Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.gelber) und tgi. zufielen. War bei ihnen von einer ordentlichen Diensterfül- Jedenfalls ist es ein sprechender Beweis der loyalen und praktischen Ge¬ An den Grenzen sollte zwar die "Grenzwache"") neben der Verhinderung ') So wurde einst in einer kleinen Landstadt ein preußischer Gutsbesitzer von einem ihm begegnenden Polizeimcmnc des Rauchers wegen auf die rohcsre Weise zur Rede gestellt. Damals war das^. Tabakrauchen auf offner Straße in den meisten Städten untersagt. Schweigend warf der Fremde die kaum erst angebrannte Cigarre weg, bemerkte aber, daß der Polizist selbe aushob, mit seinem Rockärmel abwischte und mit sichtlichem Wohlbehagen weiter rauchte. Auf dieses nahm der Reisende eine frische Cigarre heraus, ging dem Wachmanne nach und sprach denselben um Feuer an, welches ihm, der Beschämte auch ohne Weiteres darreichte und die Worte beifügte- "Euer Gnaden sein halt kein Fremder, man sieht's schon". In einer andern Stadt schlug ein Polizeirevisor einem Reisenden die Cigarre gar mit dem Stocke aus dem Munde, siel aber, als er erfuhr, daß der Jnsultirte ein Better des Grafen Scdlnitzky, des damaligen Polizcioberdircctors sei, auf offener Straße vor dem Fremden auf die Kniee, um ihn um Verzeihung zu bitten. ") Außer dieser Grenzwache bestand eine Gcfällenwache, welche die EinHebung der Accise,
der Stempelgebührc" und ähnlicher Abgaben besorgte und überwachte. Beide Truppen wurden gelber) und tgi. zufielen. War bei ihnen von einer ordentlichen Diensterfül- Jedenfalls ist es ein sprechender Beweis der loyalen und praktischen Ge¬ An den Grenzen sollte zwar die „Grenzwache"") neben der Verhinderung ') So wurde einst in einer kleinen Landstadt ein preußischer Gutsbesitzer von einem ihm begegnenden Polizeimcmnc des Rauchers wegen auf die rohcsre Weise zur Rede gestellt. Damals war das^. Tabakrauchen auf offner Straße in den meisten Städten untersagt. Schweigend warf der Fremde die kaum erst angebrannte Cigarre weg, bemerkte aber, daß der Polizist selbe aushob, mit seinem Rockärmel abwischte und mit sichtlichem Wohlbehagen weiter rauchte. Auf dieses nahm der Reisende eine frische Cigarre heraus, ging dem Wachmanne nach und sprach denselben um Feuer an, welches ihm, der Beschämte auch ohne Weiteres darreichte und die Worte beifügte- „Euer Gnaden sein halt kein Fremder, man sieht's schon". In einer andern Stadt schlug ein Polizeirevisor einem Reisenden die Cigarre gar mit dem Stocke aus dem Munde, siel aber, als er erfuhr, daß der Jnsultirte ein Better des Grafen Scdlnitzky, des damaligen Polizcioberdircctors sei, auf offener Straße vor dem Fremden auf die Kniee, um ihn um Verzeihung zu bitten. ") Außer dieser Grenzwache bestand eine Gcfällenwache, welche die EinHebung der Accise,
der Stempelgebührc» und ähnlicher Abgaben besorgte und überwachte. Beide Truppen wurden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0332" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/114112"/> <p xml:id="ID_1019" prev="#ID_1018"> gelber) und tgi. zufielen. War bei ihnen von einer ordentlichen Diensterfül-<lb/> lung keine Rede, so betrugen sie sich doch arrogant, grob und eigennützig genug,<lb/> besonders gegen Fremde und wenn sie sich im Besitze der Gewalt wußten. Frei¬<lb/> lich kamen sie dabei manchmal an den Unrechten/)</p><lb/> <p xml:id="ID_1020"> Jedenfalls ist es ein sprechender Beweis der loyalen und praktischen Ge¬<lb/> sinnung, welche die Bewohner der deutschen Provinzen beseelte, daß man zwar<lb/> offen über die Uebelstände des Polizeiinstitutes klagte, jedoch keineswegs dessen<lb/> gänzliche Beseitigung, sondern eine gründliche Verbesserung verlangte, ja daß<lb/> wiederholt der Wunsch nach Einführung einer Gendarmerie geäußert wurde.