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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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des Schmuggels auch über die allgemeine Sicherheit wachen, aber es mußte
auch hier- wiederholt Militär requirirt werden, um der Grenzwache nur die Er¬
füllung ihrer Berufspflicht, die Wahrung der Douane, zu ermöglichen.

Die außerdem öfters genannten Kreisdragoner, Bezirksboten, Ueberreiter
u. f. w. waren nur uniformirte, oft aber nicht einmal bewaffnete Amtsdiener,
die mit dem Dienste der Polizei gar Nichts zu schaffen hatten. Die von den
Gemeinden erhaltenen Nacht-.und Gemeindewächter waren nur den Gemeinde-
Vorständen verantwortlich und wurden von den competenten Regierungsorganen
beinahe niemals controlirt.

Wenn nun die Sicherheitsorgane der absolut-monarchisch regierten Provin¬
zen den leitenden Regierungsprincipien folgten und nur einen blinden Gehor¬
sam gegen ihre Oberen, nebenbei den eigenen Vortheil, fast niemals aber eine
Rücksicht gegen das Publicum im Auge behalten zu müssen glaubten: so war
dagegen die Polizei in Ungarn, wenn dort von einer Polizei überhaupt die
Rede sein konnte, ein rein oligarehisches Institut.

Hier waren es die Comitats- und Stadt-Panduren, Husaren, Hayducken
oder Trabanten, welche als Kanzleiboten, Gerichtsdiener, Gefangenwärter, Po¬
lizeisoldaten und Gendarmen fungirten. Wie schon der Name anzeigt, wurden
sie theils von den Obergespanen der Comitate, theils von den Magistraten
der Städte ernannt und besoldet, oft aber waren sie auch bloße Leibtrabanten
der Edelleute und Prälaten.

Ihre Kleidung war in jedem Comitate und in jeder Stadt von anderer
Farbe und anderem Schnitte, nur in dem übereinstimmend, daß sie stets als
Husaren montirt und mit Neitersäbel und Gewehr bewaffnet waren. Oft haben
sie recht martialisch, mitunter aber auch ganz hariekinmäßig aus. Wie die Klei¬
dung, waren auch die Reglements und Jnstructionen der Panduren verschieden.
In der Auslegung und Anwendung der Gesetze aber und in dem Benehmen
gegenüber der Bevölkerung kamen wohl alle Panduren überein, mochten sie
nun in Siebenbürgen, in Nord- und Südungarn, oder im Banat amtiren.
Uebermuth gegen den Bürger und jeden nichtadeligen Fremden, Brutalität und
Ungerechtigkeit gegen den Bauer und Juden, kriechende Unterwürfigkeit gegen
den vorgesetzten Beamten und gegen den Edelmann, Eigennutz, Bestechlichkeit,
Spielsucht, Prahlerei, Eigensinn und Unwissenheit waren die Eigenschaften und
Tugenden dieser Wächter der Gesetze. Sowie die ungarischen Gerichtsbeamten
in der Ausübung ihres Amtes oft höchst parteiisch verfuhren, namentlich aber
Übertretungen und Bergehen verhältnißmäßig strenger und auch mit größerer
Beeilung zu bestrafen pflegten, als schwere Verbrechen, so fahndeten auch die


1843 in einen Körper verwandelt und erhielten die Benennung "Fiuanjwache". S>c hatten
eine militärische Organisation, wurden aber nicht zu den Truppen gerechnet.

des Schmuggels auch über die allgemeine Sicherheit wachen, aber es mußte
auch hier- wiederholt Militär requirirt werden, um der Grenzwache nur die Er¬
füllung ihrer Berufspflicht, die Wahrung der Douane, zu ermöglichen.

Die außerdem öfters genannten Kreisdragoner, Bezirksboten, Ueberreiter
u. f. w. waren nur uniformirte, oft aber nicht einmal bewaffnete Amtsdiener,
die mit dem Dienste der Polizei gar Nichts zu schaffen hatten. Die von den
Gemeinden erhaltenen Nacht-.und Gemeindewächter waren nur den Gemeinde-
Vorständen verantwortlich und wurden von den competenten Regierungsorganen
beinahe niemals controlirt.

Wenn nun die Sicherheitsorgane der absolut-monarchisch regierten Provin¬
zen den leitenden Regierungsprincipien folgten und nur einen blinden Gehor¬
sam gegen ihre Oberen, nebenbei den eigenen Vortheil, fast niemals aber eine
Rücksicht gegen das Publicum im Auge behalten zu müssen glaubten: so war
dagegen die Polizei in Ungarn, wenn dort von einer Polizei überhaupt die
Rede sein konnte, ein rein oligarehisches Institut.

Hier waren es die Comitats- und Stadt-Panduren, Husaren, Hayducken
oder Trabanten, welche als Kanzleiboten, Gerichtsdiener, Gefangenwärter, Po¬
lizeisoldaten und Gendarmen fungirten. Wie schon der Name anzeigt, wurden
sie theils von den Obergespanen der Comitate, theils von den Magistraten
der Städte ernannt und besoldet, oft aber waren sie auch bloße Leibtrabanten
der Edelleute und Prälaten.

