisern lachen — was denken Sie, das er that? Er stand auf, schüttelte<lb/> sich, machte einen Versuch, sich zu verbeugen und fiel wieder — aber diesmal<lb/> absichtlich. Das Lächeln der Majestät dauerte fort, und siehe da, zum dritten<lb/> mal machte er sein Stückchen mit dem Ausgleiten und Hinpurzeln. Nun, was<lb/> meinen Sie dazu? — Wir hielten es für gemal, denn durch dieses Fallen<lb/> stieg er. Auf Grund dieser Kunstgriffe und ähnlicher Leistungen wurde er stets<lb/> an den Spieltisch der Kaiserin befohlen und mit den gnädigsten Worten be¬<lb/> glückt. Wer war der Liebling des ganzen Hofes? Maxim Petrowitsch. Wer<lb/> wurde allenthalben mit der größten Hochachtung behandelt? Wieder Maxim<lb/> Petrowitsch. Ich scherze nicht. Wer streute Titel und Pensionen um sich aus?<lb/> Abermals Maxun Petrowitsch. Ja! und wer von euch jungen Lassen wäre<lb/> werth, ihm nur die Schuhncmen aufzulösen!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1309"> Tschatslu Sie sprechen die Wahrheit. Das war wirklich ein Jahrhnn-<lb/> burrdert der Furcht und knechtischer Gesinnung. Alles, was geschah, wurde<lb/> unter der Maste des Eifers für den Souverän gethan. Ich spiele damit nicht<lb/> auf Ihren Onkel an; wir wollen dessen Äsche in Frieden ruhen lassen. Jetzt<lb/> finden wir wenige Leute, die bereit sind, zum Amüsement des Publicums den<lb/> Hals zu brechen, und obwohl es immer Seelen geneigt zu Niederträchtigkeiten<lb/> grbt, so schreckt sie in unsern Tagen die Furcht sich lächerlich zu machen ab und<lb/> tritt an die Stelle des Schamgefühls. Daher kommt's, daß es mit den Auf¬<lb/> rücken im Staatsdienst so langsam geht."</p><lb/> <p xml:id="ID_1310"> Fa muss off! „Gott im Himmel, er ist ein Earbonaro!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1311"> Eine andere starke Steile im dritten Act ist folgende:</p><lb/> <p xml:id="ID_1312"> Stalozuln „Soll ich Ihnen eine gute Nachricht mittheilen? Es geht allge¬<lb/> mein das Gerücht, daß in allen Lyceen, Schulen und Gymnasien künftig nur<lb/> noch exerciren gelehrt werden soll. Die Bücher werden für besondere Gelegen¬<lb/> heit reservirt."</p><lb/> <p xml:id="ID_1313"> Famussoff: „Nein, Scrgei Sergeitsch, wenn wir das Uebel bei der Wur¬<lb/> zel fassen wollen, so müssen wir alle Bücher ins Feuer werfen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1314"> Skalozub: „Durchaus nicht. Es gibt verschiedene Sorten von Büchern.<lb/> Aber wenn man mich zum Censor machte, so würde ich gewiß in Bezug auf<lb/> alle Fabeln unerbittlich sein. (Anspielung auf Kriloffs Fabeln, die in de/That<lb/> näher betrachtet Satiren sehr beißender Art auf russische Zustände sind). Ich<lb/> würde mich vor ihnen wie vor dem bösen Feind fürchten. Sie sind voll Späße<lb/> über Löwen und Adler. Aber sagen Sie was Sie wollen, obschon sie von<lb/> Thieren handeln, meinen sie doch eigentlich die Czaren."</p><lb/> <p xml:id="ID_1315" next="#ID_1316"> Wir glauben nicht, daß dergleichen auf deutschen Bühnen gesagt werden<lb/> kann. Sicher wird wenigstens Niemand, welcher einer Aufführung von Beau-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0406]
es eure Väter machten. Es würde viel klüger sein, von Leuten zu lernen, die
älter als ihr sind, von mir zum Exempel oder meinem seligen Oheim, Maxim
Petrowitsch. Seine Mahlzeiten wurden ihm nicht blos auf Silber-, sondern auf
Gvldgeschirr servirt, und an die hundert Bedienten besorgten die Aufwartung.
