Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.Eigenthum des Landbesitzers, und kann er fremdem Vieh das Abweiden weh¬ Der Tigrv, welcher zahlungsunfähig wird, fällt dem Gläubiger als Leib- Als Verlctzer des Eigenthums wird Jeder angesehen, der bei der Verletzung Die Nachkommen eines Vaters bis auf sieben Grade bilden die Bluts¬ Eigenthum des Landbesitzers, und kann er fremdem Vieh das Abweiden weh¬ Der Tigrv, welcher zahlungsunfähig wird, fällt dem Gläubiger als Leib- Als Verlctzer des Eigenthums wird Jeder angesehen, der bei der Verletzung Die Nachkommen eines Vaters bis auf sieben Grade bilden die Bluts¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0031" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113811"/> <p xml:id="ID_48" prev="#ID_47"> Eigenthum des Landbesitzers, und kann er fremdem Vieh das Abweiden weh¬<lb/> ren. Regen- und Flußwasser gehört Allen gemeinschaftlich, dagegen ist der,<lb/> welcher einen Brunnen angelegt hat, auf ewige Zeiten dessen Eigenthümer.<lb/> Wer einem Honigsammler in der Wildniß begegnet, hat das Recht, sich von<lb/> dessen Fund ohne Entschädigung satt zu essen; weigert sich jener dessen, so darf<lb/> er ihm sein Gefäß zerstören.</p><lb/> <p xml:id="ID_49"> Der Tigrv, welcher zahlungsunfähig wird, fällt dem Gläubiger als Leib-<lb/> eigner zu; stirbt er vor Einlösung der Schuld, so werden zu deren Deckung<lb/> seine Kinder in die Sklaverei verkauft. Ausgeliehene Capitalien werden mit<lb/> hundert Procent verzinst, doch geschieht es oft, daß der Dorfrath bei Mißernten<lb/> oder Kriegsunfällen die Verpflichtung Zinsen zu zahlen annullirt und dann nur<lb/> das Capital zurückzuerstatten ist. Das Vermögen geht durch Erbschaft vom<lb/> Vater auf die engere Familie über, und zwar mit Bevorzugung des erstgebor-<lb/> nen Sohnes der erstverlobten Frau und mit vollständigem Ausschluß der weib¬<lb/> lichen Kinder. Jener erbt alle weißen Kühe, alle Stiere und Kälber, alle im<lb/> Hause befindlichen Waffen und Geräthe, alles Getreide und Geld, das Land<lb/> mit seinen Rechten, die Leibeignen und die Tigrv, endlich aber auch die Ver¬<lb/> antwortlichkeit für die schulde» des Vaters. Der Rest des Vermögens wird<lb/> zu gleichen Theilen unter die übrigen männlichen Kinder vertheilt. Das leere<lb/> Haus verbleibt dem jüngsten Sohne. Jeder freie Mann darf zu seinen Leb¬<lb/> zeiten durch Geschenke über seinen Besitz verfügen, Niemandem dagegen steht die<lb/> Befugniß zu, durch ein Testament die herkömmliche Verkeilung seiner Berlasscn-<lb/> schaft abzuändern.</p><lb/> <p xml:id="ID_50"> Als Verlctzer des Eigenthums wird Jeder angesehen, der bei der Verletzung<lb/> mitwirkt, ebenso Jeder, der die Frucht derselben mit genießt. Der Dieb, der<lb/> seine That gesteht, ist nur zu einfachem, der dagegen, welcher erst durch Eid oder<lb/> sonstwie überwiesen werden muß. zu fünffachen Ersatz des Entwendeten ver¬<lb/> pflichtet. Sind der Thäter oder Mitgenießer mehre, so hat jeder den ganzen<lb/> Werth des Gestohlenen zu erstatten. Wird Jemand überwiesen, ein Stück Vieh<lb/> von dem Dorfe, wo er wohnt, geraubt und in dem eignen Hause geschlachtet<lb/> zu haben, so gilt nicht nur jedes Glied seines Hauses, sondern auch der Koch-<lb/> topf, jedes der andern Kvchwerkzeuge, die Schüssel u. s. w. als Mitgenießer<lb/> des Diebstahls, und der unredliche Nachbar wird gezwungen, seinen Raub so<lb/> viel Mal zu ersetzen, und beliefe sich die Zahl dieser willkürlichen und unwill¬<lb/> kürlichen Theilnehmer am Genuß der Beute auch auf zwanzig, so ist gleichwohl<lb/> der gestohlne Werth zwanzigfach zurückzuerstatten.</p><lb/> <p xml:id="ID_51" next="#ID_52"> Die Nachkommen eines Vaters bis auf sieben Grade bilden die Bluts¬<lb/> verwandtschaft, deren Glieder sich wechselseitig, ihre Person garantiron und<lb/> blutsvcrantwortlich sind. Dieser Familienkreis hat mit andern Worten<lb/> verletzt die gemeinschaftliche Pflicht der Rache, verletzend die Verantwort</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0031]
Eigenthum des Landbesitzers, und kann er fremdem Vieh das Abweiden weh¬
ren. Regen- und Flußwasser gehört Allen gemeinschaftlich, dagegen ist der,
welcher einen Brunnen angelegt hat, auf ewige Zeiten dessen Eigenthümer.
