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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band.

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thiir geschlachtet und das Fleisch in die Wildniß hinausgeworfen, und die Ver¬
eidign fragen: "Willst Du so den Hyänen zum Fraß werden, falls Du lügst?"
und jener läßt wieder sein "Amen!" vernehmen. Endlich führen sie ihn auf
einen Stein im Dorfe Mogarech, wo sie die schrecklichsten Flüche über ihn aus-
sprechen, falls er die Unwahrheit sage, und der so Bedrohte wieder auf jeden
Fluch sein Amen zu sprechen hat.

Das Verhältniß zwischen Schmagilli und Tigr6 ist weder Sklaverei noch
Leibeigenschaft, sondern Clientel, erbliche Pflicht rechtlichen Schutzes auf der
einen und einer gewissen Botmäßigkeit auf der andern Seite. Die Kinder
eines Tigr6 werden Unterthanen und Schutzbesohlne des Herrn oder Patrons
ihres Vaters und erben sich nach dem Tode jenes auf dessen Erstgebornen fort.
Der Schmagilli ist verpflichtet, seinem Tigrü in allen Händeln beizustehen, sein
Beschützer, sein Sachwalter und Richter zu sein. Der Tigre schuldet dafür dem
Schmagilli Ehrerbietung und einen kleinen Iahrestribut, der entweder in einem Topf
Bier zu Ostern oder Weihnachten oder in der Zunge jeder Kuh besteht, die
er schlachtet. Kommt ferner der Tigr6 von einem Raubzug zurück, so nimmt
sich sein Patron von der Beute eine Kuh; hat er einen Proceß gewonnen, so
fällt jenem von dein Gegenstand des Gewinnes die Hälfte zu; stirbt der Tigrv
ohne Verwandtschaft, so erbt sein Herr seine Habe und seine Frau. Der Ti-
gr6 ist nicht an einen bestimmten Wohnort gebunden, er besitzt eignes, unan¬
tastbares Vermögen, und er kann mit dem "Segen", d. h. mit der Erlaubniß
seines Schmagilli aus seiner Botmäßigkeit heraustreten; indeß muß er in sol¬
chem Fall ohne Verzug sich einen andern Patron suchen, weil er sonst eben
fremd, Feind, vogelfrei werden würde und vom ersten ihm Begegnenden in die
Sklaverei verkauft werden konnte. Es gilt endlich für keine Erniedrigung, wenn
ein Schmagilli oder die Tochter eines solchen in die Familie eines Tigrö hei¬
rat het.

Wir geben zunächst noch einige Proben von dem, was der Verfasser von
den Eigenthumsbcgriffcu der Bogos mittheilt.

Wer einen fremden Acker zu bebauen wünscht, verspricht dem Besitzer ein
kleines Geschenk von der Ernte. Wer ein fremdes Grundstück einmal bebaut
hat, kann vom Eigenthümer nicht gehindert werden, dasselbe noch einmal zu be¬
nutzen. Das dritte Jahr hat der Bodcnhcrr die Pflicht, dem Besteller des Lan¬
des das Benutzungsrecht zu kündigen, und tritt er damit wieder in sein altes
Recht ein. Der Grundeigentümer, der seinen Acker ohne seine Einwilligung
bebaut findet, erstattet dem Bearbeiter desselben das Saatkorn und gewinnt da¬
mit das Recht auf die Ernte, doch darf jenes nicht schon aufgegangen sein.
Der Besitz eines Grundstücks lo der Ebne schließt die Nutznießung von dessen
Verlängerung in gerader Linie gegen die anliegende Bergseite für deren Was¬
ser, GraA Holz, deren Fruchtbäume und wilde Bienenstöcke ein. Gras ist


thiir geschlachtet und das Fleisch in die Wildniß hinausgeworfen, und die Ver¬
eidign fragen: „Willst Du so den Hyänen zum Fraß werden, falls Du lügst?"
und jener läßt wieder sein „Amen!" vernehmen. Endlich führen sie ihn auf
einen Stein im Dorfe Mogarech, wo sie die schrecklichsten Flüche über ihn aus-
sprechen, falls er die Unwahrheit sage, und der so Bedrohte wieder auf jeden
Fluch sein Amen zu sprechen hat.

Das Verhältniß zwischen Schmagilli und Tigr6 ist weder Sklaverei noch
Leibeigenschaft, sondern Clientel, erbliche Pflicht rechtlichen Schutzes auf der
einen und einer gewissen Botmäßigkeit auf der andern Seite. Die Kinder
eines Tigr6 werden Unterthanen und Schutzbesohlne des Herrn oder Patrons
ihres Vaters und erben sich nach dem Tode jenes auf dessen Erstgebornen fort.
Der Schmagilli ist verpflichtet, seinem Tigrü in allen Händeln beizustehen, sein
Beschützer, sein Sachwalter und Richter zu sein. Der Tigre schuldet dafür dem
Schmagilli Ehrerbietung und einen kleinen Iahrestribut, der entweder in einem Topf
Bier zu Ostern oder Weihnachten oder in der Zunge jeder Kuh besteht, die
er schlachtet. Kommt ferner der Tigr6 von einem Raubzug zurück, so nimmt
sich sein Patron von der Beute eine Kuh; hat er einen Proceß gewonnen, so
fällt jenem von dein Gegenstand des Gewinnes die Hälfte zu; stirbt der Tigrv
ohne Verwandtschaft, so erbt sein Herr seine Habe und seine Frau. Der Ti-
gr6 ist nicht an einen bestimmten Wohnort gebunden, er besitzt eignes, unan¬
tastbares Vermögen, und er kann mit dem „Segen", d. h. mit der Erlaubniß
seines Schmagilli aus seiner Botmäßigkeit heraustreten; indeß muß er in sol¬
chem Fall ohne Verzug sich einen andern Patron suchen, weil er sonst eben
fremd, Feind, vogelfrei werden würde und vom ersten ihm Begegnenden in die
Sklaverei verkauft werden konnte. Es gilt endlich für keine Erniedrigung, wenn
ein Schmagilli oder die Tochter eines solchen in die Familie eines Tigrö hei¬
rat het.

Wir geben zunächst noch einige Proben von dem, was der Verfasser von
den Eigenthumsbcgriffcu der Bogos mittheilt.

Wer einen fremden Acker zu bebauen wünscht, verspricht dem Besitzer ein
kleines Geschenk von der Ernte. Wer ein fremdes Grundstück einmal bebaut
hat, kann vom Eigenthümer nicht gehindert werden, dasselbe noch einmal zu be¬
nutzen. Das dritte Jahr hat der Bodcnhcrr die Pflicht, dem Besteller des Lan¬
des das Benutzungsrecht zu kündigen, und tritt er damit wieder in sein altes
Recht ein. Der Grundeigentümer, der seinen Acker ohne seine Einwilligung
bebaut findet, erstattet dem Bearbeiter desselben das Saatkorn und gewinnt da¬
mit das Recht auf die Ernte, doch darf jenes nicht schon aufgegangen sein.
Der Besitz eines Grundstücks lo der Ebne schließt die Nutznießung von dessen
Verlängerung in gerader Linie gegen die anliegende Bergseite für deren Was¬
ser, GraA Holz, deren Fruchtbäume und wilde Bienenstöcke ein. Gras ist


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113779/30>, abgerufen am 06.01.2025.