Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.der bei Gelegenheit seines Regierungsantritts ausbrach, aus literarisch gebilde¬ Besonders eifrig beschäftigt sich der "Russische Bote" mit politischen The¬ In gleich liberalem Geiste sind die Artikel über auswärtige Angelegenheiten In Betreff der Censur, die sich in Rußland bekanntlich auf alle Erzeug- der bei Gelegenheit seines Regierungsantritts ausbrach, aus literarisch gebilde¬ Besonders eifrig beschäftigt sich der „Russische Bote" mit politischen The¬ In gleich liberalem Geiste sind die Artikel über auswärtige Angelegenheiten In Betreff der Censur, die sich in Rußland bekanntlich auf alle Erzeug- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0349" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114129"/> <p xml:id="ID_1112" prev="#ID_1111"> der bei Gelegenheit seines Regierungsantritts ausbrach, aus literarisch gebilde¬<lb/> ten und für die Literatur thätigen Offizieren und Beamten bestanden hatte.<lb/> Sein Nachfolger dagegen hatte von Jugend auf literarische Sympathien. Sein<lb/> Lehrer war Jukoffst'i, der Uebersetzer des Homer und vieler andern Dichter,<lb/> der Autor des „Säugers im russischen Lager", der Freund Puschkins, Kriloffs<lb/> und aller bedeutenderen Poeten und Schriftsteller jener Zeit. Ein andrer her¬<lb/> vorragender Mitarbeiter des „Russischen Boten" ist Kudriatseff, Professor der<lb/> Geschichte an der Moskaner Universität und Verfasser eines Lebens Karls.des<lb/> Fünften, der in einem der Hefte Reiseeindrücke während einer Tour von<lb/> Berlin nach Wien veröffentlichte. Graf Tolstoi schildert in einer andern Seba-<lb/> stopol wahrend seiner Belagerung. J>r der Nummer, welche Kudriatseffs Reise-<lb/> skizzen brachte, befand sich ferner ein sehr eingehender Artikel über Faraday's<lb/> Entdeckungen. Eine andere enthielt eine recht gute Übertragung von ErabbeS<lb/> „r^i-iLli KvListvv", die zweite Julinummer von 1859 den Anfang einer Ueber<lb/> Setzung des bekannten englischen Romans „Adam Bete."</p><lb/> <p xml:id="ID_1113"> Besonders eifrig beschäftigt sich der „Russische Bote" mit politischen The¬<lb/> men. So behandelt eine Reihe von Artikeln die Laufbahn Sir Robert Peels,<lb/> andere besprechen den Proceß Montalcmocrt, die Orsini-Affaire, die Parlamentö-<lb/> debatten, welche dem Rücktritt des Cabinets Derby vorausgingen, wieder an¬<lb/> dere (Juli 1859) den Frieden von Villafranca, noch andere die Reformen,<lb/> welche man von der Regierung wünscht, die Einführung von Geschworenenge¬<lb/> richten z. B. Der Ton und die Grundsätze, von denen die Verfasser dieser Auf¬<lb/> sätze ausgehen, sind die eines sehr fortgcschrittnen Liberalismus. Mit Feuer<lb/> wird das Princip der Selbstregierung verfochten, mit den stärksten Worten das<lb/> französische System der Centralisirung verurtheilt. In allen Stücken tritt her¬<lb/> vor, daß die russische Reformpartei, die in diesem Magazin das Hauptorgan<lb/> ihrer Bestrebungen besitzt, vorzüglich die Nachbildung englischer Einrichtungen<lb/> für Nußland im Auge hat. Wie wenig diese zum russischen Volksgeiste passen,<lb/> hat unser Aufsatz in Nummer 10 dargethan.</p><lb/> <p xml:id="ID_1114"> In gleich liberalem Geiste sind die Artikel über auswärtige Angelegenheiten<lb/> gehalten. In dem über den Frieden von Villafranca wurde der Befreier Ita¬<lb/> liens sehr stark mitgenommen, und Oestreich natürlich noch stärker. Die Schroff¬<lb/> heit, mit der über letzteres gesprochen wurde, rief eine Entgegnung des „Ruski<lb/> Invalid" hervor, welche der Redaction solche Ausfälle verweisen wollte. Allein<lb/> der „Bote" ließ sich nicht werfen. Er erwiderte den Artikel des officiösen Blat¬<lb/> tes mit einem sehr malitiösen Aufsatz, in welchem er nachwies, daß das einer<lb/> fremden Macht gebührende Maß von Artigkeit in einem unabhängigen Organe<lb/> nicht dasselbe sei wie das, welches für ein notorisch von der Regierung sala-<lb/> -nrtes Journal gelte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1115" next="#ID_1116"> In Betreff der Censur, die sich in Rußland bekanntlich auf alle Erzeug-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0349]
der bei Gelegenheit seines Regierungsantritts ausbrach, aus literarisch gebilde¬
ten und für die Literatur thätigen Offizieren und Beamten bestanden hatte.