<lb/> Freilich dachte man dabei nur an eine Gendarmerie nach dem Muster jener in<lb/> den deutschen Nachbarstaaten; denn für die Sicherheit der Straßen und des<lb/> Landes war nicht einmal dein Namen nach eine Vorkehrung getroffen. Um sich<lb/> vor Dieben. Räubern oder Brandlegern zu schützen, mußten die Bewohner der<lb/> Dörfer und kleineren Städte selbst Wache halten, die Reisenden mußten sich<lb/> wohl bewaffnen, und die Fuhrleute schlössen sich gewöhnlich in größere Kara-<lb/> vanen zusammen, wenn sie eine unsichere Strecke zu passiren hatten. Oft<lb/> mußte dann der Postwagen, wenn er größere Geldsummen verwahrte, von<lb/> mehreren Soldaten begleitet werden. Nur wenn das Unwesen der Buschklepper<lb/> gar zu arg wurde, wurden MUitärabthcilungen, gewöhnlich Jäger, „auf Näuber-<lb/> commando" entsendet. Man kann sich von dem Umfange des Räuberunwesens<lb/> eine Vorstellung machen, wenn man erfährt, daß oft ganze Bataillone hierzu<lb/> verwendet werden wußten. Namentlich war dieses in Böhmen der Fall und<lb/> es schienen „die böhmischen Wälder" noch immer die sichere Zufluchtsstätte der<lb/> Feinde des Eigenthums zu sein. Welche Kräfte mußten aufgeboten werden,<lb/> um dem Treiben des Babinsty, des Hiesel und Anderer ein Ziel zu setzen,<lb/> oder um die weitverzweigte Räuber- und Schmugglerbande der Brüder Kohl¬<lb/> mann zu zerstreuen!</p><lb/> <p xml:id="ID_1021" next="#ID_1022"> An den Grenzen sollte zwar die „Grenzwache"") neben der Verhinderung</p><lb/> <note xml:id="FID_27" place="foot"> ') So wurde einst in einer kleinen Landstadt ein preußischer Gutsbesitzer von einem ihm<lb/> begegnenden Polizeimcmnc des Rauchers wegen auf die rohcsre Weise zur Rede gestellt. Damals<lb/> war das^. Tabakrauchen auf offner Straße in den meisten Städten untersagt. Schweigend<lb/> warf der Fremde die kaum erst angebrannte Cigarre weg, bemerkte aber, daß der Polizist selbe<lb/> aushob, mit seinem Rockärmel abwischte und mit sichtlichem Wohlbehagen weiter rauchte.<lb/> Auf dieses nahm der Reisende eine frische Cigarre heraus, ging dem Wachmanne nach und<lb/> sprach denselben um Feuer an, welches ihm, der Beschämte auch ohne Weiteres darreichte und<lb/> die Worte beifügte- „Euer Gnaden sein halt kein Fremder, man sieht's schon". In einer<lb/> andern Stadt schlug ein Polizeirevisor einem Reisenden die Cigarre gar mit dem Stocke aus<lb/> dem Munde, siel aber, als er erfuhr, daß der Jnsultirte ein Better des Grafen Scdlnitzky, des<lb/> damaligen Polizcioberdircctors sei, auf offener Straße vor dem Fremden auf die Kniee, um<lb/> ihn um Verzeihung zu bitten.</note><lb/> <note xml:id="FID_28" place="foot" next="#FID_29"> ") Außer dieser Grenzwache bestand eine Gcfällenwache, welche die EinHebung der Accise,<lb/> der Stempelgebührc» und ähnlicher Abgaben besorgte und überwachte. Beide Truppen wurden</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0332]
gelber) und tgi. zufielen. War bei ihnen von einer ordentlichen Diensterfül-
lung keine Rede, so betrugen sie sich doch arrogant, grob und eigennützig genug,
besonders gegen Fremde und wenn sie sich im Besitze der Gewalt wußten. Frei¬
lich kamen sie dabei manchmal an den Unrechten/)
Jedenfalls ist es ein sprechender Beweis der loyalen und praktischen Ge¬
sinnung, welche die Bewohner der deutschen Provinzen beseelte, daß man zwar
offen über die Uebelstände des Polizeiinstitutes klagte, jedoch keineswegs dessen
gänzliche Beseitigung, sondern eine gründliche Verbesserung verlangte, ja daß
wiederholt der Wunsch nach Einführung einer Gendarmerie geäußert wurde.
