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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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Panduren mit besonderer Lust und Beharrlichkeit nach den kleinen Uebelthätern,
während sie achtlos -- oft auch mit gutem Wissen -- an den ärgsten Räubern
vorübergingen. Der umherziehende Zigeuner, der jüdische Hausirer, der Hand¬
werksbursche Und der leibeigene Bauer wurden von dem Späherauge des Tra¬
banten auf jedem Schritte bewacht und im Falle des geringsten Fehltrittes
unnachsichtlich in Haft genommen. Wehe demjenigen, welcher es an dem ge¬
bührenden Respecte gegen die Comitats- oder Stadtbeamten, gegen einen Edel¬
mann oder 'auch gegen den Kedves huszar ur (den geschätzten Herrn Husaren)
hatte fehlen lassen. Er wurde sogleich "in das Loch gesteckt" und oft auch
wohl von dem Trabanten selbst abgestraft, und zwar aus dessen eigenes Ermes¬
sen hin mit dem Haslinger, der Peitsche, der "Disciplin" oder der "Marianka," *)
Dem notorisch bekannten Räuber, dem Pferdediebe (einer dem Ungarlande eigen¬
thümlichen Species), oder dem Schmugglerführer wurde nur selten zu Leibe
gegangen, wenn er nicht etwa das Unglück hatte, den Panduren oder einen
Freund desselben zu benachtheiligen, oder wenn nicht etwa ein Preis auf seinen
Kopf ausgesetzt war.

Wiewohl nun diese Panduren weder militärisch organisirt noch disciplinirt
waren, nannten sie sich doch gern Soldaten und wurden auch von ihren Vor¬
gesetzten als Soldaten betrachtet, -- vielleicht blos darum, weil sie bei dem
Aufgebote der allgemeinen Jnsurrection in früherer Zeit wiederholt an Stelle
der pflichtschuldigen Kontingente der Comitate und Städte abgeschickt worden
waren.

Von gleicher Beschaffenheit waren die Polizeiorgane in den ungarischen
Nebenländern, Siebenbürgen, Kroatien, Slavonien und dem ungarischen Littorale.

Die Militärgrenze, diese riesige Kaserne, hätte gar keiner eigentlichen Poli¬
zeiwache bedurft, da zwei Drittel der erwachsenen männlichen Bevölkerung für
die Sicherheit des Landes wachen mußten. Demungeachtet hatte jedes Grenz¬
regiment 2--300 Seressaner, welche mancherlei Vorrechte, namentlich Steuerbe¬
freiung und Diensterleichterung genossen, überhaupt in größeren Ansehen als die
übrigen Grenzer standen, dafür aber zur Verrichtung des Gendarmeriedienstes
in der Militärgrenze verpflichtet waren. Sie erhielten vom Staate weder Waf¬
fen noch Montur und staffirten sich mit zwei türkischen Pistolen, einem Hand¬
schar und einer langen Flinte recht malerisch aus. Ihr Hauptbekicidungsstück
war der traditionelle blutrothe Mantel, und die Panduren Trenks, die Roth¬
mäntel aus den französischen Kriegen, sowie 1848 die Seressaner und irregu-



'1 Die "Disciplin" war eine Zwillingsschwester der neunschwänzigcn Kajze, die "Marianka"
eine mehr als klafterlange Lcdcrpcitsche von ansehnlicher Dicke und Schwere. Ein einziger
kunstgerecht damit geführter Hieb schlitzte die Kleider des Delinquenten wie mit einem Messer
auf und überschüttete denselben mit Blut. Russische Offiziere erklärten dieses Instrument für
wirksamer als selbst die Knute.

Panduren mit besonderer Lust und Beharrlichkeit nach den kleinen Uebelthätern,
während sie achtlos — oft auch mit gutem Wissen — an den ärgsten Räubern
vorübergingen. Der umherziehende Zigeuner, der jüdische Hausirer, der Hand¬
werksbursche Und der leibeigene Bauer wurden von dem Späherauge des Tra¬
banten auf jedem Schritte bewacht und im Falle des geringsten Fehltrittes
unnachsichtlich in Haft genommen. Wehe demjenigen, welcher es an dem ge¬
bührenden Respecte gegen die Comitats- oder Stadtbeamten, gegen einen Edel¬
mann oder 'auch gegen den Kedves huszar ur (den geschätzten Herrn Husaren)
hatte fehlen lassen. Er wurde sogleich „in das Loch gesteckt" und oft auch
wohl von dem Trabanten selbst abgestraft, und zwar aus dessen eigenes Ermes¬
sen hin mit dem Haslinger, der Peitsche, der „Disciplin" oder der „Marianka," *)
Dem notorisch bekannten Räuber, dem Pferdediebe (einer dem Ungarlande eigen¬
thümlichen Species), oder dem Schmugglerführer wurde nur selten zu Leibe
gegangen, wenn er nicht etwa das Unglück hatte, den Panduren oder einen
Freund desselben zu benachtheiligen, oder wenn nicht etwa ein Preis auf seinen
Kopf ausgesetzt war.

Wiewohl nun diese Panduren weder militärisch organisirt noch disciplinirt
waren, nannten sie sich doch gern Soldaten und wurden auch von ihren Vor¬
gesetzten als Soldaten betrachtet, — vielleicht blos darum, weil sie bei dem
Aufgebote der allgemeinen Jnsurrection in früherer Zeit wiederholt an Stelle
der pflichtschuldigen Kontingente der Comitate und Städte abgeschickt worden
waren.

Von gleicher Beschaffenheit waren die Polizeiorgane in den ungarischen
Nebenländern, Siebenbürgen, Kroatien, Slavonien und dem ungarischen Littorale.

Die Militärgrenze, diese riesige Kaserne, hätte gar keiner eigentlichen Poli¬
zeiwache bedurft, da zwei Drittel der erwachsenen männlichen Bevölkerung für
die Sicherheit des Landes wachen mußten. Demungeachtet hatte jedes Grenz¬
regiment 2—300 Seressaner, welche mancherlei Vorrechte, namentlich Steuerbe¬
freiung und Diensterleichterung genossen, überhaupt in größeren Ansehen als die
übrigen Grenzer standen, dafür aber zur Verrichtung des Gendarmeriedienstes
in der Militärgrenze verpflichtet waren. Sie erhielten vom Staate weder Waf¬
fen noch Montur und staffirten sich mit zwei türkischen Pistolen, einem Hand¬
schar und einer langen Flinte recht malerisch aus. Ihr Hauptbekicidungsstück
war der traditionelle blutrothe Mantel, und die Panduren Trenks, die Roth¬
mäntel aus den französischen Kriegen, sowie 1848 die Seressaner und irregu-



'1 Die „Disciplin" war eine Zwillingsschwester der neunschwänzigcn Kajze, die „Marianka"
eine mehr als klafterlange Lcdcrpcitsche von ansehnlicher Dicke und Schwere. Ein einziger
kunstgerecht damit geführter Hieb schlitzte die Kleider des Delinquenten wie mit einem Messer
auf und überschüttete denselben mit Blut. Russische Offiziere erklärten dieses Instrument für
wirksamer als selbst die Knute.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/334>, abgerufen am 08.01.2025.