Er war mit Orden bedeckt und fuhr nur vierspännig. Er verbrachte sein gan¬
zes Leben am Hofe und an was für einem Hofe! Wie verschieden von dem
heutigen! Es war der Hof der Kaiserin Katharina. Zu dieser Zeit wog Jeder¬
mann in der Hofhaltung mindestens seine vierzig Pud. Selbst wenn man sich
vor ihnen bis auf die Erde bückte, würdigten sie einen nie eines Gegen¬
grußes . . . Was meinen Oheim anlangt, so hatte er ein ernstes Aussehen
und eine stolze Haltung, aber vor Höhergestellten konnte er sich zusammenkrüm¬
men wie ein Reifen. Einmal bei einem großen Ball im Schlosse rutschte er
aus und fiel so heftig, daß er fast das Genick gebrochen hätte. Der alte Herr
that einen tiefen Seufzer, wurde aber mit einem kaiserlichen Lächeln beglückt.
Die Kaisern lachen — was denken Sie, das er that? Er stand auf, schüttelte
sich, machte einen Versuch, sich zu verbeugen und fiel wieder — aber diesmal
absichtlich. Das Lächeln der Majestät dauerte fort, und siehe da, zum dritten
mal machte er sein Stückchen mit dem Ausgleiten und Hinpurzeln. Nun, was
meinen Sie dazu? — Wir hielten es für gemal, denn durch dieses Fallen
stieg er. Auf Grund dieser Kunstgriffe und ähnlicher Leistungen wurde er stets
an den Spieltisch der Kaiserin befohlen und mit den gnädigsten Worten be¬
glückt. Wer war der Liebling des ganzen Hofes? Maxim Petrowitsch. Wer
wurde allenthalben mit der größten Hochachtung behandelt? Wieder Maxim
Petrowitsch. Ich scherze nicht. Wer streute Titel und Pensionen um sich aus?
Abermals Maxun Petrowitsch. Ja! und wer von euch jungen Lassen wäre
werth, ihm nur die Schuhncmen aufzulösen!"
Tschatslu Sie sprechen die Wahrheit. Das war wirklich ein Jahrhnn-
burrdert der Furcht und knechtischer Gesinnung. Alles, was geschah, wurde
unter der Maste des Eifers für den Souverän gethan. Ich spiele damit nicht
auf Ihren Onkel an; wir wollen dessen Äsche in Frieden ruhen lassen. Jetzt
finden wir wenige Leute, die bereit sind, zum Amüsement des Publicums den
Hals zu brechen, und obwohl es immer Seelen geneigt zu Niederträchtigkeiten
grbt, so schreckt sie in unsern Tagen die Furcht sich lächerlich zu machen ab und
tritt an die Stelle des Schamgefühls. Daher kommt's, daß es mit den Auf¬
rücken im Staatsdienst so langsam geht."
Fa muss off! „Gott im Himmel, er ist ein Earbonaro!"
Eine andere starke Steile im dritten Act ist folgende:
Stalozuln „Soll ich Ihnen eine gute Nachricht mittheilen? Es geht allge¬
mein das Gerücht, daß in allen Lyceen, Schulen und Gymnasien künftig nur
noch exerciren gelehrt werden soll. Die Bücher werden für besondere Gelegen¬
heit reservirt."
Famussoff: „Nein, Scrgei Sergeitsch, wenn wir das Uebel bei der Wur¬
zel fassen wollen, so müssen wir alle Bücher ins Feuer werfen."
Skalozub: „Durchaus nicht. Es gibt verschiedene Sorten von Büchern.
Aber wenn man mich zum Censor machte, so würde ich gewiß in Bezug auf
alle Fabeln unerbittlich sein. (Anspielung auf Kriloffs Fabeln, die in de/That
näher betrachtet Satiren sehr beißender Art auf russische Zustände sind). Ich
würde mich vor ihnen wie vor dem bösen Feind fürchten. Sie sind voll Späße
über Löwen und Adler. Aber sagen Sie was Sie wollen, obschon sie von
Thieren handeln, meinen sie doch eigentlich die Czaren."
Wir glauben nicht, daß dergleichen auf deutschen Bühnen gesagt werden
kann. Sicher wird wenigstens Niemand, welcher einer Aufführung von Beau-
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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
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