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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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lären Kroaten des Ban Jellachich waren nur dem Namen, nicht aber dem We¬
sen nach verschieden. Während die andern Grenzer Pikets und Schildwachen
längs der Grenze bezogen, patrouillirten die Seressaner den ganzen Cordon ent¬
lang, durchstreiften auch wohl das jenseits der Grenze liegende Gebiet und
waren zur Verfolgung von Räubern, Deserteuren, schwarzem und Contumaz-
übertretern vorzugsweise verpflichtet. Der eigentliche Polizeidienst wurde jedoch
auf dem Lande von allen Grenzern gemeinschaftlich, in den Städten von den
in Garnison befindlichen Linien- oder Grenztruppen verrichtet. In den Militär-
Immunitäten, d. i. er jenen Städten, deren Bewohner nicht militärpflichtig
waren, gab es auch Panduren, welche sich von ihren Kameraden in Ungarn
wenig unterschieden.

Dalmatien hatte seine Serdaren, ein Mittelding zwischen den Seressanern
der Grenze und den Cvmitatpanduren in Ungarn, weder ganz von den Kreis¬
oder Stadtbehörden abhängig, noch direct in dem Militärverbande stehend. Sie
hatten ihre eigenen Offiziere und waren militärisch organisirt, wurden aber aus
den Einkünften des Landes besoldet.

Das oft sehr gewaltthätige Austreten der Serdaren, besonders bei Aus¬
übung des Pvlizcidienstes in den Städten, wurde von der im Allgemeinen
ziemlich ungebildeten Bevölkerung nicht schwer empfunden, ja es mochte sogar
gerechtfertigt erscheinen und auch in anderer Hinsicht, nämlich bei den räuberi¬
schen Ueberfällen der Bosnier und Montenegriner, wurde die Thätigkeit der Ser¬
daren gelobt. Dagegen zeigten sie sich bei der Verfolgung inländischer schwerer
Verbrecher, besonders solcher, weiche der Blutrache wegen einen Mord begangen
hatten, lau und widerstrebend, da sie, mit den Einwohnern des Landes ver¬
wandt und befreundet und deren Ansichten theilend, in den von den kaiser¬
lichen Gerichte" Verfolgten nur des Schutzes bedürftige Flüchtlinge erblickten.

In Italien, welches unter allen östreichischen Provinzen am längsten un¬
ter französischer Herrschaft gewesen war und dessen Bevölkerung sich in die Na¬
poleonischen Institutionen schon hineingelebt hatte, ließ die östreichische Regie¬
rung fast Alles beim Alten, namentlich auch beim Polizeiwesen, bei welchem
nur einige unbedeutende administrative Aenderungen vorgenommen wurden.
Daher hatte diese Provinz eine Gendarmerie und nebenbei ein Militärpolizei-
wachcvrps. Letzteres wurde nach dem Muster der Polizei in den Erbländern
umgemodelt, bestand durchaus aus Italienern, verrichtete den gewöhnlichen Po¬
lizeidienst mit Eifer und Geschick, ließ aber sonst Vieles zu wünschen übrig.
Der größte Theil dieses Corps schloß sich 1843 den Insurgenten an, und nur
Wenige zogen mit Radetzky's Truppen aus Mailand.

Besser war die Gendarmerie. Dieselbe bildete ein Regiment, von welchem
die größere Hälfte zu Fuß, der Rest zu Pferde diente.

Die Bekleidung, welche von den Oestreichern fast ungeändert beibehalten


lären Kroaten des Ban Jellachich waren nur dem Namen, nicht aber dem We¬
sen nach verschieden. Während die andern Grenzer Pikets und Schildwachen
längs der Grenze bezogen, patrouillirten die Seressaner den ganzen Cordon ent¬
lang, durchstreiften auch wohl das jenseits der Grenze liegende Gebiet und
waren zur Verfolgung von Räubern, Deserteuren, schwarzem und Contumaz-
übertretern vorzugsweise verpflichtet. Der eigentliche Polizeidienst wurde jedoch
auf dem Lande von allen Grenzern gemeinschaftlich, in den Städten von den
in Garnison befindlichen Linien- oder Grenztruppen verrichtet. In den Militär-
Immunitäten, d. i. er jenen Städten, deren Bewohner nicht militärpflichtig
waren, gab es auch Panduren, welche sich von ihren Kameraden in Ungarn
wenig unterschieden.

Dalmatien hatte seine Serdaren, ein Mittelding zwischen den Seressanern
der Grenze und den Cvmitatpanduren in Ungarn, weder ganz von den Kreis¬
oder Stadtbehörden abhängig, noch direct in dem Militärverbande stehend. Sie
hatten ihre eigenen Offiziere und waren militärisch organisirt, wurden aber aus
den Einkünften des Landes besoldet.