Wer einem Honigsammler in der Wildniß begegnet, hat das Recht, sich von
dessen Fund ohne Entschädigung satt zu essen; weigert sich jener dessen, so darf
er ihm sein Gefäß zerstören.
Der Tigrv, welcher zahlungsunfähig wird, fällt dem Gläubiger als Leib-
eigner zu; stirbt er vor Einlösung der Schuld, so werden zu deren Deckung
seine Kinder in die Sklaverei verkauft. Ausgeliehene Capitalien werden mit
hundert Procent verzinst, doch geschieht es oft, daß der Dorfrath bei Mißernten
oder Kriegsunfällen die Verpflichtung Zinsen zu zahlen annullirt und dann nur
das Capital zurückzuerstatten ist. Das Vermögen geht durch Erbschaft vom
Vater auf die engere Familie über, und zwar mit Bevorzugung des erstgebor-
nen Sohnes der erstverlobten Frau und mit vollständigem Ausschluß der weib¬
lichen Kinder. Jener erbt alle weißen Kühe, alle Stiere und Kälber, alle im
Hause befindlichen Waffen und Geräthe, alles Getreide und Geld, das Land
mit seinen Rechten, die Leibeignen und die Tigrv, endlich aber auch die Ver¬
antwortlichkeit für die schulde» des Vaters. Der Rest des Vermögens wird
zu gleichen Theilen unter die übrigen männlichen Kinder vertheilt. Das leere
Haus verbleibt dem jüngsten Sohne. Jeder freie Mann darf zu seinen Leb¬
zeiten durch Geschenke über seinen Besitz verfügen, Niemandem dagegen steht die
Befugniß zu, durch ein Testament die herkömmliche Verkeilung seiner Berlasscn-
schaft abzuändern.
Als Verlctzer des Eigenthums wird Jeder angesehen, der bei der Verletzung
mitwirkt, ebenso Jeder, der die Frucht derselben mit genießt. Der Dieb, der
seine That gesteht, ist nur zu einfachem, der dagegen, welcher erst durch Eid oder
sonstwie überwiesen werden muß. zu fünffachen Ersatz des Entwendeten ver¬
pflichtet. Sind der Thäter oder Mitgenießer mehre, so hat jeder den ganzen
Werth des Gestohlenen zu erstatten. Wird Jemand überwiesen, ein Stück Vieh
von dem Dorfe, wo er wohnt, geraubt und in dem eignen Hause geschlachtet
zu haben, so gilt nicht nur jedes Glied seines Hauses, sondern auch der Koch-
topf, jedes der andern Kvchwerkzeuge, die Schüssel u. s. w. als Mitgenießer
des Diebstahls, und der unredliche Nachbar wird gezwungen, seinen Raub so
viel Mal zu ersetzen, und beliefe sich die Zahl dieser willkürlichen und unwill¬
kürlichen Theilnehmer am Genuß der Beute auch auf zwanzig, so ist gleichwohl
der gestohlne Werth zwanzigfach zurückzuerstatten.
Die Nachkommen eines Vaters bis auf sieben Grade bilden die Bluts¬
verwandtschaft, deren Glieder sich wechselseitig, ihre Person garantiron und
blutsvcrantwortlich sind. Dieser Familienkreis hat mit andern Worten
verletzt die gemeinschaftliche Pflicht der Rache, verletzend die Verantwort
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