Freilich dachte man dabei nur an eine Gendarmerie nach dem Muster jener in
den deutschen Nachbarstaaten; denn für die Sicherheit der Straßen und des
Landes war nicht einmal dein Namen nach eine Vorkehrung getroffen. Um sich
vor Dieben. Räubern oder Brandlegern zu schützen, mußten die Bewohner der
Dörfer und kleineren Städte selbst Wache halten, die Reisenden mußten sich
wohl bewaffnen, und die Fuhrleute schlössen sich gewöhnlich in größere Kara-
vanen zusammen, wenn sie eine unsichere Strecke zu passiren hatten. Oft
mußte dann der Postwagen, wenn er größere Geldsummen verwahrte, von
mehreren Soldaten begleitet werden. Nur wenn das Unwesen der Buschklepper
gar zu arg wurde, wurden MUitärabthcilungen, gewöhnlich Jäger, „auf Näuber-
commando" entsendet. Man kann sich von dem Umfange des Räuberunwesens
eine Vorstellung machen, wenn man erfährt, daß oft ganze Bataillone hierzu
verwendet werden wußten. Namentlich war dieses in Böhmen der Fall und
es schienen „die böhmischen Wälder" noch immer die sichere Zufluchtsstätte der
Feinde des Eigenthums zu sein. Welche Kräfte mußten aufgeboten werden,
um dem Treiben des Babinsty, des Hiesel und Anderer ein Ziel zu setzen,
oder um die weitverzweigte Räuber- und Schmugglerbande der Brüder Kohl¬
mann zu zerstreuen!
An den Grenzen sollte zwar die „Grenzwache"") neben der Verhinderung
') So wurde einst in einer kleinen Landstadt ein preußischer Gutsbesitzer von einem ihm
begegnenden Polizeimcmnc des Rauchers wegen auf die rohcsre Weise zur Rede gestellt. Damals
war das^. Tabakrauchen auf offner Straße in den meisten Städten untersagt. Schweigend
warf der Fremde die kaum erst angebrannte Cigarre weg, bemerkte aber, daß der Polizist selbe
aushob, mit seinem Rockärmel abwischte und mit sichtlichem Wohlbehagen weiter rauchte.
Auf dieses nahm der Reisende eine frische Cigarre heraus, ging dem Wachmanne nach und
sprach denselben um Feuer an, welches ihm, der Beschämte auch ohne Weiteres darreichte und
die Worte beifügte- „Euer Gnaden sein halt kein Fremder, man sieht's schon". In einer
andern Stadt schlug ein Polizeirevisor einem Reisenden die Cigarre gar mit dem Stocke aus
dem Munde, siel aber, als er erfuhr, daß der Jnsultirte ein Better des Grafen Scdlnitzky, des
damaligen Polizcioberdircctors sei, auf offener Straße vor dem Fremden auf die Kniee, um
ihn um Verzeihung zu bitten.
") Außer dieser Grenzwache bestand eine Gcfällenwache, welche die EinHebung der Accise,
der Stempelgebührc» und ähnlicher Abgaben besorgte und überwachte. Beide Truppen wurden
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