Das oft sehr gewaltthätige Austreten der Serdaren, besonders bei Aus¬
übung des Pvlizcidienstes in den Städten, wurde von der im Allgemeinen
ziemlich ungebildeten Bevölkerung nicht schwer empfunden, ja es mochte sogar
gerechtfertigt erscheinen und auch in anderer Hinsicht, nämlich bei den räuberi¬
schen Ueberfällen der Bosnier und Montenegriner, wurde die Thätigkeit der Ser¬
daren gelobt. Dagegen zeigten sie sich bei der Verfolgung inländischer schwerer
Verbrecher, besonders solcher, weiche der Blutrache wegen einen Mord begangen
hatten, lau und widerstrebend, da sie, mit den Einwohnern des Landes ver¬
wandt und befreundet und deren Ansichten theilend, in den von den kaiser¬
lichen Gerichte« Verfolgten nur des Schutzes bedürftige Flüchtlinge erblickten.

In Italien, welches unter allen östreichischen Provinzen am längsten un¬
ter französischer Herrschaft gewesen war und dessen Bevölkerung sich in die Na¬
poleonischen Institutionen schon hineingelebt hatte, ließ die östreichische Regie¬
rung fast Alles beim Alten, namentlich auch beim Polizeiwesen, bei welchem
nur einige unbedeutende administrative Aenderungen vorgenommen wurden.
Daher hatte diese Provinz eine Gendarmerie und nebenbei ein Militärpolizei-
wachcvrps. Letzteres wurde nach dem Muster der Polizei in den Erbländern
umgemodelt, bestand durchaus aus Italienern, verrichtete den gewöhnlichen Po¬
lizeidienst mit Eifer und Geschick, ließ aber sonst Vieles zu wünschen übrig.
Der größte Theil dieses Corps schloß sich 1843 den Insurgenten an, und nur
Wenige zogen mit Radetzky's Truppen aus Mailand.

Besser war die Gendarmerie. Dieselbe bildete ein Regiment, von welchem
die größere Hälfte zu Fuß, der Rest zu Pferde diente.

Die Bekleidung, welche von den Oestreichern fast ungeändert beibehalten


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[0335] lären Kroaten des Ban Jellachich waren nur dem Namen, nicht aber dem We¬ sen nach verschieden. Während die andern Grenzer Pikets und Schildwachen längs der Grenze bezogen, patrouillirten die Seressaner den ganzen Cordon ent¬ lang, durchstreiften auch wohl das jenseits der Grenze liegende Gebiet und waren zur Verfolgung von Räubern, Deserteuren, schwarzem und Contumaz- übertretern vorzugsweise verpflichtet. Der eigentliche Polizeidienst wurde jedoch auf dem Lande von allen Grenzern gemeinschaftlich, in den Städten von den in Garnison befindlichen Linien- oder Grenztruppen verrichtet. In den Militär- Immunitäten, d. i. er jenen Städten, deren Bewohner nicht militärpflichtig waren, gab es auch Panduren, welche sich von ihren Kameraden in Ungarn wenig unterschieden. Dalmatien hatte seine Serdaren, ein Mittelding zwischen den Seressanern der Grenze und den Cvmitatpanduren in Ungarn, weder ganz von den Kreis¬ oder Stadtbehörden abhängig, noch direct in dem Militärverbande stehend. Sie hatten ihre eigenen Offiziere und waren militärisch organisirt, wurden aber aus den Einkünften des Landes besoldet. Das oft sehr gewaltthätige Austreten der Serdaren, besonders bei Aus¬ übung des Pvlizcidienstes in den Städten, wurde von der im Allgemeinen ziemlich ungebildeten Bevölkerung nicht schwer empfunden, ja es mochte sogar gerechtfertigt erscheinen und auch in anderer Hinsicht, nämlich bei den räuberi¬ schen Ueberfällen der Bosnier und Montenegriner, wurde die Thätigkeit der Ser¬ daren gelobt. Dagegen zeigten sie sich bei der Verfolgung inländischer schwerer Verbrecher, besonders solcher, weiche der Blutrache wegen einen Mord begangen hatten, lau und widerstrebend, da sie, mit den Einwohnern des Landes ver¬ wandt und befreundet und deren Ansichten theilend, in den von den kaiser¬ lichen Gerichte« Verfolgten nur des Schutzes bedürftige Flüchtlinge erblickten. In Italien, welches unter allen östreichischen Provinzen am längsten un¬ ter französischer Herrschaft gewesen war und dessen Bevölkerung sich in die Na¬ poleonischen Institutionen schon hineingelebt hatte, ließ die östreichische Regie¬ rung fast Alles beim Alten, namentlich auch beim Polizeiwesen, bei welchem nur einige unbedeutende administrative Aenderungen vorgenommen wurden. Daher hatte diese Provinz eine Gendarmerie und nebenbei ein Militärpolizei- wachcvrps. Letzteres wurde nach dem Muster der Polizei in den Erbländern umgemodelt, bestand durchaus aus Italienern, verrichtete den gewöhnlichen Po¬ lizeidienst mit Eifer und Geschick, ließ aber sonst Vieles zu wünschen übrig. Der größte Theil dieses Corps schloß sich 1843 den Insurgenten an, und nur Wenige zogen mit Radetzky's Truppen aus Mailand. Besser war die Gendarmerie. Dieselbe bildete ein Regiment, von welchem die größere Hälfte zu Fuß, der Rest zu Pferde diente. Die Bekleidung, welche von den Oestreichern fast ungeändert beibehalten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/335>, abgerufen am 08.01.2025.