Ihre Kleidung war in jedem Comitate und in jeder Stadt von anderer
Farbe und anderem Schnitte, nur in dem übereinstimmend, daß sie stets als
Husaren montirt und mit Neitersäbel und Gewehr bewaffnet waren. Oft haben
sie recht martialisch, mitunter aber auch ganz hariekinmäßig aus. Wie die Klei¬
dung, waren auch die Reglements und Jnstructionen der Panduren verschieden.
In der Auslegung und Anwendung der Gesetze aber und in dem Benehmen
gegenüber der Bevölkerung kamen wohl alle Panduren überein, mochten sie
nun in Siebenbürgen, in Nord- und Südungarn, oder im Banat amtiren.
Uebermuth gegen den Bürger und jeden nichtadeligen Fremden, Brutalität und
Ungerechtigkeit gegen den Bauer und Juden, kriechende Unterwürfigkeit gegen
den vorgesetzten Beamten und gegen den Edelmann, Eigennutz, Bestechlichkeit,
Spielsucht, Prahlerei, Eigensinn und Unwissenheit waren die Eigenschaften und
Tugenden dieser Wächter der Gesetze. Sowie die ungarischen Gerichtsbeamten
in der Ausübung ihres Amtes oft höchst parteiisch verfuhren, namentlich aber
Übertretungen und Bergehen verhältnißmäßig strenger und auch mit größerer
Beeilung zu bestrafen pflegten, als schwere Verbrechen, so fahndeten auch die


1843 in einen Körper verwandelt und erhielten die Benennung „Fiuanjwache". S>c hatten
eine militärische Organisation, wurden aber nicht zu den Truppen gerechnet.
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[0333] des Schmuggels auch über die allgemeine Sicherheit wachen, aber es mußte auch hier- wiederholt Militär requirirt werden, um der Grenzwache nur die Er¬ füllung ihrer Berufspflicht, die Wahrung der Douane, zu ermöglichen. Die außerdem öfters genannten Kreisdragoner, Bezirksboten, Ueberreiter u. f. w. waren nur uniformirte, oft aber nicht einmal bewaffnete Amtsdiener, die mit dem Dienste der Polizei gar Nichts zu schaffen hatten. Die von den Gemeinden erhaltenen Nacht-.und Gemeindewächter waren nur den Gemeinde- Vorständen verantwortlich und wurden von den competenten Regierungsorganen beinahe niemals controlirt. Wenn nun die Sicherheitsorgane der absolut-monarchisch regierten Provin¬ zen den leitenden Regierungsprincipien folgten und nur einen blinden Gehor¬ sam gegen ihre Oberen, nebenbei den eigenen Vortheil, fast niemals aber eine Rücksicht gegen das Publicum im Auge behalten zu müssen glaubten: so war dagegen die Polizei in Ungarn, wenn dort von einer Polizei überhaupt die Rede sein konnte, ein rein oligarehisches Institut. Hier waren es die Comitats- und Stadt-Panduren, Husaren, Hayducken oder Trabanten, welche als Kanzleiboten, Gerichtsdiener, Gefangenwärter, Po¬ lizeisoldaten und Gendarmen fungirten. Wie schon der Name anzeigt, wurden sie theils von den Obergespanen der Comitate, theils von den Magistraten der Städte ernannt und besoldet, oft aber waren sie auch bloße Leibtrabanten der Edelleute und Prälaten. Ihre Kleidung war in jedem Comitate und in jeder Stadt von anderer Farbe und anderem Schnitte, nur in dem übereinstimmend, daß sie stets als Husaren montirt und mit Neitersäbel und Gewehr bewaffnet waren. Oft haben sie recht martialisch, mitunter aber auch ganz hariekinmäßig aus. Wie die Klei¬ dung, waren auch die Reglements und Jnstructionen der Panduren verschieden. In der Auslegung und Anwendung der Gesetze aber und in dem Benehmen gegenüber der Bevölkerung kamen wohl alle Panduren überein, mochten sie nun in Siebenbürgen, in Nord- und Südungarn, oder im Banat amtiren. Uebermuth gegen den Bürger und jeden nichtadeligen Fremden, Brutalität und Ungerechtigkeit gegen den Bauer und Juden, kriechende Unterwürfigkeit gegen den vorgesetzten Beamten und gegen den Edelmann, Eigennutz, Bestechlichkeit, Spielsucht, Prahlerei, Eigensinn und Unwissenheit waren die Eigenschaften und Tugenden dieser Wächter der Gesetze. Sowie die ungarischen Gerichtsbeamten in der Ausübung ihres Amtes oft höchst parteiisch verfuhren, namentlich aber Übertretungen und Bergehen verhältnißmäßig strenger und auch mit größerer Beeilung zu bestrafen pflegten, als schwere Verbrechen, so fahndeten auch die 1843 in einen Körper verwandelt und erhielten die Benennung „Fiuanjwache". S>c hatten eine militärische Organisation, wurden aber nicht zu den Truppen gerechnet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/333>, abgerufen am 08.01.2025.