Sein Nachfolger dagegen hatte von Jugend auf literarische Sympathien. Sein
Lehrer war Jukoffst'i, der Uebersetzer des Homer und vieler andern Dichter,
der Autor des „Säugers im russischen Lager", der Freund Puschkins, Kriloffs
und aller bedeutenderen Poeten und Schriftsteller jener Zeit. Ein andrer her¬
vorragender Mitarbeiter des „Russischen Boten" ist Kudriatseff, Professor der
Geschichte an der Moskaner Universität und Verfasser eines Lebens Karls.des
Fünften, der in einem der Hefte Reiseeindrücke während einer Tour von
Berlin nach Wien veröffentlichte. Graf Tolstoi schildert in einer andern Seba-
stopol wahrend seiner Belagerung. J>r der Nummer, welche Kudriatseffs Reise-
skizzen brachte, befand sich ferner ein sehr eingehender Artikel über Faraday's
Entdeckungen. Eine andere enthielt eine recht gute Übertragung von ErabbeS
„r^i-iLli KvListvv", die zweite Julinummer von 1859 den Anfang einer Ueber
Setzung des bekannten englischen Romans „Adam Bete."
Besonders eifrig beschäftigt sich der „Russische Bote" mit politischen The¬
men. So behandelt eine Reihe von Artikeln die Laufbahn Sir Robert Peels,
andere besprechen den Proceß Montalcmocrt, die Orsini-Affaire, die Parlamentö-
debatten, welche dem Rücktritt des Cabinets Derby vorausgingen, wieder an¬
dere (Juli 1859) den Frieden von Villafranca, noch andere die Reformen,
welche man von der Regierung wünscht, die Einführung von Geschworenenge¬
richten z. B. Der Ton und die Grundsätze, von denen die Verfasser dieser Auf¬
sätze ausgehen, sind die eines sehr fortgcschrittnen Liberalismus. Mit Feuer
wird das Princip der Selbstregierung verfochten, mit den stärksten Worten das
französische System der Centralisirung verurtheilt. In allen Stücken tritt her¬
vor, daß die russische Reformpartei, die in diesem Magazin das Hauptorgan
ihrer Bestrebungen besitzt, vorzüglich die Nachbildung englischer Einrichtungen
für Nußland im Auge hat. Wie wenig diese zum russischen Volksgeiste passen,
hat unser Aufsatz in Nummer 10 dargethan.
In gleich liberalem Geiste sind die Artikel über auswärtige Angelegenheiten
gehalten. In dem über den Frieden von Villafranca wurde der Befreier Ita¬
liens sehr stark mitgenommen, und Oestreich natürlich noch stärker. Die Schroff¬
heit, mit der über letzteres gesprochen wurde, rief eine Entgegnung des „Ruski
Invalid" hervor, welche der Redaction solche Ausfälle verweisen wollte. Allein
der „Bote" ließ sich nicht werfen. Er erwiderte den Artikel des officiösen Blat¬
tes mit einem sehr malitiösen Aufsatz, in welchem er nachwies, daß das einer
fremden Macht gebührende Maß von Artigkeit in einem unabhängigen Organe
nicht dasselbe sei wie das, welches für ein notorisch von der Regierung sala-
-nrtes Journal gelte.
In Betreff der Censur, die sich in Rußland bekanntlich auf alle Erzeug-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |